Interessierte finden den Startpunkt des ganzen Ärgers um den ‚Alpha-Journalisten‘ vom anderen ‚Stern‘ übrigens hier. Wobei gerade das ‚Sprechblasen-Blog‘ mit seiner Sprachlichkeit und Recherchetiefe schon zeigt, wie absurd der pauschale Vorwurf des journalistischen Großmoguls doch ist. Im Gegenteil: Wir würden uns wünschen, es gäbe mehr Journalismus, wie ihn dieses Blog praktiziert. Ein zweiter Vorwurf, den Journalisten uns gern machen, lautet: Blogger würden doch nur ‚abschreiben‘, Themen klauen, Artikel aus Zeitungen verwursten und alles bloß ‚wiederkäuen‘. Die Bloggerei habe nur den Ehrgeiz, einen ‚Metadiskurs zu führen‘, also ‚über das Reden anderer zu reden‘. Während der wackere Journalist sich mit dem Laptop-Gewehr durch den Dschungel der unbekannten Nachrichtenlage schleiche und unentwegt Unerhörtes nach Hause trage. Genau das ist Wildwest-Romantik statt Faktizität …
Mythen der Neuzeit: Recherchierende Redakteure.
Schlage ich meine Lokalzeitung auf, dann steht vor fast jedem Artikel ‚dpa‘, wenn es hochkommt ‚eb/dpa‘, wobei ‚eb‘ für ‚eigener Bericht‘ steht, da hat also dann die Redaktion kollektiv noch dran herumgefingert. Aber schon hier wurde nur ‚über das Reden anderer geredet‘, bzw. alles schlicht nur der dpa ’nachgeplappert‘. Presseerklärungen anderer Provenienz und schnittchenreiche Pressekonferenzen sind das Schwarzbrot des Redakteurs: und daraus folgt wiederum nur ‚Reden über das Reden anderer‘. Ebenso im ‚embedded journalism‘ bei Auslandskriegseinsätzen: Die Journalisten werden durch genehme Gegenden gerollt und abends im Zelt werden ihnen die grandiosen Siege des ‚Embedders‘ vorgespielt. Die Folge für den Zeitungsleser: ‚Reden über das Reden anderer‘.
Kurzum: Die wichtigsten Werkzeuge des Journalisten sind der Laptop und das Telefonbuch mit möglichst vielen Bekannten, Experten und anderen Gesprächspartnern darin, deren Statements seinen Artikel etwas aufpeppen können. Geschieht das, spricht der Journalismus gern von ‚Eigenrecherche‘ (manchmal kommt sogar ein Archivbesuch hinzu). Letztlich ist aber auch dies alles wiederum nur ‚Reden über das Reden anderer‘. Der ‚gute Journalist‘ unterscheidet sich vom ’schlechten‘ also nicht durch ‚Terrierhaftigkeit‘ und ‚Expeditionslust‘, sondern durch ‚Gedanklichkeit‘ und ‚Sprachlichkeit‘. Dann kann er zwischen den Zeilen einer noch so dürren Presseerklärung noch etwas herauslesen oder einen Aspekt in seinen Artikel hineinschreiben, der dem Larifari-Journalisten nie im Leben in den Kopf käme. (Die schlimmsten Folgen des journalistischen Berufs sind übrigens Krampfadern vom vielen Herumstehen und -sitzen).
Mit anderen Worten: Der Journalismus selbst ist schon ein einziger Meta-Diskurs. In den Medien wird vor allem über das Reden anderer geredet: Über Konferenzen, Tagungen, Ereignisse, Abstimmungen usw. Und wenn doch das ‚eigene Erleben‘ mal eine Rolle spielen soll, wie im Reisejournalismus, dann dürfen wir sicher sein, dass jedes Sprachklischee wilde Parties feiert: die ‚Traumstrände‘ sind natürlich ‚weiß‘ und ‚palmengesäumt‘, jede Hotelanlage ist ‚idyllisch gelegen‘ und jede Klippe ’schroff‘ und ‚malerisch‘. Die angeblich eigene Anschauung wird auch wieder nur ‚aus der Erinnerung an das Reden anderer‘ bezogen: ‚Opulente Bilder zeigen die Schönheit dieser einzigartigen europäischen Kulturlandschaft‘.
Die Bloggerei demgegenüber ist oft ‚ein Reden über diesen Metadiskurs‘, ein ‚Meta-Meta-Diskurs‘, wenn ihr so wollt. Wir reden oft darüber, wie andere über das Gerede dritter reden. Das allerdings ist neu für unsere ‚Medienschaffenden‘, dass ihre ‚Öffentlichkeit‘, die sie ja sprachlich mit ihrem Getippsel erzeugen und aufrechterhalten, von diesen Blogger-Ferkeln begrunzt und untersucht wird …
(Bild: Public Domain / wikipedia.org / zeitgen. Bild Lewis-and-Clark-Expedition)
Wer sich ein wenig mit „Journalismus“ beschäftigt, ist sehr schnell frustriert. Das, was in Lokalredaktionen abgeliefert wird, ist häufig lustlos dahergeschriebnes Geschleime. Unfallberichte verkommen zur reinen Statistik (37 Feuerwehrleute, drei Notärzte, fünf Krankenwagen etc.); Veranstaltungsberichte zur Lobhudelei. Kritische Berichterstattung findet so gut wie nicht statt. Kritik gibt es nur noch in Leserbriefen, die so selektiert werden, dass sie dem Redakteur in den Kram passen. Einige freie Journalisten trauen sich noch, allerdings nur so weit, wie die potentiellen Abnehmer bereit sind zu drucken.Richtig lustig wird es dann, wenn dem mündigen Zeitungsleser Überschriften entgegen geschleudert werden wie „Drüsen-Leiden am Telefon“ (HNA, 01. 06. 2007). In sprachlicher Hinsicht also auch ein Flopp.
ich erkenne einen klaren vorteil im bloggen (auch wenn ich gar keine journalistin bin): die sachen flattern einem nicht in die fahrradspeichen! gerade kam ich mit dem fahrrad über die straße und flopp! habe ich eine halbe „bild-zeitung“ als satte blockung. was uns das wohl sagen soll? ich persönlich mag am meisten musik-journalisten. wenn ich schlechte laune hab, lache ich mich binnen fünf minuten krank über all diese checker:-)
Es stört mich nicht, der „Dreck von unten“ zu sein, denn schließlich werden, wie Westernhagen einst textdichtete, aus Dreck Strassen gebaut.
Herr Jarchow, das haben Sie mal wieder schön auf den Punkt gebracht.Ich muss allerdings zugeben, dass ich in letzter Zeit versuche, meine Schadenfreude gegenüber den durch Blogger bedrängten Journalisten im Zaum zu halten: die internetgestützte Basisdemokratisierung, unter der Jörges und andere leiden, wird sicher auch noch andere Berufsfelder ereilen, darunter garantiert auch Ihres und meins. Und dann werden die meisten unserer Standesgenossen auch die Kanaldeckel zuschweißen wollen um die Angreifer aus dem Untergrund möglichst lange fernzuhalten.Da können dann diejenigen von uns froh sein, die sich rechtzeitig in die Abwasserkanäle hinabbegeben und sich dort eine Zweitidentität als Blogger aufgebaut haben…
Die unverzichtbare Qualität besteht darin, ‚gut schreiben zu können‘, nicht darin, ‚Journalist zu sein‘. Entlang dieser Linie bleibt – ob Blog, ob Feature – die Differenz voll und ganz erhalten …
Das mag für die Mehrzahl der Schreiberlinge zutreffen, aber keineswegs für alle. Ein Beispiel:http://www.mattwagner.de/blog.htmIhr letzter Kommentar trifft den Punkt.
Um mir die Differenz deutlich zu machen, spreche ich bei jemandem wie dem St-Pauli-Kiezianer ja auch von einem Schriftsteller. Von mir aus auch von einem Schriftsteller, der unter die Journalisten geraten ist. Das gibt es. Aber seit wann darf im rauen Zeitungsalltag solch unmittelbares Erleben von der Kette? Um mal den Motorradgottesdienst da zu nehmen: Normalerweise würde ein wenig von den schweren Motorrädern und dem Chrom auf der Reeperbahn geredet, dann von der Zahl der Teilnehmer, dann ein wenig über das geschwafelt, was der Pastor sagt und zum Schluss Inga Rumpfs Grußbotschaft gedruckt. Sela! Das ist Journalismus im Ist-Zustand seiner Unverwesentlichung …
Sicherlich gibt es solche Blogs, in denen nur geschwafelt wird und nichts Spannendes / Neues zu Tage gebracht wird. Doch zum Glück gibt es eine Vielzahl guter Blogs, die mit neuen Nachrichten oder querdenkerischen Gesichtspunkten daher kommen und den „klassischen Journalismus“ ergänzen und teilweise weiterführen. Hat man diese Blogs gefunden, möchte man sie nicht mehr missen…Wie jarchow-klaus schreibt: Es geht darum, dass jemand gut schreibt, egal wo und für wen!Gern dürfen sich auch alle Blogger über jene Journalisten beschweren, die eher durch Geschwafel, denn durch gute Texte auffallen… drehen wir den Spieß einfach mal um 😉
PIMP…the blogs,…auf deutsch:Verkupple die Internet -Foren mit Werbung,Spam???Interessanter Weise bedeutet pimp im Amerikanischen „Strichjunge“…Was unterscheidet nun einen Journalisten von einem Blogger?Ganz einfach:Der oder die bekommen für ihre Arbeit Geld und können auch bei Funk und Fernsehen beschäftigt sein.Ein Blogger dagegen muss für seine Tätigkeit wie es in diversen blogs USUS ist,in seine Tasche greifen und für ein „Schreibprogramm“ erst einmal bezahlen.Um dann festzustellen,dass die Betreiber dieser Internet-Plattform sich zusätzliche Einnahmen durch Werbung zusichern.Wie im wirklichen Leben gibt es auch Journalisten,die NICHT gerade mit Begabung gesegnet sind und dafür,dass sie schlecht und unsauber recherchiert haben,kassieren die aber einen großen Batzen Geld.Ich halte nichts davon lange um den „Heißen Brei Herum ZU REDEN“!Im Gegenzug gibt es blogger,die ein gewisses Schreibtalent besitzen,und denen rate ich dazu schnellstens ins Profi-Lager über zu wechseln.Doch man braucht sich nichts vorzumachen,dort herrscht aber ein unerbittlicher Konkurrenzkampf um die Leser-Quote,denn eine Zeitung muss schließlich durch den Konsumenten käuflich erworben werden.Spam in Form von beigelegter oder gedruckter Werbung hält den Preis für eine echte Zeitung einigermaßen erträglich und dem Markt angepasst.Journalisten sind jedoch einem Nerven aufreibenden Zeitdruck unterworfen,und immer häufiger kommt es vor,dass sie über Themen schreiben müssen,die ihnen überhaupt nicht liegen.Ein Blogger dagegen blogt aus reiner Lust am Schreiben und manch einer nutzt das globale Internet dazu,Dinge kontrovers nieder zu legen.Leon-Cat