Den Anfang machte am Freitagnachmittag die Schule, die von Töchterchen ohne Ansehen direkt abgelehnt wurde. Leider, möchte ich bereits an dieser Stelle anfügen. Die ganze Veranstaltung war professionell durchorganisiert und fand in einem würdigen Rahmen statt. Mit großem Aufwand, wie ihn Unternehmen zur Akquisition von Großkunden betreiben würden, wurde in der beeindruckenden Aula das Konzept der Schule präsentiert. Den Kindern wurde eine ähnliche Veranstaltung in Klassenräumen geboten, um in kindgerechter Sprache auch die Herzen der eigentlich Betroffenen zu gewinnen.
Nach dem musikalisch begleitetem Vortragsteil, der durch ein kurzes Theaterstück zum Thema Mut ("Mach, was Du am besten kannst, verliere nicht den Mut!") eingeleitet wurde, fanden mehrere parallel laufende Führungen durch die Schule statt. An vielen Stationen hatten Lehrer und Schüler Unterrichtssituationen vorbereitet. Während die Schüler die Neulinge direkt in die Themen führten (Powerpoint-Präsentationen im Medienraum, Experimente in Chemie, Mikroskopie in Biologie, etc.), erläuterten die Lehrer und Lehrerinnen den Eltern das jeweilige pädagogische Konzept. Die Zeit verging wie im Fluge und ich habe am Ende der gut drei Stunden kein einziges unzufriedenes Gesicht gesehen. Nicht einmal bei den Kindern, die durch die sofortige Einbeziehung ihrerselbst in das Geschehen keine Zeit hatten, die ansonsten gern aufkeimende Langeweile zu entwickeln.
Am Ende schien für Söhnchen bereits festzustehen: "Hier ist es toll. Ich glaube, hier will ich hin!"
Tags darauf stand vormittags die gleiche Veranstaltung an der anderen Schule bevor. Dabei handelt es sich um diejenige Schule, die gern von sich selbst behauptet, der Ferrari unter den örtlichen Bildungsinstituten zu sein. An dieser Schule jedenfalls schien es, als wäre der Tag der offenen Tür entweder überraschend über die Organisatoren herein gebrochen, oder ihnen, was wahrscheinlicher ist, keiner besonderen Vorbereitung wert.
Zum Einstieg sang der Schulchor in schlechter Koordination und mutmaßlich ohne pädagogische Begleitung zu viele Lieder. Eine Begrüßung hatte zuvor nicht stattgefunden. Eltern– und Kindermassen liefen irritiert in der Pausenhalle hin und her. Nach der Gesangsdarbietung folgte an völlig anderer Stelle eine Hip-Hop-Tanzvorstellung unter Beteiligung von etwa acht bis zehn Kindern, die man im heimischen Wohnzimmer nicht schlechter hätte nachspielen können.
Erst danach, etwa eine halbe Stunde nach Beginn der Aktivitäten meldete sich von wieder anderer Stelle der Schulleiter per Mikrofon zu Wort, um ein paar Worte der Begrüßung an die Gäste zu richten. Mehr als ein "Hallo, ich heiße Siggi Schulleiter und wenn Sie Fragen haben, können Sie jeden Lehrer ansprechen. Diese erkennen Sie am Namensschild. Für die Kinder findet jetzt im OG Schnupperunterricht statt." kam ihm jedoch nicht über die Lippen.
Im ersten Obergeschoss hatten sich vier Lehrerinnen und Lehrer bereit erklärt, Schnupperunterricht in Deutsch, Englisch und Mathe für jeweils eine halbe Stunde zu erteilen, um den potenziellen Neuschülern einen Eindruck vom Unterricht der fünften Klassen zu vermitteln. Einige Fünftklässler waren ebenfalls zugegen, um etwas Leben in die Veranstaltung zu bringen und, was wahrscheinlich wichtiger war, Stühle zu schleppen, denn anscheinend hatte man nicht damit gerechnet, dass tatsächlich Kinder am Unterricht würden teilnehmen wollen.
Während den Kindern Schnupperunterricht wes auch immer Nutzens erteilt wurde, konnten die Eltern an einem Vortrag über das Gymnasium in einem Saal der Schule teilnehmen. Dieser war jedoch viel zu klein, um auch nur annähernd allen Interessierten Platz zu bieten. Bis auf die Flure standen Eltern und versuchten, den Worten des Schulleiters zu lauschen, was nicht gelingen konnte, weil dieser, obwohl er von seiner Position aus die Problematik gut überblicken konnte, keine Anstalten machte, wenigstens etwas lauter zu sprechen. Es war ihm erkennbar egal, ob man ihn hören konnte oder nicht.
Nach den Schnupperunterrichtseinheiten, die mein Sohn mit den meisten seiner ebenfalls für das Gymnasium vorgesehenen Mitschüler aus der Grundschule verbracht hatte, stand der Besuch der Turnhalle an. Dort sollte "Spiel und Spaß mit den Sportlehrern" stattfinden. Tatsächlich war die Halle lediglich zum Spielen freigegeben. Die beiden anwesenden Sportlehrer taten erheblich weniger, als man selbst von einer unengagierten Pausenaufsicht erwarten würde. Dass niemand zu Schaden gekommen ist, in diesem Chaos, ist nahezu als Wunder zu bezeichnen.
Im Gespräch mit einem Bekannten vor Ort sprach ich von einem regelrechten Schock, den mir der Besuch dieses Informationstages versetzt hätte, nachdem ich am Vortage gesehen hätte, wie positiv man so etwas auch aufziehen könnte. Ich sprach von Kreisliga gegen Champions League und 5-Sterne-Restaurant gegen Pommesbude und redete mich so richtig in Rage.
Ob meine Beurteilungen nachhaltig stimmen, würde natürlich erst der Schulalltag noch beweisen müssen, aber für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance! Mein Sohn hat sich übrigens noch nicht entschieden. Die Turnhalle habe ihm ja auch so gut gefallen.
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