Es war eine wohl überlegte Aktion und ein Musterbeispiel medienwirksamer Inszenierung. Erst bringt der SPIEGEL die mittlerweile legendäre „Er kann es“-Story, dann wird zur besten Sendezeit bei Günther Jauch vor fast 6 Millionen Zuschauern getalkt und schließlich titelt die ZEIT „Die Partie ist eröffnet“ – Peer Steinbrück ist in aller Munde. Dass diese Medienauftritte ursprünglich wegen des Buches „Zug um Zug“ von den Politgrößen Schmidt und Steinbrück angesetzt wurde, ist im Nachhinein eher uninteressant, auch wenn der enorme Rummel dem Verkauf des Buches nicht geschadet haben wird. Viele Leute können sich nun Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat vorstellen – die Sache scheint ein voller Erfolg gewesen zu sein.
Peer Steinbrück erst Autor und bald Kanzlerkandidat?
Steinbrück, der sich hinter dem Anlass der Veröffentlichung seines Buches verstecken kann, hat sich mit der „Kampagne“ enorme PR verschafft. Das Buch, welches er zusammen mit Schmidt schrieb, ist ähnlich wie sein vorheriges Werk „Unterm Strich“, eine Art Leitfaden durch die Krise. Steinbrück hat in seiner Zeit als einfacher Abgeordneter die Zeit genutzt, um seine Ideen festzuhalten und sein Konzept zu präsentieren. Diese Zeit ohne verantwortungsvollen Posten in der SPD ist von Steinbrück perfekt genutzt worden. Aus einer Besserwisser-Perspektive kommentiert er geschickt und gewandt die stolpernde Regierung und beweist erneut sein enormes Talent als Taktiker. Peer Steinbrück als Kanzlerkandidat? Das können sich nun immer mehr Deutsche vorstellen.
Auch Leitmedien wie SPIEGEL, ZEIT oder die ARD gaben Steinbrück und Schmidt Raum und Zeit, sich zu präsentieren. Mit dem sympathischen und hochgradig beliebtem Schmidt konnte Steinbrück eher wenig falsch machen. Den Fehler, die Sache zu offensiv anzugehen, hat er jedoch auch nicht gemacht. Das Medieninteresse war groß. Auch die indirekte Abstimmung per Fernbedienung gewannen Schmidt und Steinbrück deutlich vor Merkel, welche Wochen zuvor ebenfalls zur besten Sendezeit bei Jauch gesessen hatte; bei ihr hatten jedoch deutlich weniger Menschen eingeschaltet.
Überraschend souverän im Umgang mit der Sache zeigte sich die SPD – auch sie ist ein Gewinner. Dass ein einfacher Abgeordneter deutlich beliebter ist als die CDU Granden dürfte bei den Sozialdemokraten für ein heftiges Schmunzeln sorgen. Die ganze Kampanie war durchweg abgesprochen und auch Steinbrücks Verschwiegenheit in Bezug auf eine mögliche Kandidatur seiner Person schien abgestimmt. Für die möglichen Konkurrenten Gabriel und Steinmeier bestand also kein Grund zur Diskussion. Die SPD zeigt sich geschlossen und aufgeschlossen. Das Peer Steinbrück als Kanzlerkandiat ernannt wird, ist nicht wahrscheinlicher geworden, „Dafür ist es noch zu früh“ , so die einheitliche und vernünftige Meinung.
Jetzt schon über die nächste Wahl zu sprechen, ist definitiv verfrüht. Doch schon jetzt hört man im Alltag zunehmends Stimmen, welche sich Steinbrück als Kanzler wünschen. Satzfetzen wie: „Mit dem hätten sie eine Chance“ oder „Der kann die Merkel schlagen“ schnappt der interessierte Verfolger der Diskussion oft auf. Fakt ist, Steinbrück hat den höchsten Beliebtheitswert deutscher Spitzenpolitiker. Ein anderer Vorteil ist seine unanzweifelbare Kompetenz in finanziellen Dingen, was bei der jetzigen politische Situation ein großer Vorteil ist. Außerdem kann Steinbrück Stimmen über den rechten Rand der SPD hinaus bei Unions-Wähler fischen ohne Wähler der programmatisch nach links gerückten SPD zu vergraulen. Jetzt heißt es für Steinbrück die positiven Rückmeldung seiner Auftritte aufrechtzuerhalten. Denn bis zur Bundestagswahl sind es noch zwei Jahre – ein Fakt, den man bei der ganzen Diskussion leicht vergisst.
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