Neu-Dehli: Kein Deutsch-Unterricht mehr an Indiens Schulen?

Indische Eltern denken an die Zukunft ihrer Kinder: Mit Deutsch haben sie bessere Jobchancen.Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das Deutschland in Indien in die Wege geleitet hat: Bis 2022 sollen eine Million indischer Schüler Deutsch lernen. Was als zukunftsträchtiger „Meilenstein“ für die Beziehungen zwischen Deutschland und Indien galt, könnte nun schon wieder vorzeitig beendet werden. Denn bisher zögert Indiens neue Regierung unter Hindunationalisten Narendra Modi um weitere drei Jahre zu verlängern. Der Grund für Modis Zögern ist eine Klage der Sanskrit-Lehrer, die sich damit gegen die Sprachkonkurrenz auflehnen.

Deutsch-Unterricht an indischen Schulen boomt

Über die gute Beziehung zwischen Deutschland und der aufstrebenden Wirtschaftsnation Indien legt sich ein trüber Schleier. Und dabei sah alles so rosig aus: Seit 2011 haben Schüler der staatlichen Schulkette Kendriya Vidyalaya Sangathan (KVS) die Möglichkeit, Deutsch als dritte Fremdsprache zu lernen. Die Schule hat verfügt über 1.000 Niederlassungen und wendet sich vor allem an Kinder staatlich Angestellter.

Die Nachfrage ist groß: Knapp 80.000 Kinder an etwa 500 Schulen büffeln Deutsch. Weitere Schulen mit Lernwilligen sollen folgen. Aufgrund des großen Erfolgs bildete das Goethe-Institut kurzfristig 700 Deutschlehrer aus. Und auch das Auswärtige Amt fordert das verheißungsvolle Projekt, wenn auch nicht ganz uneigennützig: Es geht nicht nur um ein Zusammenschweißen der beiden Nationen, sondern vielmehr darum, mit gut ausgebildeten Indern den befürchteten Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken.

Und so füllen sich die Deutschklassen, während die Teilnehmerzahl im Sanskrit-Unterricht sinkt. Das wiederum stört die Sankrit-Lehrer, die zudem das Angebot der KV-Schulen, sich als Deutschlehrer ausbilden zu lassen, ablehnten. Ihren Unmut brachten sie mit Unterstützung ihres Verbands „Sanskrit Shikshan Sangh“ zum Ausdruck und zogen im vergangenen Jahr vors Gericht. Denn die Entwicklung verstoße nicht nur gegen das Curriculum, sondern ebenfalls gegen die Verfassung Indiens.

Nun sieht der Lehrplan in Indien die „Der-Sprachen-Formel“ vor: Hindi, Englisch sowie eine weitere indische Sprache sollen die Schüler lernen. Und bei der dritten Fremdsprache handelte es sich bisher um das altehrwürdige Sanskrit. Denn obwohl nur 14.000 der 1,2 Milliarden Inder diese Sprache beherrschen, ist keine andere Sprache wie Sanskrit derart tief mit der indischen Kultur verbunden. Für Hindus gilt Sanskrit auch heute noch als die „Heilige Sprache“.

Indiens Regierung wünscht sich eine Wiederbelebung ihrer Kultur

„Ausländische Sprachen werden auf Kosten von Sanskrit gefördert“, klagten die Sanskrit-Verfechter vor Gericht – während die KVS-Führung das Deutschprogramm verteidigte, da es die künftige Karriere indischer Schüler fördere. Und auch für viele Eltern scheint Deutsch die zukunftsträchtigere Wahl zu sein, da sie sich bessere Jobchancen in der globalisierten Wirtschaftswelt erhoffen. Das indische Bildungsministerium schien das aber nicht Argument genug zu sein und schwenkte auf der Linie der Sanskrit-Lehrer ein. Einer der Hauptgründe dürfte sein, dass sich Indien neue Regierung die Bewahren und Wiederbeleben der indischen Kultur auf die Fahne geschrieben hat.

Foto: Thinkstock, iStock, Fuse

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