Nach der WM: Hält sich die Begeisterung für den Frauenfußball in Deutschland?

3 Wochen lang regiert einmal mehr König Fußball in Deutschland. Doch die Akteure heißen diesmal nicht wie vor 5 Jahren Gianluigi Buffon, Zinedine Zidane oder Miroslav Klose. Die Stars des Turniers hören auf die Namen Marta, Abby Wambach, Simone Laudehr oder Lotta Schelin. An der Frauenfußball-WM kommt im Sommer 2011 niemand vorbei. Beworben wird sie mit Fernseh- und Kinotrailern, mit überdimensionalen Plakaten, auf denen markige Sprüche prangen, mit Radiogewinnspielen und wie 2006 mit Fanfesten und Public Viewing an den Spielorten. Sogar die BILD-Zeitung entwickelt schnell einen neuen Spot innerhalb ihrer laufenden Werbekampagne mit den deutschen Fußball-Mädels.

Und die Bemühungen der Marketingabteilungen des WM-Organisationskomitees, der TV-Anstalten und der Privatfirmen sind tatsächlich erfolgreich. Ob Frankfurt, Augsburg oder Dresden: Zehntausende fluten jeden Tag die Fußballarenen quer durchs Land und die Fernsehübertragungen ziehen im Schnitt 6 Mio. Zuschauer vor die Bildschirme, was einem Marktanteil von regelmäßig über 50 % entspricht. Das deutsche Viertelfinal-Aus gegen Japan verfolgen gar fast 17 Mio. Menschen – eine beachtliche Zahl, die sich auch vor den Quoten der Herren-WM nicht verstecken muss. Was bedeutet diese Fußballbegeisterung nun für die Zukunft? Ist dies alles nur ein vorübergehender Hype oder werden die weiblichen Kicker bald zur ständigen Attraktion im TV-Sport und zum alltäglichen Gesprächsthema?

Die WM 2011 und die Frauen-Bundesliga: Ein Unterschied wie Tag und Nacht

Frauenfußball hat in den vergangenen 20 Jahren einen großen Entwicklungssprung gemacht. Seit der ersten Weltmeisterschaft 1991 ist der Sport schneller, technisch weitaus ansehnlicher und taktisch ausgeklügelter geworden. Die qualifizierten Teams begleiten wie im Männerfußball Sportwissenschaftler, Physiotherapeuten, Pressechefs und ein mehrköpfiger Trainerstab. Perfekt auf den Gegner abgestimmte Spielsysteme, einstudierte Standardspielzüge und Teamsitzungen mit Videoanalysen gehören zum grundsätzlichen Handwerkszeug jeder Spielvorbereitung. Und die in so kurzer Zeit gewachsene Qualität des femininen Ballzaubers findet bei den großen Turnieren großen Zuschauerzuspruch – wie auch bei der WM in Deutschland.

Anders sieht es hingegen aus, wenn der Alltag zurückkehrt. Abseits von WM, EM und Olympischen Spielen fristet der Frauenfußball nur ein Randdasein in der Öffentlichkeit. Dies lässt sich allein schon an den Zuschauerzahlen belegen. In der Saison 2010/11 kamen zu den 11 Ligaspielen des 1.FFC Frankfurt 20.951 Zuschauer – insgesamt! Die Frankfurterinnen genießen damit das höchste Öffentlichkeitsinteresse der gesamten Bundesliga. Zum Vergleich: Der 1.FSV Mainz 05 war in derselben Spielzeit der Verein der Männer-Bundesliga mit dem geringsten Zuschauerinteresse. Die Spiele der Mainzer besuchten 20.182 Fans – im Schnitt pro Spiel! Und auch innerhalb des Frauensports liegen die Zuschauerzahlen hinter denen der Volleyball- oder Handball-Bundesliga. Und bei der öffentlichen Berichterstattung ist Fußball der Damen weitaus seltener im Fokus als beispielsweise Damentennis oder Damenskiportarten.

Was wird getan, um die Fußballbegeisterung aufrecht zu erhalten?

Es stellt sich die Frage, ob das Schattendasein des Frauenfußballs in Deutschland nach der WM Geschichte sein wird. Denn wenn ein internationales Turnier solch überwältigenden Zuschauerzuspruch hat, so müsste sich dieses Interesse doch auch ein Stück weit auf die Bundesliga und den Europacup übertragen lassen. Diese Argumentation ist allerdings zu kurz gedacht, da man die außergewöhnlich guten Rahmenbedingungen einer Weltmeisterschaft berücksichtigen muss.

Die WM 2011 zeigt, dass eine groß angelegte Werbekampagne, die eigentlich schon im letzten Jahr mit der ebenfalls hier stattfindenden U20-WM der Frauen begann, zu großem Erfolg führen kann. Die Fußball-WM als Marke ist in der Bundesrepublik mittlerweile ein nicht zu verpassendes Event und gegen den Fußballkater im Sommer schaut man dann eben auch gern mal den weiblichen Kickern zu. Alle Partien kann man in guter Qualität bequem zu Hause im Fernsehsessel oder in komfortablen Stadien genießen. 

Die Bundesliga findet dagegen in kleinen, wenig schmucken Stadien oder auf Nebenplätzen statt und in den Medien von Zeitung bis Fernsehen kommt sie immer noch so gut wie überhaupt nicht vor. Und was wenig beworben wird, kann von allein wohl kaum großes Interesse entwickeln. Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten, die im Mai 2011 die TV-Rechte für die Länderspiele der Fußballfrauen und die Frauen-Bundesliga bis 2016 erworben haben, haben nun immerhin angekündigt, dass Partien der Nationalelf zukünftig häufiger einen Sendeplatz nach 20 Uhr zugewiesen bekommen sollen. Hingegen sei es laut ARD-Sportkoordinator Balkausky derzeit ausgeschlossen, dass Bundesligaspiele der Frauen im Rahmen der Samstags-Sportschau gezeigt werden. Stattdessen bekommt man wohl weiterhin und nur gelegentlich einzelne Partien in kurzen Zusammenfassungen innerhalb der Sonntagssportsendungen zu sehen – kein besonders rosiger Ausblick.
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Unter diesen Umständen ist es für den deutschen Fußballfan freilich schwer, Sympathien für einen Bundesligaverein zu entwickeln. Auch entsteht keine Identifikation mit den Spielerinnen, wenn viele von ihnen durch die fehlende Berichterstattung einfach unbekannt bleiben. Die höchste deutsche Spielklasse hat international einen guten Ruf, weshalb eine ganze Reihe heimischer und ausländischer Stars bei den Vereinen unter Vertrag stehen. Doch vor der WM 2011 kannten ca. 50% der Deutschen keine einzige Nationalspielerin. Dies wird sich mittlerweile etwas verändert haben, doch das Interesse am Weltturnier wäre vermutlich noch größer, wenn dem gewöhnlichen Fußballzuschauer zumindest die weltbesten Spielerinnen der verschiedenen Teams ein Begriff wären.

Man kann natürlich den fehlenden Glauben der TV-Anstalten an ein Frauenfußballboom nach der WM auch nachvollziehen. Herrenfußball hat gerade in Deutschland eine derart erdrückende Dominanz in der Sportberichterstattung und verspricht jedem übertragenden Sender sichere Einnahmen. Ein Interesse wie in den USA scheint für Deutschland daher utopisch zu sein. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist das Kicken für Mädchen und Frauen nämlich eine nicht untypische Freizeitbeschäftigung. Fußball gilt dort geradezu als Frauensportart. So weit wird es in Deutschland zwar nicht kommen. Aber gerade nach einer heimischen WM ist die Chance für ein dauerhaft steigendes Interesse am Damenfußball so groß wie noch nie. Und wenn nach der WM 2006 plötzlich ein enormer Zuwachs an zuschauenden Frauen bei Bundesligaspielen der Herren in den Stadien zu verzeichnen war, warum soll nach der WM 2011 dann nicht auch ein Zuwachs an (weiblichen UND männlichen) Zuschauern bei Bundesligaspielen der Damen möglich sein? Verdient hätten es die Mädels!

Eine Meinung

  1. Sehr schöner Einstand Frank 😉

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