Nehmen wir den 'Pleitegeier'. Zur Zeit hat dieser aus Funk und Fernsehen sattsam bekannte Vogel wieder viel zu tun. So kreist der Pleitegeier über AMD, Google ortet ihn aber auch über NRW, über deutschen Handwerksbetrieben, über der Luftfahrt oder über Arztpraxen. Nur fünf von zahllosen Fällen. Kurzum: Wir erblicken hier eine der liebsten Metaphern des klischeeverhafteten Journalisten. Und es ist ja auch ein zu schönes Bild: Unten liegt das verendende Opfer mit leeren Taschen in der gnadenlosen Sonne der freien Marktwirtschaft – und oben kreisen schon die gierigen Aasfresser.
Nur hat das Wort 'Pleitegeier' mit dieser an Django-Filmen geschulten Gedankenwelt nicht das geringste zu tun. Das Wort stammt nämlich aus dem Niederdeutschen. Ein 'Pleitegeier' ist schlich ein Mensch, der 'Pleite geit'. Nicht mehr, und nicht weniger …
Werbung
Och, jetzt machen Sie aber mal einen Punkt, ja? Niederdeutsch muss man neuerdings auch noch beherrschen – sonst noch Wünsche? Als ob man mit dem Hochdeutschen nicht schon genug um die Ohren hätte. Ist es nicht eigentlich auch ein wenig wurst, wo es herkommt, solange das Bild halbwegs funktioniert? Hinter »das kann kein Schwein lesen«, steckt doch auch nicht das klassische Hausschwein, wenn ich richtig informiert bin, sondern irgendein Analphabet namens Swyn oder so. Und? Ich meine, sicher, fürs Forscherherz ein weites und ergiebiges Feld, aber für jeden Tag doch ein bisschen viel verlangt, oder?
Jaja, nur handelt es sich hier um einen „sattsam bekannten“ Missbrauch, wie ich oben schrieb. Seit Wustmanns und des seligen Tucholsky Zeiten wird dieser ‚Pleitegeier‘ immer wieder semantisch und etymologisch seziert und gut durchgebraten dem deutschen Leser und Schreiber serviert. Aber der unverwüstlichste Zombie der deutschen Sprache steht hinterher immer wieder auf (s. z.B. meine Google-Hinweise). Diese Stand-Up-Qualitäten sind schon ein Phänomen. Weiß eigentlich jemand, wie dieser Phönix aus der Asche aussieht?