Rufus Wainwright ‚ Out of the Game‘: Mit großen Gesten zurück in die Vergangenheit

Die 70er Jahre, so lautet es überall, waren Inspiration für dieses Album, das siebte Studioalbum des New Yorker Songwriters, der schon lange seinen ganz eigenen Stil definiert hat. Nun will er mit Hilfe der alten Helden – Bowie, Elton John und Queen – und Produzent Mark Ronson anscheinend ein neues Kapitel aufschlagen.

Out of the Game: Ein wenig Glamour, ein wenig Disko

Auch wenn Rufus Wainwright auf dem Albumcover in fragwürdig geschmackloser Garderobe zu sehen ist (pink-kariertes Jacket, Skinny Fit, Gürtelkette und beige Stiefel), darf man sich gerne für „Out of the Game“ in Schale werfen, ein paar Pailetten und Plateauschuhe vielleicht, je glitzernder, desto besser, denn wenn man beispielsweise zu den flimmernden Klängen von „Barbara“ tanzen will, muss man dem Disko-Feeling gerecht werden.

„Out of the Game“ – das scheint auch das Thema des Albums zu sein, das sich dadurch einerseits neidisch-verbittert ausmacht, andererseits entspannt und dem ewigen Hetzen entwachsen.
Neidisch etwa, wenn im titelgebenden Opener um die Youtubegeneration gemäkelt, gleichzeitig diese jugendliche Begeisterungsfähigkeit für fliehende Momente bedauert wird.
Entspannt, wenn Rufus seiner Tochter ein um den anderen Song widmet oder seine Heimat besingt, denn zumindest privat ist Rufus dort angekommen, wo viele gerne hin wollen.

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Das Alles zieht sich vorwiegend im Glamstil der 70er Jahre, aber auch dem doch sehr braven Songwritertum der 60er ab, wobei sich Rufus seinen klassisch-blumigen Wurzeln glücklicherweise nicht verwehren kann, so ist „Montauk“ auch kaum so tanzbar, wie Wainwright es im Vorfeld versprochen hatte, dafür geht der Nachfolger „Bitter Tears“ ganz ungewohnte Wege und zieht sich einen Beat wie eine Polyesterbluse an, um damit Ilja Richter zu beeindrucken.
Gerade die Synthesizer sind auch eine interessante Wahl, da sie immer auch etwas sinister an psychedelische Drogenerfahrungen erinnern, ob das nun gewollt ist oder nicht.

Zum Pop Olymp dank Mark Ronson?

Zugänglicher als manch anderes Wainwright Werk ist es sicher, aber den Popmarkt wird Rufus auch mit Mark Ronsons Hilfe, der eifrig produziert hat, nicht aufbrechen. Zu sehr schwappen seine großen Gesten in Songs wie „Respectable Dive“ oder „Song for you“ über, Fans werden sich freuen, gerade dafür liebt man ihn, aber dem geneigten Radiohörer wird es nicht zackig genug sein, vielleicht auch zu schwelgerisch im Moment.

Aber dabei handelt es sich nicht nur um ein Sehnen nach Pathos, Rufus Wainwright packt seine Erlebnisse, Weltansichten und Gefühle in Songs, die dem emotionalen Gehalt gerecht werden sollen, wenn etwa der abschließende Song „Candles“ von Wainwrights erst kürzlich verstorbener Mutter erzählt, dann passt das opulente Beiwerk und nicht eine Note weniger.

Er kann sich der Bühnen-Qualität seiner Kunst eben nicht entziehen, seit Jahren schon arbeitet er an Oper und Theater, bot auch dem Ausnahmeregisseur Robert Wilson für ein Shakespeare Projekt eine musikalische Kulisse.

Wie immer ist das in einem Albumdurchlauf sehr füllig und schwer zu verdauen, gleichzeitig ist das doch genau der Grund, warum man sich immer wieder auf neue Stücke von Wainwright freut. Groß muss es sein, die Backgroundchöre, die Gesten, die Balladen, die Songtexte, groß und schwülstig, so dass man sich darin suhlen kann, etwa in „Sometimes you need“.

Ob man Rufus Wainwright jemals mit seinem Album auf Platz 1 der Charts sieht, ob jemals DSDS Kandidaten daran scheitern werden, seine Songs zu singen: es ist doch egal, denn diesen Spielereien der Musikindustrie sollte man sich sowieso entziehen, wenn man derartig ambitionierte Visionen hat.

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