Visions weekly – weiter hintendran kann man eigentlich nicht sein

Ich dachte ja eigentlich, es würde im pdf-Format erscheinen, schön offline les- und archivierbar, notfalls auch auszudrucken. Aber Pustekuchen. Man muß das Ding am Bildschirm lesen, und ohne Flash und Javascript passiert gar nichts. Und so geht es weiter: Die Seite vergrößert mir mein Browserfenster. Nennt mich konservativ, aber das ist für mich noch immer eine Usability-Frechheit. Darauf wird aber ohnehin wenig Wert gelegt. Wie lange das Teil lädt, wenn man nicht auf einer Breitbandleitung unterwegs ist, möchte ich mal wissen. Und dann noch ungefragt Musik aus einer Anzeige heraus. Das mögen vielleicht die Leute, die es auch super finden, wenn sie Kai Pflaume vom Webseitenrand anquatscht und etwas über Viva-Vital-Produkte erzählt. Ich höre ganz gerne Musik beim Surfen, und wenn My Chemical Romance plötzlich von Seite 17 aus in meinen Jeff-Buckley-Song hineinplärren, klingt das nicht sehr schön und erzeugt auch sicher keinen Kaufanreiz.

Beim Umblättern (indem man in die Seitenecken klickt) gibt es ein Geräusch, ein Rascheln, so wie es eben beim Umblättern raschelt. Das hält man im Hause Visions vermutlich für pfiffig. Wenn ich was lesen möchte, muß ich klicken, um die Seite auf eine lesbare Größe heranzuzoomen, und dann alles mit dem Mauszeiger hin- und herschieben. Das ist besonders ineffektiv bei den Tourdaten. Als gäbe es keine klugen Online-Anwendungen gerade für sowas wie Tourdaten!

Der einzige Reiz liegt darin, Bewegtbild und Audio in einem Printlayout zu sehen. Das wird einen aber spätestens ab der dritten Ausgabe auch nicht mehr aus den Socken hauen. Warum also der ganze Streß, wofür ein eigenes sechsköpfiges Team, wozu E-Paper versuchen, das schon bei den Tageszeitungen nicht überzeugt hat?

Wenn man liest, was Herausgeber Michael Lohrmann in den Mediadaten zu "Visions weekly" schreibt, scheint's, als hätten die Kollegen einfach dieses Ding mit dem Web 2.0 nicht verstanden. Wir begnügen uns nicht damit, verkündet Lohrmann, "bereits bekannte oder kommende Inhalte aus VISIONS Print im e.paper (sic!) weiterzuverarbeiten und realisieren damit unsere Interpretation von 'web 2.0'."

Das, liebe Visions, ist doch nun wirklich Bullshit. Partizipationsmöglichkeiten beschränken sich bei "Visions weekly" darauf, Freunden das Ding weiterzuempfehlen. Ich kann Texte nicht verlinken, geschweige denn trackbacken oder kommentieren. Das Abo wird per E-Mail ausgeliefert und nicht per RSS. Hier läßt sich nichts "remixen" oder "mashen", da ist mittlerweile sogar das ZDF weiter. Keine Spur von weisen Massen, sondern Massenspeisung, jeden Donnerstag um 18 Uhr. Die Vorteile des Internet werden durch wöchentliche Erscheinungsweise ganz sicher nicht optimal genutzt. Und eigentlich war man sogar schon im Web 1.0 weiter: Trennung von Inhalt und Form. Barrierefreiheit. So Sachen.

"Visions weekly" hat nicht nur mit Web 2.0 nichts zu tun; es ist noch nicht mal Internet. 300.000 Leser will man bis zum Jahreswechsel haben. Ich jedenfalls bin keiner davon.

2 Meinungen

  1. Schlechten Tag gehabt? Das Format des E-Papers ist super. Endlich Anzeigen mit Audio, so weiß man endlich wofür die Dinger werben. Videos abspielen, während man einen Artikel liest. Heftgefühl im Netz… wunderbar!Klar, mit Web 2.0 hat das nicht viel zu tun, aber ein bisschen ins Horn blasen ist erlaubt. Außerdem ist das Format noch lange nicht ausgereizt.

  2. Hey Dude,“Außerdem ist das Format noch lange nicht ausgereizt.“Das läßt mich noch Schlimmeres befürchten. Aber danke, daß Ihr nicht versucht, hier einen Kommentar zu faken!

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*