Nein, diese Kategorie heißt nicht „die besten Spielerinnen der Fußball WM“, denn sonst könnte man ja einfach schnöde Statistiken wälzen und dann eine Rangliste aufstellen. Doch es geht auch um entscheidende Aktionen und den Wert einer Spielerin für ihre Mannschaft – und dieser lässt sich zwar oft, aber nicht immer nur an Toren, Vorlagen und Zweikämpfen ablesen.
Mit der folgenden Rangliste nehmen wir Bezug auf die nordamerikanische Eishockey-Liga NHL, bei der nach der Saison stets der „Most valuable player“ geehrt wird. Und hier sind sie nun: die MVP der Frauenfußball-WM 2011. Viel Spaß mit dem dritten und letzten Teil des WM-Rückblicks!
Spielerinnen der Fußball WM: Die Top 10
1
Abby Wambach
Der ganz große Triumph blieb der bulligen Stürmerin erneut versagt, doch sie konnte sich eigentlich nichts vorwerfen. Abby Wambach war das Symbol US-amerikanischer Kampftaktik: Sie warf sich nicht nur in jeden Zweikampf und bombardierte das Tor des Gegners mit harten Schüssen und vor allem platzierten Kopfbällen. Auch ohne Ballbesitz war die Stürmerin Gold wert: Ständig feuerte sie sich und ihre Mitspielerinnen lautstark an und hielt so auch in den kritischen Momenten des Turniers die Moral der Mannschaft oben. Am wertvollsten waren freilich Wambachs entscheidende Treffer. In der Vorrunde noch unglücklich, erzielte sie in den K.O.-Spielen das nicht mehr für möglich gehaltene 2:2 gegen Brasilien, das Siegtor gegen Frankreich und schließlich den vermeintlichen Treffer zum WM-Titel im Endspiel. Nur eine hatte etwas gegen den totalen Heldenstatus der Abby Wambach…
2
Homare Sawa
Sie brachte mit ihrem sensationellen Treffer im Finale die USA um den sicheren Titel und Abby Wambach um ein perfektes Turnier. Bei der Siegerehrung staubte sie dann auch noch die Preise zur besten Spielerin und Torschützin ab. Germanblogs teilt diese Einschätzung nicht hundertprozentig, da Abby Wambachs Treffer insgesamt entscheidender waren. Dennoch war die Nummer 10 Kopf, Herz und Seele des japanischen Spiels. Neben 5 Treffern gab sie auch noch 1 Torvorlage, erwirkte mit ihren Spieleröffnungen so manch gute Torchance und bestimmte als Schaltzentrale Tempo und Strategie. Eine klassische Spielmacherin, wie man sie nur noch selten sieht.
3
Das französische Kollektiv
Eine einzelne Französin herauszuheben, verbietet sich angesichts des ansehnlichen Kombinationsfußballs, den die Equipe Tricolore bot. Vor allem die offensive Abteilung wusste zu gefallen. Die leichtfüßige Spielmacherin Louisa Necib, die durchsetzungsstarke Außenverteidigerin Sonia Bompastor, die unermüdliche Elise Bussaglia, die abgeklärte Kapitänin Sandrine Soubeyrand, die schnellen Stürmerinnen Gaetane Theney und Elodie Thomis oder die treffsichere Marie-Laure Delie. Sie zirkulierten die Kugel oft zielstrebig und in guter Geschwindigkeit vors Tor. Zum absoluten Spitzenteam fehlte schließlich nur die Effizienz im Abschluss sowie einige Probleme von Abwehr und Torfrau. Dennoch hat Frankreichs Team bewiesen, dass mit ihm in Zukunft stark zu rechnen ist.
4
Saki Kumagai
Die Innenverteidigerin schoss im Finale den sichersten Elfmeter und machte Japan damit endgültig zum Weltmeister. Doch diese eine Aktion allein ist es nicht, die dazu berechtigt, sie in die Top 10 der wertvollsten Spielerinnen der Fußball WM aufzunehmen. Vielmehr soll sie als herausragendes Beispiel großartiger Abwehrleistung dienen. Was man auch im Vorfeld den Japanerinnen bescheinigte – Ballsicherheit, Disziplin, Schnelligkeit – immer wurde auch gleichzeitig der Makel der geringen Größe mit angeführt. Damit könne man gegen die großen Teams aus Europa und Amerika letztendlich nicht bestehen. Kumagai und ihre Kolleginnen wussten es besser. Mit geschicktem Stellungsspiel und erstaunlicher Sprungkraft machten sie den klaren Größennachteil von im Schnitt 10 cm und mehr zunichte und brachten nicht nur die deutsche Mannschaft, die gegen Japan voll auf Standards und hohe Flanken gesetzt hatte, zur Verzweiflung. Offense wins games, defense wins titles – das galt auch und besonders für Japans Abwehrriege.
5
Hope Solo
Sie war die vielleicht unglücklichste Vizeweltmeisterin. Der US-Torfrau konnte man ansehen, wie unfassbar es für sie war, einen Gegner beherrscht und doch nicht bezwungen zu haben. Bezwungen wurde sie stattdessen selbst: zweimal im Spiel, dreimal im Elfmeterschießen. Und dennoch wusste Hope Solo im gesamten Turnier zu überzeugen. Die Torwartposition ist im Frauenfußball oftmals noch am schwächsten besetzt. Das war angesichts mancher krasser Fehler auch bei dieser WM ersichtlich. Doch die USA konnten sich in Solo stets auf einen sicheren Rückhalt verlassen. Gegen Brasilien und Frankreich war sie mit ihren Paraden fast allein für den Erfolg verantwortlich. Und so wird Hope Solo am Ende doch noch manch gute Erinnerung aus Deutschland mitnehmen – und in 4 Jahren einen neuen Anlauf zum WM-Titel starten.
6
Lotta Schelin
Inmitten ihrer blonden Mitspielerinnen machte die groß gewachsene dunkelhaarige Stürmerin nicht nur optisch eine gute Figur. Sie war Dreh- und Angelpunkt der schwedischen Offensive und immer anspielbar. Sie erzielte zwar „nur“ zwei Tore, bereitete aber unzählige Male selbstlos für ihre Kolleginnen vor und war deshalb an 5 Toren beteiligt; so oft wie keine andere Schwedin. Im Halbfinale gegen Japan tauchte sie zwar ebenfalls ab, kämpfte aber gegen Frankreich wieder wie gewohnt und sicherte ihrem Team schließlich den 3. Platz.
7
Marta
Böse Zungen mögen behaupten, Marta hätte sich mit dem Ausscheiden ihres Teams im Viertelfinale, ihren häufigen Meckereien und manchen Unsportlichkeiten gar keinen Platz in dieser Liste verdient. Doch obwohl diese Kritik nicht gänzlich unberechtigt ist, muss man auch anerkennen, dass die brasilianische Spielmacherin nach wie vor eine Ausnahmekönnerin am Ball ist. Obwohl sie nur 4 Partien machte, erzielte sie 8 Scorerpunkte (4 Tore, 4 Vorlagen). Der einzige Treffer Brasiliens, an dem sie nicht beteiligt war, war ein Elfmeter ihrer Mitspielerin Cristiane. Marta behandelt den Ball feinfühlig wie keine andere und das auch noch in atemberaubendem Tempo. Brasiliens frühes Ausscheiden lag sicherlich nicht an ihr, sondern höchstens daran, dass ihre Kolleginnen sich manchmal zu sehr auf sie verließen und die Selecao daher auch bei diesem Turnier zu sehr ein One-Woman-Team war.
8
Megan Rapanoe
Die kleinwüchsige blonde Mittelfeldspielerin war das As im Ärmel von US-Trainerin Sundhage und damit die wertvollste Ersatzspielerin. Kaum war sie auf dem Platz, wurde sie von ihren Mitspielerinnen gesucht und das Spiel auf die linke Seite verlagert. Und Rapanoe rackerte unermüdlich, gab Pässe, schlug Flanken und lief sich für die Minuten, die sie zur Verfügung hatte, die Seele aus dem Leib. Gegen Kolumbien traf sie selbst und gab zudem noch drei Vorlagen, darunter die lebensnotwendige Flanke in der Nachspielzeit gegen Brasilien auf Abby Wambachs Kopf. Im Finale durfte Rapanoe dann endlich von Anfang an ran und gab wieder eine Torvorlage: aus der eigenen Hälfte schickte sie Alex Morgan steil. Doch vor dem Elfmeterschießen wurde sie ausgewechselt und dadurch zu einer weiteren tragischen Heldin der US-Girls.
9
Kerstin Garefrekes
Doch noch eine deutsche Spielerin unter den 10 wertvollsten des Turniers. An Kerstin Garefrekes lag es wohl am wenigsten, dass Deutschland dermaßen früh ausschied. Sie erzielte zwei sehenswerte Kopfballtreffer, war aber auch am Boden stark in den Zweikämpfen und mit ihren Pässen – trotz ihrer schlaksig anmutenden Gangart. Garefrekes wusste die junge deutsche Elf zu führen und musste dies bald auch offiziell, denn sie übernahm während des Turniers das Kapitänsamt von Birgit Prinz. Ein wenig mehr Verantwortungsgefühl, Selbstbewusstsein und spielerische Qualität einer Kerstin Garefrekes hätten Deutschland womöglich gereicht, um eine bessere Rolle zu spielen bei dieser Heim-WM.
10
Genoveva Anonma
Von Äquatorial-Guinea erwartete man vor diesem Turnier eigentlich nichts als drei chancenlose Niederlagen. In der Tat gingen alle drei Partien für die Zentralafrikanerinnen verloren, aber mit weitaus mehr Gegenwehr als man es ursprünglich gedacht hatte. Das lag in erster Linie an der alles überragenden Genoveva Anonma. Sie war eine Klasse besser als jede ihrer Kolleginnen und sorgte als einzige für Gefahr vor dem gegnerischen Tor – und das nicht selten! Zweimal traf sie gegen Australien und gegen das übermächtige Brasilien hatte man zeitweilig das Gefühl, Anonma könne sogar der großen Marta das Wasser reichen. Mit der rastalockigen Ballzauberin hat Afrikas Frauenfußball bei dieser WM doch noch einen Star herausgebracht.