Flugbegleiter – die modernen Seemänner ?

Es ist Finaltag bei der Fussball-EM und mein guter Freund H. (Anfangsbuchstabe des Vornamens geändert) und ich (P.) sitzen mit seiner Begleitung (einem jungen Mann namens K. – ja, auch geändert) im "Prinzknecht" in Berlin-Schöneberg zum Gucken und Jubeln. Der dünne Kerl mit dem Ibiza-Teint ist Flugbegleiter und hat von Köln kommend (Ortsname geändert) eine Zwischenlandung in Berlin eingelegt. Wie H Punkt, K Punkt kennen gelernt hat, tut hier ausnahmsweise nichts zur Sache. Immerhin ist man sich so nahe gekommen, dass auch vor dem Sitzen auf dem Schoß des jeweils Anderen nicht zurück geschreckt wird. Wunderbar schwul, diese kleinen Neckereien, dieses verspielte Gucken und Glucksen, dieses süße Geklimper mit den hochgezogenen Wimpern, dieses "Winken mit den Äugelein und Treten auf den Fuß". Hach, was sind mein Freund und sein Flugbegleiter glücklich. Nur eine Notwasserung könnte die beiden wohl voneinander trennen – bildlich gesprochen.
Der Traum vom EM-Titel platzte bekannermaßen und wir schritten Richtung "Heile Welt" zu Nachbesprechung und Biergenuss. Auch hier, in der Lounge des Etablissements herrschte eitel Kuschelfreude, die mir manch übertolerantes Lächeln abforderte. Dann kam die erste Wahrheit. K. hat einen Freund, aber die Beziehung sei offen. Großartig, dieses schwule Selbstverständnis – und das mit 23 (Alter fast genau). Mein Freund H. war happy und geneigt, nun endlich ganz andere Saiten aufzuziehen. Ich entfernte mich und überließ das Paar seiner Bestimmung.

Morgens um sieben piepste mein Handy. Eine SMS von H. "Bin völlig besoffen. K. hat mich einfach sitzen lassen. Jammer." Ich reagiere zwar grundsätzlich nicht auf SMS am frühen Morgen, begann mir aber dennoch Sorgen zu machen. Am Nachmittag erfuhr ich die ganze Tragik des zweiten Teils der amourösen Nacht. H. und K. waren nach dem Geturtel in der "Heilen Welt" ins "GMF" (andere Namen fallen mir gerade nicht ein) gestiefelt – zum Abtanzen und weitertrinken. Dort traf H. auf Freunde, unter anderem einen, bei dem sich -sagen wir es klar heraus- mehr Muckis unter dem Gabbana-Shirt türmen, als unter H.´s Laibchen. K. fing offenbar sofort Feuer und ließ alle Leuchtstreifen aufglühen, die zu seinem "Exit" führten. In gekonnter Manier ließ sich K. das Cockpit des noch fremden Freundes erklären. Man tauschte Telefonnummern und entriegelte dann den letzten Rest des seelischen Sicherheitsgurts. Unter Vortäuschung einer Migräne empfahl sich K. für den Rest der Nacht. Meinem Freund H. blieb nur der immer treue Begleiter – Wodka Gorbatschow.

Sind Flugbegleiter die Seeleute der Moderne? Sind sie es, die gemeint sind, wenn man heute von den Matrosen singt, die in jedem Hafen der Welt eine(n) Geliebte(n) haben? Brechen sie Herzen im Akkord oder verteilen sie einfach nur ihre Liebe und Zuneigung, wie die Mini-Snacks auf Inlandsflügen?
Meine Meinung über solche Düsen-Dates mit Notausstieg steht eigentlich fest – aber vielleicht habt Ihr, meine Leser, ja noch Argumente, Meinungen, eigene Erlebnisse. . .
Lasst es mich wissen, auch im Interesse meines guten Freundes H. aus B. an der S. – bitte!

3 Meinungen

  1. Wenn man weiß, wie´s meistens ausgeht….lässt man es halt besser oder verbucht es auch nur als Spaß ab? LG

  2. Sind wir (die Schwulen) nicht alle irgendwie „nur“ Flugbegleiter – wir fliegen durch das Leben und begleiten mal diesen und mal jenen… Wer kennt schon sein Flugziel und wie im richtigen Leben gibt es auch in der „Fliegerei“ Zwischenstopps, Umleitungen, Bruchlandungen, aber auch Traumziele. Sollte dich einmal ein Flugbegleiter enttäuschen, dann sage dir:“Wer wird denn weinen, wenn man auseinander geht, wenn an der nächsten Ecke schon ein Anderer steht …“Übrigens hat mein „Flugbegleiter“ seinen Beruf aufgegeben, er ist jetzt mein Lebensbegleiter und das seit vielen Jahren. (Natürkich träumen auch wir manchmal von der „Fliegerei“…..)

  3. Ein schöner Kommentar von Volkmar … 😉

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