Das Prinzessinnen-Kleid oder: Kindergeburtstag mal anders

Ich wollte alles richtig machen. Also so wirklich richtig gut. So Richtung pädagogisch sinnvoll aber natürlich verspielt. Mit basteln, spielen, tollem Essen und null Ärger oder Langeweile. Mensch, was ich mir alles überlegt hatte – ich hatte einen wirklich super Plan. Und dann war der Tag da: Der fünfte Geburtstag meines Sohnes.


Nur die besten Absichten

Als Eltern steht man ja doch ein wenig unter Druck. Max war bereits auf dem einen oder anderen Geburtstag und wenn ich oder mein Mann ihn dann um 18 Uhr abgeholt habe, hatte er die letzten drei Stunden quasi im Kinderparadies verbracht: Indoor-Spielplätze mit Clownsunterhaltung, Schwimmhalle mit Wellen – die Mutter hatte sich als Meerjungfrau verkleidet oder mit dem Papa in den Wald zur offroad-Schnitzeljagt mit anschließendem Stockbrot-Grillen. Dem wollte ich natürlich in nichts nachstehen! Was ich doch für einen super Plan hatte!

Die ersten Bedenken hätten mir kommen sollen, als ich – als Antwort auf die selbstgebastelte Ritter-Geburtstagseinladung – am nächsten Tag von drei Eltern der sieben eingeladenen Kindern eine handschriftliche Antwort bekam. Der Tenor war relativ ähnlich: Toke, Emma und Sophia haben diverse Lebensmittelunverträglichkeiten (Nuss, Milch, Weizen und Schokolade – klar.), außerdem hat der Papa von Toke die Befürchtung, dass das geplante Ritterspiel die Geschlechterrollen in einem solch frühen Kindheitsstadium zu sehr beeinflussen würde und „er würde sich wünschen“, dass Toke sich bitte nicht als Ritter, „sondern gerne auch als Prinzessin“ verkleiden dürfte. Die Mutter von Emma hat so generell Angst um ihre Tochter (Stichwort Schwert).

Lasst die Spiele beginnen

Aber was soll’s, wir gehe es an. Mein Mann und ich haben Alternativen für die allergischen Kinder besorgt und von mir aus kann Toke in jedem noch so albernen Kostüm daher kommen. Wir haben den privaten Kinderspielplatz bei uns um die Ecke angemietet, die Verkleidungen liegen vor, es gibt Dekoration, mein Sohn freut sich seit gefühlten neun Monaten auf diesen Tag und die Kinder sind auch alle pünktlich von ihren Eltern abgesetzt worden…Und dann der SUPER-GAU für jeden Kindergeburtstag: es regnet!! Wie konnte das passieren? Bis gestern war noch Sonne angesagt…

Egal. Das wird schon wieder aufhören. Und sonst müssen wir halt improvisieren. Die Kinder sind auch noch ganz guter Dinge und nachdem jeder erstmal ein Schokoriegel und Smarties bekommen hat, ist so oder so alles gut (Argh! Wer hatte nochmal die Schokoladen-Allergie?!). Wir stürmen den Spielplatz und die ersten zwei Kinder legen sich der Länge nach hin. Sand und Schmott überall und natürlich großes Geweine.

Mein Mann tröstet und ich verteile die Kostüme. Niemand möchte Narr, jeder will der Ritter sein und Toke will selbstverständlich nicht das Prinzessinnen-Kleid tragen. Viel lieber haut er allen Kindern mit dem Schwert auf den Kopf und kämpft mit den Büschen. Nun weinen zwei anderen Kinder, sie haben von Toke Sand in die Augen bekommen und außerdem wollen sie viel lieber im Haus mit ihren mitgebrachten Geschenken spielen – entschuldige Bitte?!

Langsam läuft die ganze Geschichte aus den Fugen: Die Ritter-Grillwürste kommen eher mäßig an, da zwei der Kinder kein Fleisch essen und mit einem mal isst keines der Kinder mehr Fleisch: „Iiiii – das hatte ja mal Augen“. Toke und Max kämpfen um das Schwert, Emma hat hektischen Ausschlag im Gesicht (vielleicht durfte ja sie die Schokolade nicht essen?) und einer der Jungen kommt mir gar vollständig fremd vor – immerhin trägt dieser mal das Prinzessinnen-Kostüm…

Zuckerschock und Schürfwunden

To put a long story short – oder um es mit den Worten meines Mannes zu sagen: „Schatz, nächstes Jahr holen wir uns ein Au-pair dazu.“ Die Bilanz meines so wunderbaren Plans lautet: eine allergische Reaktion (oder sowas ähnliches), ein blaues Auge (Toke), nur drei der bio-Würsten wurden gegessene (zwei davon von mir und meinem Mann), Emma möchte jetzt Karate als Sport betreiben und das Prinzessinnen-Kleid ist nie wieder aufgetaucht.

Wie konnte ich das bloß so in den Sand setzen? Für Max tut es mir wirklich leid. Als ich ihn jedoch mit Zuckerschock und Schürfwunden ins Bett bringen sagt er glücklich und mit einem Lächeln im Gesicht: „Toll Mama, nächstes Jahr wieder“ – vielleicht wenn du 16 wirst mein Lieber…oder 18.

Bild: Thinkstockphotos, Monkey Business, Monkey Business Images

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