„Was würden Sie denn nun raten – lieber China oder oder doch eher Indien?" fragte der deutsche Student am Rande der Joint Summer School on Advanced Finance an der Universität Riga. 50 deutsche und lettische Studenten hatte Steinbeis-Professor Dirk Linowski zu seiner Summer School um sich versammelt und großzügig Referenten von Union-Investment und den Unis Mainz, Rostock, und Lübeck einfliegen lassen. Mit meinem Beitrag „David und Goliath – ausländische Unternehmen in China" war ich für die Studis der Pausenfüller zwischen „Rebalancing Portfolios", Hedge Fonds und „Modelling Weather Derivatives".
Indien oder China war nicht etwa die Frage nach dem geeigneten Länderfonds, sondern nach dem besten Standort für ein Auslandspraktikum. „Oder sollte ich einfach drei Monate in Indien und drei Monate in China machen?" schob der Student nach. Ob er denn im Anschluss an das Praktikum nicht lieber im Land reisen wolle? „Och nöh, das kann ich mir verkneifen", hieß es großzügig.
So ein Helikopter-Praktikum – Einfliegen, Ausfragen, Abheben – macht sich vielleicht im Lebenslauf ganz gut, tiefere Spuren wird es gerade bei China kaum hinterlassen. Von chinesischen Studenten wird erwartet, dass sie die Landessprache für Deutschlandpraktika möglichst fließend beherrschen. Umgekehrt kommt von deutschen Studenten sofort die Frage „Aber Englisch reicht doch, oder?"
Klar reicht Englisch in China, wenn man sich in einem internationalen Unternehmen möglichst nur an den Absätzen des General Manager kleben will, ansonsten Dauerteilnehmer beim deutschen Praktikantenstammtisch wird, die Fake-Märkte abklappert und chinesische Kollegen allenfalls als Bill und Sunny kennenlernt. Wie dieses Land tickt, weiß man dann noch lange nicht.
Kleiner Wegweiser Chinapraktikum:
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Ein paar Brocken Chinesisch sollten schon drin sein. Die meisten Unis bieten Einsteigerkurse an. Wenn es keine geben sollte – chinesische Kommilitonen in Deutschland sind begeistert über jeden Tandempartner. Tandempartner kann man auch direkt in China finden – meine Studis skypen leidenschaftlich gern (tongji dot cdhk at gmail dot com).
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Das richtige Land ist in erster Linie eine Frage der Branche. Bei Autoindustrie oder Chemie dürfte der Weg eher ins Reich der Mitte führen.
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Wer trotz Streubewerbungen noch immer nicht den richtigen Praktikumsplatz gefunden hat, sollte mal unter http://www.kopra.org/ nachschauen. Sehr gute gepflegtes Portal für Internships in allen Ländern und Industrien.
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Die Delegiertenbüros der Deutschen Wirtschaft AHK in Shanghai und Peking bieten auf ihren Seiten die aktuellen Firmenadressen – und nehmen außerdem selbst auch manchmal Praktikanten – http://www.china-net.de/.
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Viele deutsche Studenten findet man an der Tongji Universität, aufgrund ihrer Gründungsgeschichte durch einen deutschen Arzt heute noch beste Anlaufstelle für Deutschlandbeziehungen aller Art – www.tongji.edu.cn
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Tips aller Art für die „Perle am Huangpu" bietet http://www.schanghai.com/ – die Forumsteilnehmer beantworten geduldig alle Fragen.
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http://www.shanghai.diplo.de/ ist das gutbestückte Portal des Generalkonsulats der Bundesrepublik in Shanghai mit vielen Infos über Länder, Regionen, Wirtschaftsdaten und Adressen.
In einem Punkt ist China ungeschlagen (zumindest aus Sicht der Chinesen) – allein des Essens wegen lohnt sich das Praktikum schon, dann allerdings mit ausgedehnten Ausflügen in die lokale Küche!
Anja Feldmann