Das kleine Lenormand-Deck besteht aus 36 Karten, die jeweils eine Entsprechung im Skatdeck finden. Jede Karte zeigt eine Zahl und eine Abbildung sowie in einigen Ausgaben einen passenden Spruch. Hierbei werden die unterschiedlichsten bedeutungsträchtigen Symbole benutzt: von 1 – Reiter (assoziiert mit guten Nachrichten oder Neuigkeiten) bis 36 – Kreuz (Schicksal, Bürde). Die Grundbedeutung der einzelnen Lenormand Karten soll Inhalt eines weiteren Beitrags sein, an dieser Stelle wird zugunsten einer übersichtlichen Einführung in diese Karten darauf verzichtet.
Das große Deck mit 54 Karten wurde erst nach dem Tod Lenormands veröffentlicht. Es hat seinen Ursprung vermutlich in den Tarotkarten von Etteilla, die Madame Lenormand benutzt haben soll. Im deutschsprachigen Raum ist das kleine Deck weiter verbreitet.
Wie auch die Tarotkarten besitzen die einzelnen Karten eine bestimmte Grundbedeutung, die im Zusammenhang mit den umliegenden Karten des Legebilds gelesen und interpretiert werden muss. Wissenschaftlich gesehen lassen sie sich wie alle Bildkarten verwenden, indem sie das Unterbewusstsein ansprechen und durch ihre Illustrationen bestimmte Assoziationen hervorrufen, die zur Antwort auf die gestellte Frage genutzt werden können.
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Die Geschichte der Lenormand
Die als Lenormand bekannten Karten zur Wahrsagung sind nach Marie Anne Adélaide Lenormand, gelegentlich als Marie-Anne Le Normand (1772 -1843) benannt. Jedoch wurden sie in der zeitgenössischen Form nicht von ihr benutzt. Sie verwendete zum Kartenlegen die Decks von Jean François Alliette. Dieser veröffentlichte bereits im Jahre 1791 sein erstes Buch Etteilla, ou manière de se récréer avec un jeu de cartes und entwarf sein Petit Etteilla.
Das Leben von Marie Anne Adélaide Lenormand begann in einer Kaufmannsfamilie. Sie wurde in einer Klosterschule ihrer Heimatstadt von Benediktinerinnen erzogen. Besonders interessierte sie sich für Sprachen, Musik, Malerei und Literatur. Daneben und sehr zum Missfallen der Klosterschwestern beschäftigte sie sich auch mit dem Wahrsagen. Als Lenormand im Jahre 1781 die Absetzung der Äbtissin voraussagte und diese Voraussage eintraf, wurde sie von der Schule verwiesen.
1790 ließ sich Lenormand in Paris nieder und konnte sich bereits drei Jahre später, zusammen mit einer Wahrsagerin namens Madame Gilbert, mit einem Bureau für Wahrsagerei selbstständig machen. Ebenfalls 1790 traf Marie Anne Lenormand, mit den drei einflussreichsten Männern der Revolution, Marat, Robespierre und Saint-Just zusammen, denen sie einen gewaltsamen Tod vorausgesagt haben soll. Eine Verhaftung durch den Wohlfahrtsausschuss schadete ihr nicht, sondern machte sie nur noch berühmter. Ab dem Jahre 1797 wohnte sie in der Rue de Tournon und betrieb dort professionell Wahrsagerei und hatte Kunden aus allen Gesellschaftsschichten. In den Jahren 1803 und 1809 wurde Marie Anne Lenormand wegen Hochverrates angeklagt und landete im Gefängnis, jedoch schienen die Anklagen nicht sehr ernsthaft gewesen zu sein, da sie beide Male nur kurz inhaftiert gewesen war.
In den folgenden Jahren wurde Marie Anne Lenrormand immer berühmter, selbst die französische Kaiserin Joséphine und der Kaiser von Russland Alexander I., den sie auf dem Aachener Kongress 1818 besuchte, zogen sie zu Rate.
Nach dem Tod des Thronerben am 14. Februar 1820 und mit der damit verbundenen Änderung der Politik Ludwigs XVIII. emigrierten viele politische Gegner nach Brüssel, unter ihnen auch Marie Anne Lenormand. Auch in Brüssel wurde sie verhaftet, diesmal unter der Anklage der Spionage. Mehrmals legte Marie Anne Lenormand Berufung ein, die jedoch immer abgelehnt wurden. Erst als einige ihrer Anhänger öffentlich Druck ausübten, kam es zu einer neuen Verhandlung, diesmal lautete das Urteil Hexerei, trotzdem wurde Marie Anne Lenormand aus der Haft entlassen. Im Jahre 1830, nach der Julirevolution zog sich Marie Anne Lenormand in ihr Privatleben zurück und legte nur noch für ihre Freunde die Karten und genoss ihren Reichtum. Am 25. Juni 1843 starb sie durch den Kunstfehler eines Arztes.