THINK! ACT! PLAY!

Der Artikel in der aktuellen Ausgabe der LO handelt von der Ausbildung zum "systemischen Practitoner" an der Open University in Großbritannien. Mit der Methapher des Jongleurs mit 4 Bällen beschreiben sie die 4 wichtigen Elemente im Leadership für den systemischen Practitoner. Aus dem englischen Original geht hervor:

"The case is made that an effective practitioner has to continuously think about, and act to maintain, four elements (the four balls in the air); the processes of Being a practitioner, the situation being Engaged with, putting the approach taken into Context and Managing in the situation."

In der deutschen Übersetzung ist weiterhin zu lesen:

"Das Bild des Jongleurs spricht viele an, weil es eine Dynamik wiederspiegelt und in Übereinstimmung mit dem täglichen leben steht, das uns oft wie ein Jonglieren mit Aufgaben, Rollen, Verantwortlichkeiten, Erklärungen usw. vorkommt."

Das Bild des Jongleurs als Methapher zum systemischen Ansatz finde ich geeignet. Ich selbst jongliere tatsächlich und habe zum systemischen Ansatz bzw. zum 2nd Order-Learning meine eigene Analogie:

  1. Loslassen, statt zwanghafte Kontrolle
  2. Wahrnehung der Situation, Gewahrsamkeit
  3. Üben und Selbstbeobachtung
  4. Kreative und positive Konstruktion im Lernkontext

Dazu möchte ich gerne unseren 2nd-Order-Learning-Ansatz an meinem eigenen Lernprozess des Jonglierens reflektieren. Mit diesem Ansatz ist es mir gelungen bereits am zweiten Abend eines Kurses 3 Jonglierbälle in der Luft zu halten, während andere Teilnehmer bereits den zweiten Kurs besuchten.

Loslassen, statt zwanghafte Kontrolle

Das Loslassen ist in der Tat ein zentrales Element beim Lernen. Verkrampftes lernen verhindert die kreative Selbstreflektion des eigenen Lernprozesses. Ist man jedoch locker und offen, auch gegenüber der eigenen Fehler, fällt Lernen leicht und funktioniert spielerisch, fast von selbst. Im Lernprozess des Jonglierens kann man genau dieses Loslassen körperlich erfahren und üben, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes. Der erste Schritt zum Erfolg ist das Hochwerfen und Los-Lassen der Bälle, indem man zulässt das die Bälle ersteinmal außerhalb der direkten Kontrolle sind. Viele Menschen wechseln zuerst die Bälle von der rechten in die linke Hand und umgekehrt, werfen Sie aber nicht nach oben, weil sie Angst haben, dass die Bälle sonst herunterfallen (Verlust der Kontrolle). Dieses Los-Lassen von der "Angst haben" ist wichtig. Da ich lerne, dürfen die Bälle nämlcih runterfallen. Darüber sollte man sich nicht Ärgern, denn Ärger hemmt den Lernprozess. Bei meiner Arbeit als Trainer und Coach habe ich immer wieder festgestellt, dass ein zentraler Schlüssel darin zu finden ist, die Mitte zu finden zwischen zielstrebigen Lernen und zu verkrampften, verissenen Lernen.

Wahrnehmung der Situation, Gewahrsamkeit

sich "In der Situation" befinden und die Wahrnehmung zu verfeinern, ist nicht nur beim Lernprozess des Jonglierens sondern auch beim Erlernen aller anderen Fertigkeiten wichtig. Dies gilt genauso für körperliche Lernprozesse (Jonglieren lernen), wie für kogintive Fertigkeiten (z.B. programmieren lernen auf dem Computer). Ein weiterer Schlüssel sind hier z.B. NLP-Techniken, wie die Arbeit mit NLP-Submodalitäten in den verschiedenen NLP-Repräsentationssysemen.

Üben und Selbstbeobachtung

Der Weg zum Ziel beim Üben ist von Fehlern gepflastert. Fehler gehören zum Lernen. Bei manchen Menschen ist allerdings das erkennen von eigenen Fehlern gestört, weil in unserer Kultur der Begriff des Fehlers oftmals mit der negativen Assoziation des Versagens verbunden ist. Ist diese Blockierung vorhanden, kann effizientes und effektives Lernen nicht geschehen. Kybernetisches 2nd Order-Learning entfernt diese Einstellung und begreift "Fehler" im kybernetischen Sinne als eine Abweichung vom Ziel, im Sinne eines regulierenden Lern-Regelkreises.

Kreative und positive Konstruktion im Lernkontext

Wie schon weiter oben angedeutet ist die positive und kreative Konstruktion des Lernens und des Lernkontextes sehr wichtig. Aus einem negativ assoziierten Fehler wird eine einfache Abweichung. Darüber hinaus werden unterschiedliche Grade des Könnens akzeptiert. Nur aus einem Unterschied im Können ist eine Lern-Entwicklung möglich. Akzeptiert und erkennt man ersteinmal das eigene Nicht-Können oder Nicht-Wissen, ist die erste Voraussetzung zum Lernen gegeben, insofern dies als positiv und natürlich empfunden wird. Nur hieraus ist persönliches Entwicklungspotential erst möglich. In diesem Sinne ist jeder ein Idividuum mit seinen eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten in seiner eigenen Wirklichkeit.

Den Artikel von Roy Ison und Rosalind Armson finde ich interessant. Insbesondere die Methapher des Jongleurs kann ich mit meiner eigenen systemischen Arbeit verbinden.

Nachtrag 12.10.2006

Hier der Link zum englischsprachigen LO-Artikel .

5 Meinungen

  1. Rosalind Armson

    Do you speak English? I’d be interested in a conversation.Rosalind Armson(& Ray Ison)

  2. Andreas Mertens

    Nice to see that english speaking people are interessted in that page. Just contact me under andreas.mertens@4th-arcanum.deregards,Andy

  3. Hallo Andy, hieße das im Umkehrschluss, dass man nur erfolgreich wird, wenn man die Angst vor dem Versagen ablegt? Um die Kontrolle aufzugeben, muss man diese doch erst mühseelig erlangen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Angst umso größer ist je wichtiger einem eine bestimmte Situation erscheint. Ergo ist es umso schwerer jegliche Kontrolle „leichtfertig“ aufzugeben in der Gewissheit, dass man nicht mehr „Herr“ der Lage ist. Somit blockiert man sich durchaus selbst und erschwert den eigentlichen „Erfahrungsprozess“ (im wahrsten Sinne des Wortes). Auch ich wäre an einer weiteren Diskussion sehr interessiert.

    Liebe Grüße
    Mirza

  4. Hallo Mirza,

    ich habe die Erfahrung gemacht, dass, je lockerer ich mich in eine Situation begebe, desto gewinnbringender die jeweilige Situation für mich ausgeht!

    Hat man Angst vor dem Versagen, so schränkt man ja auch seinen Handlungsspielraum ein! Dass heisst, Handeln bedeutet dann, Fehler zu machen, weil man ja versagen könnte. Vermeide ich aber eine Handlung, bekomme ich auch nie ein Feedback. Oder ich erfahre auch nie, ob die Handlung hätte gewinnbringend für mich sein können.

    Ich denke es ist auch relevant, wie man Versagen für sich definiert. Eigentlich gibt es kein Versagen 🙂

    Nehmen wir ein Beispiel:

    Angenommen ein Mitarbeiter einer großen Firma traut sich nicht, einen Vorstand, den er doch hin und wieder in einem Abstand von 10 Meter begegnet (z.B. in der Kantine, auf einer firmeninternen Veranstaltung oder im Foyer), anzusprechen. Hier wäre die Frage zu stellen, warum sich der Mitarbeiter nicht traut. Vermutlich kommt man schnell dahinter, dass Ängste der Abweisung oder einer Gering- oder Nichtwertschätzung eine Rolle spielen. Ergo wird der Mitarbeiter den Vorstand nie ansprechen. Er wird also nie erfahren, was passiert wäre, wenn er es doch getan hätte.

    Mit solchen „Mustern“ schränken wir oft täglich unseren Handlungsraum ein, wodurch uns gewinnbringende Chancen/Optionen durch die „Lappen“ gehen 🙂

  5. Wer nicht wag, der nicht gewinnt.

    oder

    Wer nicht spielt kann auch nicht verlieren, wird aber auch nie gewinnen.

    Viel zu selten stellt sich die (ich sag mal…) „Arbeitsdrohne“ neuen Herrausforderungen oder geht offensiv auf Führungskräfte zu um Probleme anzusprechen.

    Wenn man selbständig ist hat man oft keine Wahl. Der Kunde fragt ob man eine bestimmte Leistunge erbringen kann. Ein „Nein“ ist in jedemfall schädigend für das eigene Geschäft und man kann alles lernen oder organisieren!

    In beiden Fällen ist man meiner Meinung nach nur erfolgreich wenn man generelle Ängste ablegt. Was nicht heißt, dass man albern wird oder den Respekt vor seinen Gegenüber verliert.

    Ich denke man wächst in diese Lockerheit rein, wenn man sich dieser Sache bewußt wird.

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