Jüngstes Beispiel: Newt Gingrich, ehemaliger Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus und einer der führenden Republikaner in den USA. Er war maßgeblich an der Kampagne und der anschließenden Untersuchung bezüglich Bill Clintons Verfehlungen in der Affäre Monica Lewinsky beteiligt.
Damals wollte er Clinton des Amtes entheben weil dieser vor einer Jury die Unwahrheit über seine Beziehung zu der ehemaligen Praktikantin Lewinsky aussagte. Nun offenbarte Gingrich in einem Interview mit dem erzkonservativen Evangelikalen James Dobson, dass er selbst eine außereheliche Affäre hatte – und zwar während des Impeachment-Verfahrens gegen Clinton.
Welch Doppelmoral! Da sitzt also Herr Gingrich und lässt sich von Bill Clinton genüsslich jedes Detail aus dessen Privatleben berichten, insbesondere, welche Beziehung letzterer denn nun genau zu Frau Lewinsky habe. Das alles wird selbstredend politisch ausgeschlachtet und trug nicht unwesentlich zur äußerst knappen Niederlage Al Gores im Jahre 2000 bei. Schließlich waren die Republikaner mit dem Versprechen einer moralischen Erneuerung Amerikas nach den „wilden" Clinton-Jahren angetreten.
Dabei erscheint die Eignung der Republikaner hinsichtlich moralischer Urteile in jüngster Zeit fraglich. Erst kürzlich musste der Abgeordnete Mark Foley zurücktreten nachdem sexuell anstößige Kontakte seinerseits mit minderjährigen Praktikanten bekannt wurden. Pikant dabei: die gesamte Führungsetage der Republikaner soll seit längerem davon gewusst, aber nichts dagegen unternommen haben.
Und jetzt auch noch Gingrich, einer der Architekten der „konservativen Revolution" von 1994. Bisher hatte er sich gute Chancen für die Präsidentschaftswahlen 2008 ausgerechnet. Jetzt kann er sich wohl wieder anderen Dingen widmen können, denn es ist kaum vorstellbar das die große und wichtige Gruppe der Evangelikalen einen Ehebrecher wählen wird.