AIDS-Gala Berlin: Brief an den Moderator

Lieber Yared Dibaba,

nun sind Sie schon wieder Moderator der Gala zugunsten der Berliner AIDS-Hilfe gewesen. Sie hatten mit Sicherheit seit einiger Zeit gewußt, was an diesem 4. November 2008 im Musical-Theater am Potsdamer Platz auf Sie zukommen sollte. Eine gepflegte Veranstaltung mit Künstlern aller Couleur, unterhaltsamer Comedy mit dem „Humor-Arzt“ Eckhard von Hirschhausen, der mit seinem Internet-Bildchen-Vortrag manch Schmunzeln in die Gesichter der Besucher zauberte; Mitsing-Liedchen von Klaus Lage, bei dem es auch nach 25 Jahren noch „Zooom“ macht und Peter Schilling, der teutonisch tapfer „Major Tom“ interpretierte, obwohl das Lied nach nunmehr 30 Jahren endgültig kaputt gedudelt ist. Was für eine traurige Erscheinung, dieser Berufsjugendliche. Nun ja. Da waren Malediva, das Traumtrio der Kleinkunst, die man nur küssen möchte für ihre Leichtigkeit in Wort und Ton und ihre liebevoll zelebrierte Zickigkeit. Da war Judy Winter, die das Publikum mit -gottlob!- wenig Betroffenheitstext zum Thema HIV und AIDS verdross, dafür aber sang. Und zwar schön. Ebenso wie „Mieze“ von Mia, jener Band, bei deren Liedern jedes Molekül tanzt – und jedes Herz. Sie war bezaubernd, auch weil sie ausgesucht Kluges zum Thema des Abends sagte, das ansonsten auffällig wenig in den Vordergrund rückte. Und das, lieber Yared Dibaba, lag – und nun komme ich dazu – besonders schmerzhaft an Ihnen.

Mit welch gnadenloser Unkenntnis Sie diesen Abend zerpflückt haben, macht schon arg traurig – freilich, nachdem man zunächst wütend war. Keine Moderation ohne Stolperer, Fehler in den Ansagen, Namen, die Ihnen bekannt sein müßten (weil „Mieze“ von Mia heuer nicht zum ersten Mal bei „Künstler gegen AIDS“ auftrat), schwache Zuspiele zu Andrea („Kiwi“) Kiewel, die es im Gegensatz zu Ihnen zumindest verstand, ein bisschen Charme auch in die äußeren Ecken des Saales zu sprühen. Freilich, sie versuchte mit mancher Einlage aus der Gala einen „Fernsehgarten“ zu machen – was aber mißlang. Dank Ihrer Kollegin blieb alles immerhin im unterhaltsamen Bereich, weil sie zeigte, wie man moderiert. Von Ihnen, Herr Dibaba, kein Impuls die Themen HIV und AIDS, Prävention oder Solidarität mit Betroffenen auch nur aufscheinen zu lassen. Obwohl ich fair sein will – die Regie des Abends blendete solche Elemente weitgehend und offenbar gewollt aus. Vor wenigen Jahren noch gab es Filmzuspiele mit Beiträgen zur Arbeit der Berliner AIDS-Hilfe. Bilder, die uns bewegten und deutlich machten, dass das Problem noch immer besteht. Wo blieben die Emotionen und das Mitfühlen zwischen „Mamma Mia“-Auftritt und klassischem Chor?
Höchstens noch bei Miezes Worten gegen das Verdrängen und -Achtung, Herr Dibaba!- bei Ricarda M., der Einkaufskanal-Königin, die als Hauptsponsorin des Abends auftauchte und -lieb gemeint und gemacht- ein strassglitzerndes Schleifchen feil bot. Mit Spendengarantie. Das brachte richtig Geld. Ansonsten und dafür können Sie nun doch nichts, folgte die Form des Abends nicht seiner Funktion, sondern umgekehrt.
Derweil standen Sie in der Bühnenecke und lächelten – ohne eine Idee für einen geschliffenen Satz, eine Pointe oder sonst etwas Passendes.
Hätten Sie Ihre Gage nicht gespendet, man hätte sie zurückfordern müssen!
Ach ja – der Abend brachte etwa 150 000 Euro für die Berliner AIDS-Hilfe. Ein großartiges Ergebnis. Das hat mich getröstet, Herr Dibaba und läßt mich Ihr bühnenunreifes Geschwätz schnell vergessen.

Grüße aus der Reihe 8.

2 Meinungen

  1. .. also in Reihe 16 sind die kleinen Patzer von Herr Dibaba gar nicht so angekommen 😉 … viel schlimmer ist der Mondfahrer Major Tom aufgefallen …. oder sollte ich sagen tiefgefallen? Denn schlimmer gings nimmer… selbst für umsonst.

  2. Sehr geehrter Herr Kanz,

    mit Ihrer Meinung stehen Sie aber alleine. Wir waren in Reihe 10 und fanden (8 Personen) den Abend sehr gelungen. Stehen Sie mal auf der Bühne und machen das.

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