Natürlich kann man damit Erfolg haben, dass man – um es gelinde zu sagen – ‚dem Affen Zucker gibt‘. In den USA leben ganze Fernsehshows davon, dass der Talkmaster in ihnen Prominente verbal niedermetzelt. In Deutschland findet sich das Genre bisher eher in der Nachmittags-TV-Tristesse, wo sich kreischende Gehirnarme gegenseitig nach Herzenslust der Untreue bezichtigen können. Das ist Proll-TV halt, auch die BILD-Zeitung funktioniert dank ähnlicher Mechanismen. Und natürlich ist auch viel Hass und Schadenfreude in der Welt: Unser aller Souverän, das Volk, das will nun mal Barrabas.
Dass aber einer dieser hartgesottenen Rufs-Killer jetzt, wo er über Nacht den Moralischen bekam, dem Publikum die Schuld an seinem Tun geben möchte, das ist mir neu – und das finde ich auch ziemlich ekelhaft: Kurz gesagt: Seine Leser hätten Ekelhaftes und Herzloses gewollt – und er selbst habe es erfüllt. "Je härter, je gemeiner die Lästereien über eine öffentliche Person, desto verzückter war das Publikum". Jaja, die Schaulustigen haben schuld, wenn der Henker die Schlinge zuzieht! Oder: Die anderen waren die Täter, ich habe nur geschossen, Herr Richter!
Letztlich soll das alles auch noch ein Spezifikum des Internet gewesen sein, eines abgrundtief bösen Mediums, das Sunnyboys wie Alex Schulman mit seiner dämonischen Kraft hokuspokus in Fäkalschleudern verwandelt. Eigentlich können wir doch schon an dieser um und dumm gedrehten Argumentation sehen, weshalb der Alex Schulman für die miese Rolle, die er jahrelang spielen durfte, so denkbar gut geeignet war.
Um es klar zu sagen – immer wird in Gegenrichtung ein Schuh daraus: Für jede Zeile, die ich schreibe, trage einzig und allein ICH die Verantwortung, niemals meine Leser. ‚Also schieb die Schuld nicht auf das Gummitier, denn das kann meistens nichts dafür‚ [Ulrich Roski].