Keine Vergnügungen heutzutage

Besagtes Gedicht habe ich in diesem Semester also zum zweiten Mal unterrichtet. Beim ersten Mal vor zwei Jahren entspann sich eine gute Diskussion darüber, was nach Verständnis der Leser ein Gedicht ist – aber vielleicht sollte ich Vergnügungen erstmal aufschreiben für diejenigen unter uns, die es nicht jeden Morgen nach dem Aufstehen betrachten:

Vergnügungen (Bertolt Brecht)

Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen

Das wiedergefundene alte Buch

Begeisterte Gesichter

Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten

Die Zeitung

Der Hund

Die Dialektik

Duschen, Schwimmen

Alte Musik

Bequeme Schuhe

Begreifen

Neue Musik

Schreiben, Pflanzen

Reisen

Singen

Freundlich sein

Zunächst besprechen wir also die Tatsache, dass das Gedicht vom Äußeren her keine Strophen hat, aber durch den Inhalt sehr wohl strukturiert ist. Dann kommt die Frage, ob es als Gedicht angesehen werden kann, wenn es sich nicht reimt. Damit hatte aber niemand Probleme. Also wird weitergemacht mit einer gemeinsamen Liste, welche kleinen Freuden oder Vergnügungen zu unserem Alltag gehören (Essen, Trinken, Fernsehen …). Und die Frage: Was sind Dinge, was sind Aktivitäten wiederholt die neugelernten Wörter der Lektion sowie die neuen Vokabeln des Gedichtes.

Dann springe ich ins kalte Wasser sozusagen und präsentiere der Klasse meine ‚Adaption‘ des Brechtchen Gedichts, das ich dann Meine Vergnügungen nenne. Hier die erste Strophe:

Der erste Schluck Tee am Morgen

Die neue „Literaturen"

Interessierte Studenten

Sommer, Sonne, Strand, Karibik

Indem ich ihnen meine Version zeige, versuche ich, eventuelle Hemmungen abzubauen, wenn es dazu kommt, selbst ein Gedicht zu schreiben. Denn das ist mein Ziel. Im ersten Jahr hatte ich zum Beispiel folgenden Erfolg:

Meine Vergnügen

Ausschlafen an einem regnerischen Tag

Hören gute Musik, alte oder neue

Ringen mit meinem Hund

Sehen amerikanischen Fußball im Fernsehen

Essen

Faulenzen

Videospiele

Kurzgeschichten

Lächelnde Gesichter

Gute Filme

Sport treiben

Draußen sein

Wandern

Snowboarding

Das Feuer

Heiße Schokolade

In diesem Jahr allerdings erhielt ich ganz anders geartete Mehrzeiler: zunächst wurde von der Mehrheit der Studenten die Zeit vom Morgen zum Nachmittag oder gar Abend verändert, denn Argument: morgens habe ich keine Freude, da bin ich müde, schlechtgelaunt und ähnliches. Also heisst es bei einem Dichter:

Peanut Butter and Jelly am Nachmittag

Neue Musik

Verschiedene Leute

Herbst, Blätter, Farbe, Amerikanischer Fußball

Die letzte Zeile ist vermutlich dem Umstand geschuldet, dass wir vorher Vokabeln zur herbstlichen Jahreszeit besprochen haben.

Oder die Schläfrigkeit wird gleich ins Gedicht eingebaut:

Der erste Blick des Morgens

Die Sonne scheint durch das

Fenster

Großes Gähnen

Was habe ich gelernt? Dass das Leben der Jugend / der Studenten heutzutage nicht mehr so rosig ist, wie man es sich gemeinhin vorstellt, siehe unten:

Es gibt keine Vergnügungen

Ich habe die Nase voll

Leben traurig

Langweilig

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2 Meinungen

  1. Ich muss ehrlich sagen, dass ich nach Jahren des Unterrichtens das Gedicht „Vergnuegungen“ hasse. Speziell wenn die Frage nach „die Dialektik‘ kommt, stellen sich bei mir alle Nackenhaare auf.

    Ich habe also zu Erich Frieds „Was es ist“ gewechselt, und muss sagen, dass das Gedicht sich im Unterricht, speziell Anfangsunterricht genauso gut eignet wenn nicht besser.
    Nur eine Alternative fuer die Brecht mueden 😉

  2. Es gibt doch auch Online-Partnervermittlungen wie be2, in denen man gezielt nach einem Partner über 40 suchen kann. Durch diese Methode ist ein gegenseitiges Wollen gesichert.

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