Texte, die schlicht auf einer Stilhöhe verharren, taugen nichts. Jeder kennt die textlichen Ergüsse, mit denen uns die Tanja-Anjas und andere PR-oleten aus der Werbeszene verwöhnen möchten: „Als weltweit erfolgreichstes Unternehmen im B2B-Bereich bietet die Dröhnbaddel Inc. optimale Lösungen auf höchstem Niveau für anspruchsvollste Kunden als unangefochtener Marktführer an." Man kennt das – vor lauter Selbstbesoffenheit türmen sich in diesen Sätzen die Superlative, total angekifft und „high" klebt der PR-Text wie ein Luftballon unter der Decke, unerreichbar und absolut uninteressant zugleich. Das Resultat ist so glaubwürdig wie ein ausgebuffter Versicherungsvertreter.
Anders ausgedrückt: Der Superlativ ist für jede Blog-Kommunikation ein denkbar ungeeignetes Mittel. Ganz anders verhält es sich mit der «Steigerung» – oder der Klimax:
Mit ihrer Hilfe führt man den Inhalt eines Satzes vom weniger Bedeutsamen zum höchst Bedeutsamen: „Ich kam, ich sah, ich siegte". Oder abwertend: „Das ist schlecht, das ist sogar grottenschlecht, oh, was ist mir schlecht!". Lustige Wirkungen lassen sich erzielen, wenn man die erwartete Reihenfolge der Klimax ironisch bricht: „Es gibt Feinde, es gibt Todfeinde – und dann gibt es noch Parteifreunde". Auch Klassiker tummeln sich hier: „Er sei mein Freund, mein Engel, mein Gott" (Schiller). Bzw. aus dem Stand heraus «zusammengefingert»: „Ich kann nicht nur reden, ich kann auch schreiben, ja, ich kann sogar bloggen".
Die rhetorische Redefigur der Klimax – bzw. Antiklimax, wenn's bergab geht – ist deshalb interessant, weil sie den Leser „durch die Oktaven" führt und mit seinen Erwartungen spielt: Sie verharrt nicht, wie die zwitschernden Tanja-Anjas der PR-Szene, stur auf einer superlativischen Tonhöhe, sie kennt viele Töne, und hat dabei das Lachen und das wachsende Interesse des Lesers auf ihrer Seite.
Die Klimax ist aber nicht nur eine Figur, die sich in einem Satz erschöpfen muss. Ganze Geschichten folgen oft diesem Muster – zum Beispiel das «Märchen vom Fischer und siener Fru». Von bitterster Armut führt der Weg des Paares in einer «erzählerischen Steigerung» immer weiter empor, bis sich die Frau blasphemisch verhebt, indem sie Gott gleich sein möchte. Prompt erfolgte der Sturz in den Abgrund der Anti-Klimax: Beide sind wieder so arm wie zuvor. Man denke aber auch an die «Antihelden» im Film – zum Beispiel an Dustin Hoffman in «Little Big Man», wo dieser notorische Loser, der immer tiefer sinkt, am Ende der wirkliche Held der Geschichte ist.
Kurzum: Der Gebrauch der Klimax ist eine fantastische Möglichkeit, Spannung und Dynamik in unsere Texte zu bringen und das Gleichmaß zu vermeiden – diesen Feind jeder spannenden Lektüre.
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