Deutschland ist immer noch ein bedeutender Staat der Erde. Die große Wirtschafts- und Innovationskraft bringen unserem Land Spitzenplätze in den Export- und Wirtschaftsleistungsrankings ein. Und auch in etlichen globalen politischen Gremien wie der G8-Gruppe oder dem UN-Sicherheitsrat spielt die Bundesrepublik allein schon durch ihre Führungsrolle innerhalb der Europäischen Union eine gewichtige Rolle. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass die Bundesregierung bei Gesprächen um die Bewältigung von Krisenherden und kriegerischen Konflikten mitredet, Bundeswehrsoldaten im Auslandseinsatz sind oder eigene Abwehrmaßnahmen gegen militärische bzw. terroristische Maßnahmen getroffen werden müssen. Eine entsprechende Minimalproduktion von Waffen und Militärausstattung ist daher unausweichlich und dafür gibt es die Unternehmen der Rüstungsindustrie.
Situation der Rüstungsindustrie in Deutschland
Zu Zeiten des kalten Krieges war die Herstellung von Rüstungsgütern freilich von nachvollziehbar hoher Bedeutung für die Sicherheit der eigenen Bevölkerung. Die beiden deutschen Staaten standen im Zentrum eines weltweit ausgetragenen Konfliktes zwischen zwei Blöcken und die Verteilung der einzelnen Staaten auf diese zwei Blöcke war schon aus geografischen Gesichtspunkten klar abgesteckt. Dennoch gab es auch in dieser Phase Friedensbewegungen, die sich auf Abrüstung und eine gütliche Einigung beider Systeme konzentrierten. Speziell in den 80er-Jahren wurden Konzepte entwickelt, welche die Umformung von militärischer zu ziviler Produktion zum Gegenstand hatten. Als dann der eiserne Vorhang fiel, standen die Zeichen günstig diese Konzepte in die Tat umzusetzen. Und tatsächlich ging die Zahl der Arbeitnehmer in der deutschen Rüstungsindustrie seit 1990 beträchtlich zurück. Nur noch etwa 80.000 im Gegensatz zu damals 290.000 Menschen sind in dieser Branche beschäftigt.
Und doch spielt der Waffenhandel und die Rüstungsproduktion in den industrialisierten Ländern nach wie vor eine wichtige Rolle. Nicht nur die schwelenden und immer neu ausbrechenden Konflikte in Afrika und im Nahen Osten halten die Nachfrage nach immer neuen Waffen und Waffensystemen hoch. Seit den Anschlägen auf das World Trade Center 2001 forcieren die westlichen Industriestaaten mit den USA an der Spitze sogar selbst die Kriegssituationen und treiben ihre Verteidigungsausgaben in die Höhe. Erste Profiteure sind die Rüstungsunternehmen. Im Vergleich zum 5-Jahres-Durchschnitt zwischen 2000 und 2004 ist das Volumen des internationalen Handels mit Waffen im Durchschnitt der Jahre 2005 bis 2009 um 22 Prozent gestiegen. Firmen, die sowohl militärische als auch zivile Güter herstellen, versuchen den Anteil der zivilen Produktion zu senken, weil mit den Rüstungsexporten mehr Kasse zu machen ist. Das Geschäft mit dem Krieg boomt!
Kritikpunkte am legalen Waffenhandel
Als Verfechter der Demokratie sollte man nun einwenden, dass eine Regierung bei ihrer Arbeit auch in militärischen Dingen die Bürgerinteressen vertreten sollte. Die Bundesregierung leistet beispielsweise ja auch keine Entwicklungshilfe in afrikanische Länder, die von Diktatoren beherrscht werden, weil zu befürchten wäre, dass diese Gelder nie bei der Normalbevölkerung ankommt. In militärischen Dingen scheinen die Karten allerdings anders zu liegen. Zwar gibt es auch hier ein politisches Gremium, welches darüber entscheidet, an welche Länder Waffen geliefert werden dürfen. Jedoch ist dies nicht der vom Volk gewählte Bundestag, sondern der Bundessicherheitsrat der Regierung, welcher unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Erlaubnis zum Export erteilt. Echte Kontrollmechanismen existieren nicht. Unter diesen Umständen sind die Entscheidungen für die Bevölkerung freilich schwer nachvollziehbar und der politischen Einflussnahme durch die Waffenlobby bis hin zur Korruption ist nicht nur theoretisch Tür und Tor geöffnet. Es ist bekannt, dass Rüstungsfirmen in den USA einen großen Einfluss besitzen. Und auch in deutschen Landen wurden Fälle von Bestechung durch Rüstungslobbyisten bekannt, beispielsweise durch die Affäre um den Waffenhändler Karlheinz Schreiber, welcher führende CDU-Politiker bestach, um Waffenlieferungen zu ermöglichen oder zu beschleunigen.
Politiker sind also beeinflussbar und können an Waffengeschäften beträchtlich mitverdienen. Insofern können seltsame Entwicklungen im deutschen Waffenexport möglicherweise besser erklärt werden. Immer häufiger hat man das Gefühl, dass Regierungen lieber die Fortsetzung von Kriegen finanzieren, anstatt Maßnahmen zu treffen, solche Konflikte zu beenden. Oft werden zum Beispiel beide Kriegsparteien gleichmäßig mit Waffen beliefert. Überhaupt ist Deutschland aktuell mit einem Anteil von 11 Prozent am gesamten Handelsvolumen hinter den USA und Russland, aber noch deutlich vor Frankreich, Großbritannien oder China der drittgrößte Waffenexporteur der Welt. Der wichtigste Abnehmer von deutschen Waffen war zwischen 2006 und 2010 im Übrigen Griechenland, welches damit seine überdimensionierte Armee hauptsächlich im Türkei-Konflikt aufrüstete (die Türkei ist drittgrößter Abnehmer). Dass ausgerechnet das schuldengebeutelte Ursprungsland Europas völlig überzogene Verteidigungsausgaben hat und diese dann auch noch zu einem Großteil an die deutsche Rüstungsindustrie gegangen sind, mutet in diesen unsicheren Zeiten mehr als nur grotesk an. So mancher Euro des europäischen Rettungsschirms hätte vielleicht gespart werden können, wenn nicht ausgerechnet die sich über schlechte Haushaltsführung südeuropäischer Länder echauffierende Bundesregierung teuren Waffenimporten der Griechen zugestimmt hätte.
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