Fachkräftemangel: Über eine Million qualifizierte Arbeitskräfte fehlen am Arbeitsmarkt

Fehlende Lkw-Fahrer, Erntehelfer und Pflegekräfte: Großbritannien wurde als Folge von Corona und dem Brexit im Oktober arg gebeutelt. Fahrer der britischen Armee mussten bei der Benzinlieferung aushelfen, Supermarktregale blieben leer, das Gemüse verrottete auf den Feldern und erste Pflegefälle wurden an den Heimen abgewiesen.

Ein Szenario, das morgen bereits auch in Deutschland Realität werden könnte, wie Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zeigen. Und die Logistik ist nicht die einzige Branche, in der Fachkräfte fehlen.

Auch in Deutschland gibt es bald zu wenig Fernfahrer

Wer den Mangel an Lkw-Fahrern auf der Insel als reines Brexit-Problem der Briten ansieht, könnte schon bald eines Besseren belehrt werden: Auch hierzulande können bald ähnliche Verhältnisse drohen. Der Bundesverband für Logistik und Entsorgung hat bereits Anfang Oktober darauf aufmerksam gemacht, dass ein schleichender Versorgungskollaps droht, wenn Politik und Wirtschaft der Entwicklung nicht bald entgegensteuern.

Das Problem: 35.000 Fahrerinnen und Fahrer scheiden jedes Jahr aus der Branche aus, und lediglich 15.000 werden neu ausgebildet. Weitere Gründe: Der frühere Zulauf von Ex-Soldaten der Bundeswehr mit Lkw-Führerschein auf die Speditionen bleibt seit Abschaffung der Wehrpflicht aus. Zudem halten die familienunfreundlichen Arbeitsbedingungen heute viele davon ab, ins Führerhaus zu steigen.

Demzufolge ist der Fahrermangel kein typisches Briten-Problem, sondern kann auch in Deutschland künftig zu Lieferengpässen führen.

Über 18.000 Sozialpädagogen dringend gesucht

Laut Zahlen des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) gibt es in Deutschland ein Gesamtdefizit von etwa 1,2 Millionen Arbeitskräften, davon sind zwei Drittel Fachkräfte. Der größte Fachkräftelücke besteht mit 18.300 unbesetzten Stellen zurzeit bei den Sozialpädagogen. Dichtauf folgt die Bereiche Altenpflege und Krankenpflege mit 17.900 beziehungsweise 16.700 Stellen.

Die nächstgrößten Fachkräftelücken sieht das IW bei Handwerksberufen: Allein bei den Bauelektrikern sind es 15.500, und bei den Heizungs-, Sanitär- und Klimatechnikern 13.200 unbesetzte Stellen.

Fachkraftengpässe in dutzenden Berufen, 60.000 unbesetzte Ausbildungsplätze

Laut Experten der Bundesagentur für Arbeit gibt es in ungefähr 70 Berufen einen akuten Mangel an Fachkräften. Ein Problem, das die Wettbewerbsfähigkeit und den Wirtschaftsstandort Deutschland latent gefährdet. Schon jetzt müssten viele Firmen aufgrund des Fachkräftemangels Aufträge ablehnen.

Vor diesem Hintergrund kommt erneut die Diskussion um die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften ins Spiel. Zudem haben die Unternehmen mit unterbrochenen Lieferketten sowie steigenden Rohstoff- und Energiekosten und kämpfen.

Ähnlich kritisch sieht es bei den unbesetzten Ausbildungsstellen aus: Laut Aussagen eines Vertreters des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMV) fehlt es in den über 390 Ausbildungsberufen Deutschlands praktisch überall an Auszubildenden. So blieben zu Beginn des Ausbildungsjahres 2020 etwa 60.000 Ausbildungsplätze unbesetzt.

Bildnachweis: Pixabay, 4933514, planet_fox

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