Wir Menschen produzieren Kohlendioxid in großen Mengen – und befördern damit nicht nur den Treibhauseffekt, sondern auch die Versauerung der Meere. Denn die Ozeane der Welt binden einen großen Teil des schädlichen CO2-Ausstoßes, mit unvorhersehbaren Folgen für die Ökosysteme unter Wasser.
Das Meer nimmt rund ein Viertel des von Menschen erzeugten Kohlendioxids auf. Allerdings reagiert das CO2 mit dem Wasser und bildet Säure. Der Säuregehalt der Meere hat sich bereits deutlich erhöht. Die Aufnahme des Kohlendioxids stößt einen weiteren Prozess an: Ein Teil des Kohlendioxids verbindet sich mit Karbonat-Ionen. Diese allerdings fehlen dann den kalkbildenden Lebewesen für ihre Skelett- und Schalenbildung, betroffen sind unter anderen Plankton, Muscheln, Schnecken, Seeigel und Korallen.
Was genau die Ökosysteme bei der zunehmenden Versauerung der Meere aushalten müssen, untersuchen zurzeit Forscher des Geomar Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel. Vor der Insel Gran Canaria haben sie neun Mekokosmen ins Meer gelassen, Das sind riesige „Reagenzgläser fürs Meer“, die jeweils 55 Kubikmeter Wasser fassen. In diesen Gefäßen werden verschiedene Säuregrade simuliert, und rund 50 Parameter laufend ausgewertet. Damit entsteht ein riesiger Datensatz zur Wirkung der Versauerung, der die Wissenschaft noch auf Jahre hinaus beschäftigen wird. Die Forscher erhoffen sich genaue Aussagen, wie die Versäuerung auf Ökosysteme wirkt.
Einige Ergebnisse gibt es schon:
• So wurde gezeigt, dass Korallenriffe massiv unter der Versauerung leiden. Das Riff wächst langsamer, weil es Steinkorallen schwer fällt, Kalk aufzubauen; gleichzeitig greift die Säure das Riff direkt an und löst den Kalk aus.
• Flügelschnecken – wichtige Nahrung für viele größere Meerestiere – haben als Folge der Versauerung bereits ein dünneres Gehäuse.
• In Nordeuropa hat die Ozeanversauerung große Auswirkung auf das Pikoplankton, kleine Plankton-Teile, die weniger als 4 Mikrokmeter groß sind.
Vor Gran Canaria wollen die 70 Wissenschaftler vom deutschen Geomar-Institut und von den Partner-Instituten aus ganz Europa untersuchen, was genau mit dem Pikoplankton, dem Phytoplankton (Kieselalgen, Grünalgen, Goldalgen, und anderen mehr) und den größeren Meeresbewohnern und höherstehenden Arten passiert, wenn der Säuregrad des Ozeans steigt. Forschungsleiter Professor Dr. Riebesell fasst das Ziel der Forschungsexpedition so zusammen: „(Es) ermöglicht neue Einblicke und ein tieferes Verständnis für die Folgen des globalen Wandels für marine Ökosysteme und die Dienstleistungen, welche die Meere für den Menschen erbringen.“
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