Barbara Lahr: Interview und Rezension ihres neuen Albums ‚Six String Call‘

„Six String Call“ ist vielseitig und überraschend wie seine Künstlerin. Barbara Lahr ist viel mehr als eine Singer-Songwriterin.

Sie ist eine Vokalistin mit beeindruckender Stimmbandbreite, einer Zerbrechlichkeit und eindringlicher Emotionalität in der Stimme, die einen beim Zuhören gefangen nimmt mit Songs, die berühren. „Ein bisschen schräg muss es klingen“, sagt sie, „es muss ja auch zu meiner Person passen.“ Das Album wirkt wie eine Reise duch ihre Lieblingsgenres.

Es ist verblüffend, wie vielseitig das Trio mit Elektroeinflüssen ist. Getragen und zusammengehalten werden Sie von Barbara Lahr, die die 14 Stücke mit Persönlichkeit zu füllen vermag.

Bekannt wurde die Vokalistin und Liedermacherin als Sängerin von De Phazz. Mit dem Song „Good Boy“, der selbst bei VIVA und MTV rauf und runter gespielt wurde, machte sie die Experimental-Lounge-Formation auch breitflächigerem Publikum bekannt.

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Das neue Album „Six String Call“

Six String Call ist reduzierter und weniger elektronisch als bei De Phazz, melancholischer, gefasster. Das Album wurde in der Trio-Besetzung durchweg live im Studio eingespielt. Barbara Lahr schreibt und singt über ihr Leben, über das Leben, über Lust am Leben. Über Flucht und über Verlust. Alles in zarten, ruhigen Tönen, denn laute sind nicht nötig, leise und lautmalerisch fängt sie uns in ihre Welt ein.

Sie überrascht uns mit Neuarrengements der bereits existierenden Stücke „Jackboot Angel“, „Sorrow“ und „Sometimes“. Und sie funktionieren. Immer noch und anders.

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Das neue Album von ihr erscheint am 30. März im Handel

Das Interview mit Barbara Lahr

Am Telefon begrüßt mich Barbara Lahr mit einer zarten Stimme, die etwas verraucht und auch etwas zerbrechlich ist. Sie ist offen und freundlich und lacht über anfängliche Komplikationen mit dem Telefon.

Erst mal vielen herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen konnten für dieses kleine Interview Frau Lahr.

B.L.: Ja, sehr gerne.

Am 30. März kommt ihr neues Album „Six String Call“ raus. Worum geht es in Ihren Songs?

B.L.: Meine Songs haben immer etwas mit mir und mit meinem Leben und was jetzt gerade ist zu tun. Es sind die Befindlichkeiten, die Situationen und die Gedanken, die mich bewegen, und darum geht's in den Liedern. Es geht meistens immer um Kleinigkeiten, meistens keine großen Geschichten. …aber ich habe gerade aktuell einen Text für einen Freund geschrieben, der sich das Leben genommen hat. Solche Sachen mache ich auch. Weil es mich beschäftigt.

Woher kommt diese Beweglichkeit, mit der Sie sich so durch die Musikgenres manövrieren?

B.L.: Das kommt, schätze ich mit der Zeit. Als ich angefangen habe, in den 70er Jahren, ich bin ja mittlerweile 55, da war Punk das große Ding, da habe ich Punk Musik gemacht. Und dann, als in den 90ern Elektro angesagt war, da habe ich Elektro gemacht und es war das Neue Ding, die Herausforderung, aber das, was ich vorher gemacht habe, das ist ja auch noch da, das verschwindet nicht einfach. Da kann ich vielleicht nur für mich sprechen, aber wenn der Musiker gut beieinander ist, und seine Fähigkeiten zusammenfassen kann, dann hat er auch was zu schützen. Es sind ja nicht nur die neuen Sachen, sondern auch die alten Sachen, die leben ja in dir weiter und was hängen bleibt ist das, was gefallen hat und auch das, was gut angekommen ist, da pack ich alles mit rein. (lacht) Wie so ein großer Koffer, den man hat, den macht man auf und schaut ab und zu mal wieder rein.

Haben Sie bestimmte Künstler, die Sie beeinflusst haben?

B.L.: Als ich ein Kind war, oder Jugendliche war, ja, da war ich ganz verknallt in diverse Musiker, aber das ist im Laufe der Zeit immer weniger geworden. Und jetzt, wenn ich jetzt die aktuellen Sachen mir anhöre… kennen Sie Antony and the Johnson?

Ja, natürlich, wunderschöne Musik.

B.L.: Das waren Songs, wo ich mich spontan erinnere, da bin ich damals in Tränen ausgebrochen, als ich ihn zum ersten Mal gehört habe. Und solche Sachen, die passieren einfach. Aber das ist nimmer so die Regel oder das ist nimmer so oft, früher hatte man Idole: Neil Young, Lou Reed, die ganzen Helden aber das kommt wirklich immer seltener vor.

Woran liegt das?

B.L.: (lacht) Das liegt an mir, weil ich nicht mehr so viel Musik höre, ich schöpfe nicht mehr so viel daraus, sondern versuche, nun vielmehr aus mir selbst zu schöpfen. Ach, einen habe ich vorhin vergessen, darf ich noch Richard Hawley erwähnen? Es gibt halt einfach manchmal so Stimmen, die einen einfach berühren. Es gibt nur wenige, die ich so klasse finde.

Sie haben auch eine ganz spezielle Art zu singen…

B.L.: (lacht) Das kommt mit dem Lauf der Zeit, als ich angefangen habe, da war… ach wer war das, eine große Nummer… Nina Hagen zum Beispiel, wenn ein Mädchen, oder eine Frau gesungen hat und wahrgenommen wurde, dann wurde sie immer damit verglichen. Mit den Leuten, die damals angesagt waren. Das ist so ein Filter, da kommt man da nicht aus, als jemand, der ständig von außen beurteilt wird. Ich hab nicht gesungen wie sie, nein (lacht) aber es ist eine Entwicklung und solche Erlebnisse spielen mit.

Sie haben einige Songs auf dem Album neu arrangiert. Wie kommt das?

B.L.: Ich habe damals mit Samples gearbeitet und selbst produziert, es hat mich damals einfach umgehauen diese vielen neuen Möglichkeiten, die sich mir geboten haben. Ich hätte damals für ein gutes Sample meine Oma verkauft (lacht) ich war besessen und habe wirklich viele viele Sounds eingesetzt, alles hergenommen, was gepasst hat und den ein oder anderen Song fand ich da schon fast verloren und wollte das einfach nochmal aufgreifen, weil ich den Groove einfach toll fand, oder die Texte und dann habe ich zwei drei Songs für die CD nochmal hergenommen, weil ich sie einfach nicht vergessen wollte und konnte.

Wie haben Sie Ihr Trio zusammengestellt?

Mit Bernhard Sperrfechter habe ich in der letzten Produktion „Undo Undo“ zusammengearbeitet, 2007 haben wir uns kennengerlernt und haben als Duo zusammen Musik gemacht und promotet und seitdem. Und irgendwann hat dann Schlagzeuger Erwin Ditzner angerufen und hat gefragt, was wir so treiben und Ditzner und ich wir kennen uns schon seit zweihundert Jahren, haben zusammengespielt in den 80ern in „Sanfte Liebe“. Jetzt kennen wir uns seit dreißig Jahren und dachten: Jetzt machen wir mal wieder was.

Ein paar Worte noch zum Album?

B.L.: Wir haben das Album in drei Tagen eingespielt. Es war auch etwas völlig neues, nachdem man vorher immer diese Frickelei hatte mit den Samples, wenn man so produziert… ja, als Gruppe wird man live immer mal langsamer und schneller und an dieser Art von Aufnahme rumzuschrauben und nachträglich Sachen drauf zu machen, das ist sehr schwierig. Wir haben uns darauf verlassen, wie wir zusammenspielen… Und es hat gekklappt… man hat oft die zündende Idee und dann macht man ewig dran rum und dann… irgendwann macht man dadurch etwas tot. Deshalb auch der Ansatz, wir gehen da jetzt einfach hin und hauen das jetzt raus. Und das war gut so (lacht).

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