Ich war heute Abend beim Saisonauftakt von Altona 93, die sich als ersten Testspielgegner den FC St. Pauli eingeladen hatten. 1.700 (!!!) Zuschauer folgten der Einladung und begrüßten die einlaufenden Mannschaften mit brennenden Bengalos. Die Partie war gerade wenige Augenblicke alt, als sich neben mich eine alte Frau drängelte. „Ich rauche, trinke Bier und bin Fan von St. Pauli" stellte sie sich allen umstehenden vor. Im Schlepptau hatte sie ihren Freund, der nicht weniger versifft aussah, wie sie selbst. Er erklärte ihr, wenn abseits war und warum der Schiri pfiff. Sie sprach nur von braun gegen weiß und stellte den klischeehaften Paulifan dar. Dahinter hatte sich ihre Tochter postiert, die glücklicherweise ruhig dastand, sich dann aber in der Halbzeit von 50 bis 80-jährigen auf der Tribüne angrabbeln ließ und lautstark davon berichtete. Sowie, dass sie laufend auf Klo muss und glücklicherweise auch ging. Samt Mutter.
Links stand der Opa mit einem Kumpel und seinem Enkel, der ständig zum Wurstholen abkommandiert wurde. Die beiden alten Herren kippten sich fleißig Bier in die Kehle, was sich später rächen sollte, als plötzlich Oma auftauchte und ihren Mann vor versammelter Mannschaft erstmal zusammenstauchte. Es war wenige Minuten vor Spielende und Oma guckte Opa nur in die Augen, um zu wissen, was Sache ist. Dabei hatte er keine fünf Minuten früher noch zu seinem Kumpel gefuselt, dass er kein Bier mehr vertrage, da er morgen früh hoch muss.
Naja, es war eine typische Mischung. Zum Glück pflege ich zu beiden Mannschaften gewisse Sympathien, so dass da wenig schief gehen konnte. Nach zehn Minuten kam von links: „Oje, Pauli wird die zweite Liga nicht überleben. Die sind ja so schlecht." Alle weiteren zehn Minuten hörte ich aus der Ecke, dass man „doch gar keinen Unterschied sieht und Altona richtig gut spielt." Von rechts beugte sich die Alte vor und fluchte nach links, wer es wagt, die gute Altonaer Chance da mit Applaus zu kommentieren. Ihr Freunde lehnte sich auch leicht vor und flüsterte ihr ins Ohr: „Das ist der Trainer von Altona." Worauf es ihr nur noch entfuhr: „Unmöglich!"
Während die Partie so dahinplätscherte unterstrichen die Linken immer wieder, was Altona doch für eine gute Mannschaft beisammen hat diese Saison und dass sie sicher ganz oben mitspielen werden. Und während Pauli angriff äußerten sie große Angst vor dem nächsten Dienstag, wenn Hansa Rostock in die Adolf Jäger Kampfbahn kommt. „Dann können wir hier nicht stehen", dann würde man doch lieber auf die Tribüne gehen, anstatt im Stehplatzblock, wo sich auch die Gäste immer postieren.
Pauli führte nach 28 Minuten mit 1:0 (Marvin Braun), Halbzeit, beide Mannschaften blieben draußen und besprachen unter freiem Himmel die Taktik der zweiten Hälfte. Beide Mannschaften tauschten munter durch und zehn Minuten nach Wiederanpfiff der Ausgleich. Verdient, wie man sagen darf. Altona hielt gut dagegen, wie es von links auch immer im regelmäßigen zehnminütigen Takt kam. Von rechts kam bald gar nichts mehr, da Mutter und Tochter wohl im Klo versunken waren oder sich auf dem Weg dorthin verlaufen hatten. Pauli versuchten noch mal mit Pressing ins Spiel zu kommen, doch in der letzten viertel Stunde hatte Altona die besten Torchancen, auch weil Luis Robles im Tor einige Unsicherheiten zeigte. Es blieb beim schmeichelhaftem Remis für Pauli. Von rechts zog der Freund der alten allein mit seinem Bier von dannen. Links stütze Oma Opa und brachte ihn samt Enkel nach Hause. Ein schöner Abend und endlich mal wieder Livefußball…