Es waren lange und turbulente Sitzungen, in denen die Abgeordneten der Volkskammer über den Beitritt zur Bundesrepublik debattierten und stritten. Dabei war es nicht der Beitritt selbst, um den gefeilscht wurde, sondern der Termin für die offizielle Wiedervereinigung. Am 23. August 1990, nachts um 2:47 Uhr, beschlossen die Abgeordneten des DDR-Termins dann den Beitritt zum 3. Oktober.
15 verschiedene Termine im Gespräch
Gregor Gysi, damals Abgeordneter der SED-Nachfolgepartei PDS, brachte es am 22. August auf den Punkt beziehungsweise die Zahl. Sage und schreibe 15 Termine für den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik seien in den vergangenen Wochen ins Spiel gebracht worden, rechnete Gysi seinen Mitabgeordneten am Abend des 22. August vor, und stellte die rhetorische Frage: „Welcher DDR-Bürger soll das noch verstehen?“
Bloß kein weiterer Jahrestag für die DDR
Die Wiedervereinigung war beschlossene Sache, ebenso der Weg dahin: Die DDR würde gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beitreten, dies war der einfachste, schnellste und von der Bevölkerung in West und Ost bevorzugte Weg. Doch was noch nicht geregelt war, war das wann. Und darüber konnten sich die Parteien in der Volkskammer zunächst nicht einigen, während der Druck der DDR-Bevölkerung immer größer wurde.
DDR-Ministerpräsident Lothar de Maizière rief schließlich am 22. August das Parlament zusammen, um den von ihm präferierten Termin 14. Oktober zur Abstimmung zu bringen – und geriet dann wieder ins Schwanken bezüglich des Termins. Der Grund: Die DDR hätte so noch am 7. Oktober ihren 41. Jahrestag erlebt – und es zeichnete sich ab, dass die Mehrheit der Abgeordneten der DDR keinen weiteren Jahrestag zugestehen wollte. Die Bundesregierung um Bundeskanzler Helmut Kohl hatte sich mit Terminvorschlägen, sie erklärte öffentlich lediglich jeden Termin für „sinnvoll, der nach dem 2. Oktober liegt“. Somit war das Zeitfenster vorgegeben – und eng. Es blieben nur vier Termine, der 3., 4., 5. und 6. Oktober – man einigte sich dann mitten in der Nacht auf den 3. Oktober.
Da fehlt doch was…
Bei der Formulierung und Verlesung des Beschlusses kam es jedoch zu einem Fehler, auf den ausgerechten der PDS-Mann Gysi hinwies. Im Beschluss der Volkskammer hieß es: „Die Volkskammer erklärt den Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit Wirkung vom 3. Oktober 1990.“ Damit wäre aber nur die Volkskammer beigetreten, es musste „Die Volkskammer erklärt den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich…“ heißen. Der Fehler wurde korrigiert, der Beschluss erneut verlesen – und am 3. Oktober war die DDR Geschichte.
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