Der Bielefelder Germanistikprofessor Jörg Drews ist ein manischer Sammler von Invektiven für alle Gelegenheiten. In seinen Büchern findet man zum Beispiel die Weisheit, dass die öffentliche Meinung ’nur von Idioten und Trinkern gemacht‘ wird (Bohumil Hrabal). Wobei wir als faire Blogger dann aber die Anmerkung anschließen sollten, dass es in Print, Funk und Fernsehen durchaus die eine oder andere Ausnahme gebe. Zwar nicht sehr häufig, aber immerhin …
Nützlich sind solche Bücher aber noch in einer ganz anderen Hinsicht. Bekanntlich gilt beim Copyright die große Regel: Nur die Formulierung ist unfrei, der Gedanke aber ist frei. Um hier frank und frisch aus dem Nähkästchen zu plaudern: Die gesamte gedruckte Welt besteht zur Hälfte aus gedanklichen Plagiaten. Schwadroniert also ein Walter Serner über die Liebe daher und sagt: "Ganz au fonds zählt in der Liebe nur das junge, frische Fleisch", dann dürfen wir diesen Gedanken natürlich nicht wortwörtlich auf unseren Acker verpflanzen. Wohl aber könnten wir schreiben: "Liebe und Falten sind bekanntlich Gegensätze. Und Gegensätze ziehen sich nicht an. Schon gar nicht aus". Schon hätten wir ein eigenes Kuckuckskind gezeugt, und wir gelten in der Welt als ‚Originaldenker‘, obwohl wir doch nur Serner-Variationen dahergeklimpert haben. Wie das kommt? Unter anderem liegt das daran, dass die Menge an guten – oder fiesen – Gedanken endlich ist.
Abschließend noch einige Appetithäppchen:
– Gott: Das allerprostituierteste Wesen. (Baudelaire)
– Pädagogik: Wenn Erziehung und Ermahnung irgendetwas fruchteten, wie könnte dann Senecas Zögling ein Nero sein? (Schopenhauer)
– Nationalismus: Die Liebe, die mich mit den Dummköpfen meines Landes verbindet, mit den Beleidigern meiner Sitten und den Schändern meiner Sprache. (Karl Kraus)
– Subkultur: Die Subkultur baumelt an ihren Kopfhörern. (Enzensberger)
Meine Bibel seit langer Zeit. Die 78er Auflage (Diogenes, Zürich) ist sogar dem Andenken Walter Serners und dem Ingenium Christian Strichs gewidmet.Mit am meisten überrascht hat mich Georg Christoph Lichtenbergs Erkenntnis über die Ehre der Frauen:Es ist eine schöne Ehre, die die Frauenzimmer haben, die einen halben Zoll vom Arsch abliegt.
Zynismus ist die einzig realistische Geisteshaltung – und Lichtenberg ist ihr Gott …