Seit Dienstag habe
ich ihn und immer, immer wieder muss ich mir eingestehen, dass ich
tatsächlich traurig bin.
Keine Grillwurst mehr zu spannenden
Spielen, keine Fachsimpeleien mehr mit Taxifahrern und
Obstverkäufern, wo vorher meist Schweigen war. Wird es jetzt so
bleiben?
Ich war
fest davon überzeugt, dass auch das Wetter nun wieder in seine
übliche Depression verfallen würde, und wir wieder
„unseren“ Sommer bekämen.
Aber
nichts davon. Es geht einfach so weiter…
Wir
haben uns freigespielt.
Und
Gerald Asamoah singt „Mamor, Stein und Eisen bricht“ für die
grölende Fußballgemeinde, und der Laufsteg, auf dem sich
die WM-Dritten feiern lassen, wird mehr umjubelt als irgendeine neue
Modekollektion mit Gisele Bündchen.
Deutschland
zeigt sein wahres Gesicht und packt gleich seine schönsten
Schlagersongs aus. Und so passiert es, dass Kinder, Jugendliche,
gestandene Männer, Opas sich die Seele aus dem Leib schreien.
Für den Fußball. Sie kennen keine Gnade, es wird gesungen
weil es Spaß macht.
Und als das Lied „ die Hände zum
Himmel“ angestimmt wird, ertappe auch ich mich, wie ich mitgröle:
„Komm lass uns fröhlich sein…“. Ich trage verschiedene
Flaggen auf dem Oberarm, die mir durchgeknallte Fans aus Italien und
Frankreich einfach im Fußballrausch verpasst haben. Und es
stört mich nicht.
Und
überall kursieren sie, die Gerüchte.
Gesucht:
11 Popstars samt „Oberguru“, der unbedingt bleiben soll, aber
leider nicht mehr wird.
Im Adlon
sollen sie dinieren, unsere Helden, nichts wie hin. Und irgendwie
schaffe ich es tatsächlich, mich durch einen Seitengang in die
völlig überfüllte Hotellobby zu schmuggeln. Ich, in
Flip-Flops allein zwischen tausend Leuten, um nur einen Blick auf die
Spieler der Nationalmannschaft zu erhaschen, mich immer wieder
fragend…. Was will ich eigentlich hier?
Mein
Hirn scheint sich langsam aufzulösen und sich in einen Fußball
zu verwandeln.
Und wenn
ich jetzt noch anfange „Schwarz und Weiß“ zu singen, werde
ich mich, ich verspreche es, bei den Anonymen Fußballfanatikern
einschreiben.
Und
werde dabei die Tage zählen.
4 Jahre lang.