Wer einmal in die Welt des Mittelalters eintauchen möchte, muss dafür keine Zeitmaschine erfinden. Auf zahlreichen Mittelaltermärkten wird das Flair vergangener Zeiten wieder lebendig. Die Teilnehmer dieser Veranstaltungen betreiben oft aufwändiges Reenactment, um das Mittelalter so authentisch wie möglich nachzubilden. Mittelalterbands vermischen oft historische mit modernen Elementen, sie verwenden mittelalterliche, aber auch heutige Instrumente für einen einzigartigen Sound. Nicht selten sind auch Besucher dieser Veranstaltungen passend gekleidet, das ist aber keine Voraussetzung. Mittelaltermärkte mit ihrem vielfältigen Programm bieten auch für Kinder passende Unterhaltung, beispielsweise mit Puppentheater oder altersgerechten Spielen.
Mittelaltermarkt: Das gehört dazu!
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Reenactment
Reenactment, das oft auch „Living history“ genannt wird, bedeutet soviel wie Wiederaufführung oder Nachstellung. Reenactment ist ein aufwändiges und mitunter teures Hobby für die Freunde des Mittelalters oder anderer Epochen. Die meisten Reenacter spezialisieren sich auf eine ganz bestimmte Epoche, z.B. die Zeit der Wikinger oder das 12. Jahrhundert. Sie bilden auf Mittelaltermärkten zum Beispiel die sogenannten Heerlager, das sind Zeltplätze mit Feuerstellen und häufig auch Übungsplätzen für Schaukämpfe. Reenacter legen großen Wert auf eine historisch korrekte Darstellung der von ihnen gewählten Epoche. Sie stellen in Handarbeit eigene historische Kleidung und Kunsthandwerk her. Oft führen sie dies auch auf Mittelaltermärkten vor und bei einigen kann man sich auch selbst in der Handarbeit versuchen, zum Beispiel beim Töpfern oder Weben. Reenacter haben ein dementsprechend großes Interesse an
Geschichte und scheuen keine aufwändigen Recherchen, wenn es um Quellen für „ihre“ Epoche geht. Es gibt viele Reenactment-Vereine, die sich regelmäßig treffen zum gemeinsamen Austausch im passenden Ambiente. Einige dieser Vereine oder Interessensgemeinschaften stellen auch für sich oder vor Publikum historische Ereignisse nach, wie beispielsweise Ritterturniere, Feste oder sogar Kriegsszenen. Ein Beispiel für einen solchen Verein ist die aus Kalifornien stammende und auch in Deutschland aktive „Society of creative Anachronism“ (abgekürzt SCA, zu deutsch „Gesellschaft für kreativen Anachronismus“). Hier und in entsprechenden Internetforen findet man häufig Experten für bestimmte Epochen, die interessierten Neulingen auch bei Fragen gern weiterhelfen.
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Mittelaltermärkte
Vor allem im Sommer gibt es überall in Deutschland, vor allem aber in Mittel- und Süddeutschland viele Mittelaltermärkte. Die größte Veranstaltung dieser Art ist das deutsche „Mittelalterlich Phantasie Spektakulum“, aber es gibt auch zahlreiche andere Veranstalter für Mittelaltermärkte. Die meisten dieser Märkte reisen in der warmen Jahreszeit von einem Ort zum nächsten und haben meistens das ganze Wochenende oder auch über Feiertage ganztägig geöffnet. Auf Mittelaltermärkten gibt es je nach Größe und Ausrichtung viele unterschiedliche Programmpunkte: Mittelaltermusik, Gaukler, Ritterturniere mit oder ohne Pferde, Schaukämpfe, Puppenspiele und andere Spiele für
Kinder, historisches Tanzen (entweder als Bühnenaufführung oder als Darbietung, an der auch Besucher teilnehmen können), Bogen- oder Armbrustschießen für Besucher, Umzüge mit vielen oder allen Teilnehmern, Wahrsager/innen, Kunsthandwerksvorführungen und natürlich Marktstände mit Produkten, die historischen Vorbildern nachempfunden sind. Auch Speisen und Getränke folgen stets einem historischen Motto. Im Internet findet man die aktuellen Termine für Mittelaltermärkte.
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Die Sprache auf Mittelaltermärkten
Das Deutsch, welches auf Mittelaltermärkten von den Teilnehmern gesprochen wird, ist zwar von historischen Ausdrücken und Redewendungen durchzogen, es handelt sich dabei jedoch nicht um ein historisches Deutsch (wie Althochdeutsch oder ähnliches). Einige typische Ausdrücke sind beispielsweise: „Recke“ für Mann und „Maid“ für (junge) Dame, gegrüßt wird häufig mit „Seid mir gegrüßt!“, zum Abschied sagen manche „Gehabt euch wohl“ und statt zu siezen, werden auch einzelne Besucher respektvoll mit „Ihr“ angesprochen.
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Schaukämpfe
Schaukämpfe auf Mittelaltermärkten werden in der Regel mit speziellen stumpfen Schaukampfschwertern und ähnlichen Waffen ausgeführt. Schaukämpfe werden lange geübt und folgen meistens einer einstudierten Choreografie, um die beiden Kämpfer vor Schaden zu bewahren. Auch Besucher haben häufig die Möglichkeit, mit erfahrenen Kämpfern erste Grundlagen für den Schauschwertkampf zu üben. Gleiches gilt für das Schießen mit Armbrust oder Bogen.
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Mittelalter-Bands
Die ersten Mittelaltermärkte gab es in den Deutschland in den Achtziger Jahren, und seit dieser Zeit sind auch viele Mittelalter-Bands entstanden. Einige bekannte Bands dieses Genres sind „In Extremo“, „Schandmaul“, „Corvus Corax“, „Saltatio Mortis“, „Estampie“, „Die Galgenvögel“, „Versengold“, „Schattenweber“, „Drachenflug“ unter anderen. Alle diese Bands tragen überlicherweise Outfits, die sich an historische Vorbilder anlehnen, sie spielen allerdings keine authentische Mittelalter-Musik, sondern eine Mischung aus historisch-folkloristischen Elementen und modernen Klängen. Dabei kommen historische Instrumente wie Bodhran, Davul, Drehleier, Mandoline oder Dudelsack zum Einsatz, aber auch mitunter sogar E-Gitarren, in der Richtung „Mittelalter-Rock“.
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authentische Mittelaltermusik
Außer den populären Mittelalterbands gibt es klassische Musikensembles, die so authentisch wie möglich historische Musik spielen. Allerdings sind nur relativ wenige mittelalterliche Stücke (außer kirchlicher Musik) tatsächlich überliefert, so dass sich Musikensembles häufig musikalisch eher mit der Renaissance oder späteren Epochen befassen. Solche Ensembles treten allerdings nur sehr selten auf Mittelaltermärkten, sondern eher in Konzertsälen auf.
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mittelalterliche Tänze
Häufig können Besucher auf Mittelaltermärkten selbst an Tänzen teilnehmen, die direkt vor Ort von erfahrenen Tänzern angeleitet werden. Wenn Sie das interessiert, scheuen Sie sich nicht davor, mitzumachen, denn wahrscheinlich sind die meisten Tänzerinnen und Tänzer Anfänger wie Sie auch. Sie müssen dafür auch nicht zwingendermaßen passende Kleidung tragen. Auf Mittelaltermärkten werden meistens einfache ländliche Tänze getanzt, die sich auch für Einsteiger eignen. Häufig werden diese in großen Kreisen getanzt. In vielen größeren Städten gibt es Vereine oder Tanzschulen, die Kurse für historische Tänze anbieten. Manche Interessensgruppen bieten solche Kurse auch gegen einen geringen Obulus an.
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Eintritt auf Mittelaltermärkten
Auf einigen Mittelaltermärkten gilt bei Kindern ein Eintrittspreis nach Größe des Kindes: Wenn ein Kind beispielsweise noch unter ein bestimmtes Holzschwert passt, hat es freien Eintritt. Einige Märkte geben auch Erwachsenen einen Rabatt, wenn sie passend gekleidet sind – das muss keine selbstgenähte, authentisch historische Kleidung sein, nach Möglichkeit aber auch kein billiges Faschingskostüm.