Die Stadt Weinan in der Provinz Shaanxi ist so bar jeder Attraktionen, dass sie es nicht einmal auf einen lausigen Eintrag im Lonely Planet geschafft hat. Auch das Internet gibt kaum mehr preis als den Wetterbericht. Gut so. Denn obgleich dieses knapp-1-Millionen Städtchen (siehe Geohive) genau in der Mitte zwischen dem Berg Huashan auf der einen und Xi'an und und seiner sagenhaften Tonarmee auf der anderen Seite liegt, verirrt sich kaum ein Tourist hierher.
Weinan hat ein wenig Chemie- und Druckereiindustrie. Vor allem ist es aber Umschlagplatz für Früchte und Gemüse der Region. Die Mautstationen um Weinan herum haben sogar eine Extra-Spur für Obsttransporter. Hier sind die Äpfel etwas saftiger, die Weintrauben süßer und die frischen Datteln (zauzi) knackiger als irgendwo sonst in China. Sagen die Menschen in Weinan.
Wir waren auf Rekrutierungsreise für unser Masterstudienprogramm nach Xi'an geflogen. Kaum waren unsere Vorträge abgehakt, übernahmen sofort Freunde eines unserer Professoren das Kommando. Statt in Richtung Tonkrieger düsten wir im Pajero auf Landpartie in das Städtchen am Weifluß.
In Deutschland würde man unser Ziel gern etwas schwülstig einen Landgasthof nennen. In China trifft es das nicht ganz. Ein kleiner Bauernhof, die Küche ist auf dem Hof, notdürftig abgetrennt mit ein paar Planen. Wir sitzen zu zehnt unter einer Plastikplane, der Wirt schafft das Essen heran, die Gäste haben sich ihren Schnaps selbst mitgebracht
Bestellt wird, was allen schmeckt. Keine überhöfliche Rücksichtnahme auf etwaige Empfindlichkeiten der Europäer wie in Shanghai, eher Kochen wie bei Muttern. Auch die Chinesen zieht es in der Freizeit gepflegt zurück an den Busen der Natur.
Der Hund kam als kalte Vorspeise, begleitet von einigen Runden Baijiu, Schnaps. Bei der Frage nach dem Hofhund schüttelt der Bauunternehmer neben mir entrüstet den Kopf: Gegessen würden nur Hunde, die extra zu diesem Zweck gezuechtet werden, eine echte Delikatesse. Weil das Hundefleisch mit seinem herben Wildgeschmack angeblich den Körper wärmt, ist es vor allem in Nordchina sehr beliebt. Bei der Verdauung hilft der würzige Reisschnaps – der Ehrengast muss nach alter Sitte immer ein Gläschen extra trinken, dann noch einmal mit einem der Anwesenden anstossen, damit er immer etwas "Vorsprung" hat. Ist eine Flasche fast leer, bekommt der Gast das letzte Tröpfchen – das soll Glück bringen.
Dazu gibt es Hasen, ein Hühnertopf mit einer göttlichen Brühe kommt auf den Tisch, gegarte Kartoffelscheiben, säuerlichen Karottensalat, kalte Aubergine, hauchdünne Pfannkuchen mit einer hausgemachten Chilisauce. Nudeln, Obstberge – frische grüne Datteln (schmecken ausgezeichnet wie eine Mischung aus Birnen und Apfel), saftige Äpfel und dicke Weintrauben.
Um halb elf brechen alle auf, und ich freue mich schon auf das Hotelzimmer. Dann halten wir in Weinan ohne Vorwarnung wieder an – auf das Abendessen folgt das Nachtmahl. Spiesschen vom Strassengrill, dieses Mal scharf gebratene Rinderknorpel (gilt in der Gegend als Delikatesse und ideale Beilage zum Bier, an BSE wird mal nicht gedacht). <!– D(["mb","
Am naechsten Morgen holte uns wieder ein Freund von Professor Wang ab und nahm uns mit zum Fruehstueck: eine kleine Garkueche mit einem Riesenkessel, in dem ein ganzes Lamm 24 Stunden koechelt. Bruehe und Fleisch werden mit Nudeln in eine Schuessel gegeben, darein brockt man sich frisch gebackenes Fladenbrot, kaut eine Knoblauchzehe oder zwei – fertig ist das Fruehstueck.n
Danach wollten wir eigentlich in den nahgelegenen Bergen wandern. Die Karten waren schon gekauft, als die beiden Chinesen auf einmal beidrehten und den Zimmer und mich im wahrsten Sinne des Wortes im Regen stehenliessen. Warum sie denn nicht mit auf den Berg kaemen? Wang sagte: Haben wir schon oft gesehen, wir warten in der Kneipe auf Euch…. Viel Spass!!!n
Die ungewoehnlichste Mahlzeit auf dieser Reise hatte ich uebrigens gar nicht richtig gewuerdigt in dem Augenblick: Am ersten Abend hatte uns die stellvertretende Praesidentin der Fremdsprachenhochschule Xi’an eingeladen (die Mutter einer meiner Studentinnen). Es gab die ueblichen Tellergerichte auf dem Drehtisch, ganz normal. Zum Abschluss kam eine ausgehoehlte, heisse und mit Suppe gefuellte Papaya. Die Suppe mit duennen durchsichtigen Pilzen war suess und wurde noch mit Mandelsaft aufgegossen. Einfach koestlich.n
Als ich Zimmer am naechsten Tag davon noch vorschwaermte, konnte er sich vor Lachen nicht mehr einkriegen. Die "Pilzsuppe mit Rindfleisch" entpuppte sich im Nachhinein als "Froschsuppe". Ohne Pilz. Die etwas gallertartige Substanz in der Suppe war irgendwas aus dem "Unterleibsbereich" der Lurche, sagte Zimmer etwas unbestimmt. Er halte sich bei diesen Sachen immer sehr zurueck, nur zwei Loeffelchen der Hoeflichkeit wegen (ich hatte meine Papaya natuerlich noch ausgekratzt….) Das Essen hatte jedenfalls deshalb ein kleines Vermoegen gekostet – schliesslich foerdern solche Ingredienzien die Manneskraft, und dafuer ist ja nicht zu teuer….n
In diesem Sinne weiter frohes Schaffen bei trocken Brot und Tee!
Deine Anja“,1] ); //–>
Am nächsten Morgen steht einer der Freunde schon wieder um 7.30 Uhr in der Lobby, holt uns ab zum Frühstück. Es geht in eine kleine Garküche, die üblichen Holzschemel im schmucklosen Essraum. Hinten im Innenhof die Küche mit einem Riesenkessel, in dem ein Lamm 24 Stunden köchelt. Brühe und Fleisch werden mit Nudeln in eine Schüssel gegeben, darein brockt man sich frisch gebackenes Fladenbrot, kaut eine Knoblauchzehe oder zwei – fertig.
Den Huashan haben wir dann übrigens auch noch bestiegen, das eigentliche Ziel der Fahrt nach Weinan. Schließlich ist der Huashan einer der fünf heiligen Berge des Daoismus und daher ein Must für jeden Pilger. Ich bin auf dem Berg mit Segelschuhen für 3,50 Euro herumgekraxelt, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Ich bin nicht sehr oft in China. Aber essen die wirklich Hunde? Ich meine in China ist jedes Tier ein normales Lebewesen, man hat keine Liebesbeziehung, aber essen?!? Bin ich naiv?Igor