Politischer iranischer Roman von Shahram Rahimian
Shahram Rahimian wurde 1959 in Teheran geboren und studierte ab 1976 in Deutschland.
Der neue Kurz-Roman aus seiner Feder – Dr. N. liebt seine Frau mehr als Mossadegh – ist das zweite Werk, das auch auf Deutsch erscheint.
Die Handlung spielt 1980, nämlich nach Erinnerung des erzählerischen Ichs 13 Jahre nach dem Tod des 1953 durch CIA-Hilfe aus dem Amt geputschten iranischen Machthabers Mossadegh.
Stimme der 93 Seiten Roman-Erzählung ist Mossadeghs Stellvertreter Dr. N., der sich im Laufe von Jahren der Reue, Angst und sozialen Isolation mehrere Egos zugelegt hat, manche mutiger und manche weinerlich, manche sehen klar, verdrängen oder reden schön.
Kern der Handlung ist die wachsende Verzweiflung der Hauptfigur Dr. N, der genau zum Höhepunkt des Machtwechsels 1953 öffentlich gegen den von ihm abgöttisch verehrten Mossadegh aussagt. Die für ihn qualvolle Aussage geschieht in Haft und ist schmerzhaft erzwungen durch den tief bewegenden Faktor, dass angeblich im Nebenraum seine Frau misshandelt wird. Wie das im Buch auf wenigen Seiten in eindringlicher Sprache umgesetzt wurde, hat Seltenheitswert.
Im Grunde befassen sich die um diesen Handlungskern schwebenden Erinnerungs-Ebenen mit den Folgen oder dem Bedauern, dass es so weit kam, und mit den Versäumnissen in der Ehe von Dr. N und seiner verstorbenen Frau Malektadsch. Es ist ein schmerzhafter Liebesbeweis an diese Frau, der Titel gebend für das Buch ist – dass nämlich der verhaftete Dr. N. sich trotz starker Sympathie für Mossadegh zu einer Aussage gegen ihn entscheidet, weil die Angst um seine gefolterte Frau größer ist.
Der weitere rote Faden der Handlung ist eher ein verstörendes Knäuel von Gedanken, die ähnlich wie beim Klassiker „Dr. Jeckyll und Mr. Hyde“ sich mit nüchterner, klarer und verschwommener Stimme abwechseln – Die Verwandlung der Charaktere tritt hier jedoch durch Alkohol hervor, und was der mit dem Kopf, den Selbstzweifeln und dem Selbstwertgefühl eines Menschen anrichten kann, beschreibt das Buch ebenfalls sehr feinsinnig und ohne Schnörkel.
Der Verlag konnte stolz folgende iranische Pressestimme weitergeben:
„Eine der glänzendsten, rührendsten und qualvollsten Liebesgeschichten, die je im Iran geschrieben wurden.“
Auch wenn man kein Persisch spricht und die exzellente Übersetzung von Tanja Amini beachtet – das ist doch ein zu großes Lob. Sicher, die Sprache ist beeindruckend und vor allem die Zwickmühle der kurzen Handlung ist dramatisch zugespitzt. Dennoch gibt es sicher einige große Epen und lyrische Werke, die mehr für Iran bedeuten sowie sprachlich und inhaltlich noch einflussreicher und themenübergreifender sind.
Der Autor Shahram Rahimian lebt heute in Hamburg und erfreut sich einer wachsenden Anhängerschaft von begeisterten Lesern, die seine eindringliche, minimalistische Sprache als seltenes Geschenk betrachten.
Für den Autor hat es einen bitteren Beigeschmack, nun in Hamburg Interviews auf Deutsch oder Englisch zu geben – denn in seinem Heimatland und dem Land der Handlung – Iran – kann man das Buch nicht mehr einfach kaufen und lesen. Nur wenige Monate war es gedruckt, dann verboten.