Eine Schriftstellerin in Concord

Concord ist eine Kleinstadt. Es gibt eine Hauptstraße, kleine Gässchen, die davon abzweigen, eine weiße Kirche, ein altes Inn, das Concord Inn. Klingt nicht nach einem interessanten Ausflug, doch man muss nur wissen, wer hier mal gelebt hat, um sich vorstellen zu können, wie wichtig Concord im 19. Jahrhundert war. Mein Reiseführer „USA – Neu-England" (2001) von Dumont vergleicht die Rolle Concords mit der von Weimar. Zum einen zogen sich die Philosophen Thoreau (1817-1862) und Emerson (1803-1882) nach Concord zurück und lehrten und lebten dort nach den Grundsätzen des Transzendentalismus, zum anderen schrieb hier die Autorin Louisa May Alcott (1832-1888).

Das Wohnhaus der Alcotts kann besichtigt werden. Die Amerikaner sind sehr stolz drauf, denn es ist zu 80% original erhalten. Das heißt konkret der Besucher sieht, wie eine Familie um 1850 in einem Holzhaus lebte. Jetzt, mehr als 150 Jahre später, erscheint uns alles klein und schmal. Der Türrahmen ist verzogen, die Zimmer, besonders in der oberen Etage, sind extrem dunkel. Es kommt fast kein Tageslicht hinein. Eine Angestellte des Museum erzählt vom Leben und Wirken der Familie Alcott. Der Vater, Amos Broson Alcott (1799-1888), ermutigte seine Töchter, ihre künstlerischen Talente zu entwickeln. Seine Tochter Louisa May wurde Schriftstellerin und berühmt mit ihrer Romantrilogie Little Women. Die Reiseführerin vergleicht den Erfolg Louisas mit dem heutigen von J. K. Rawlings Harry Potter, Unterhaltungsliteratur für Kinder und Jugendliche, besodners Mädchen, unheimlich erfolgreich zu ihrer Zeit und mittlerweile in 27 Sprachen übersetzt, die auch in einem Regal des Hauses bewundert werden können. Louisa May ist so berühmt, noch heute, dass täglich mehrere Busse mit japanischen, chinesischen … usw. Touristen angefahren kommen, um zu sehen, wie die Schriftstellerin mit ihrer Familie in Concord lebte.

Sie war ihrer Zeit voraus, wie man so schön sagt. Louisa heiratete nie, sondern unterstütze ihre Familie finanziell mit ihrer Schriftstellerei. Ihre Schwester entwickelte sich zu einer sehr guten Malerin. Das Haus ist ausgeschmückt mit ihren Aquarellen und Ölgemälden, die stark an Turner orientiert sind. Es ist auch diese Schwester, die die Tapete mit Ornamenten ausschmückt und der kranken, bettlägerigen Louisa eine Eule in Augenhöhe beim Kamin malt. Das Haus strahlt Wärme aus, Bildung und ein erfülltes Arbeitsleben. Der Besucher sieht, auf welch kleinem Tisch Louisa May ihre Bücher schrieb, gleich am Fenster, aber mehr als ein Blatt Papier und Feder mit Tinte hatten darauf nicht Platz. Das Zimmer ihrer Schwester, der Malerin, ist das dunkelste des Hauses. Dennoch bekomme ich einen guten Eindruck von ihrer Persönlichkeit. Auch hier schmückte sie die Wände mit Skizzen aus, in der Ecke steht eine offene Truhe mit selbstgemachten Kostümen, denn die Geschwister führten immer montags ein Theaterstück in ihrem Haus auf.

Alles in allem ein gelungener Tag, auch wenn wir wiederkommen müssen, um die restlichen historischen Plätze Concords zu erforschen.

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