Schon die Anreise ist das pure Vergnügen: Denn wer durch
Key West bummeln möchte, der fährt erst einmal ganz lange übers Meer. Das
einstige Aussteiger-Mekka liegt am äußersten Zipfel einer 100-Meilen langen
Kette von Inselchen – und die sind durch endlos lange Brücken miteinander
verbunden. Selbst das Festland ist an manchen Stellen so schmal, dass man zu
beiden Seiten der Straße das Wasser sehen kann.
Außerdem stehen neben dem modernen Highway, der mit
seinen Betonstelzen das Blau des Ozeans zerteilt, streckenweise noch Reste der
alten Brücke. Wenn diese vor dem Autofenster vorbeizieht, fühl man sich fast in
einen amerikanischen Film aus den 40er Jahren versetzt. Denn die alte
Konstruktion hat etwas faszinierend-morbides: Auf dem einstigen, eleganten
Bauwerk wachsen heute Büsche und Pelikane halten Ausschau nach Fischen.
Überhaupt führt die Route durch Ortschaften, die an Kinolandschaften erinnern.
So kommt man zum Beispiel durch „Key Largo“, das durch John
Hustons Meisterwerk „Gangster in Key Largo“ Filmgeschichte
schrieb.
Der Wendehammer am Ende des mythengeschwängerten Hwy-1
ist das frühere Aussteiger-Mekka Key West. Zwar haben sich einstigen Hippies und
Freidenker längst schicke Eigenheime zugelegt, dennoch ist Key West immer noch
anders als der Rest der Welt. Wer die Autotür öffnet, taucht in einen
faszinierenden Mix ein – zusammengewürfelt aus französischem Laissez-faire, der
Laszivität der Südstaaten und der tropischen Atmosphäre der Karibik. Um diesen
Zauber zu entdecken, muss man von dem üblichen Besichtigungsprogramm allerdings
Abstand nehmen (1 Million Touristen pro Jahr!) und sich durch die Seitenstraßen
treiben lassen. Wer ein wenig auf den Stadtplan achtet, den führt der Weg an
schmucken Holzhäusern entlang, in deren Fassaden sich viktorianische,
koloniale, tropische und verrückte Architekturelemente vereinen, bis nach
Bahama Village, wo noch die Hühner auf der Straße herumlaufen. Natürlich ist
auch eine Übernachtung in Key West nicht zu verachten. Denn der Ort hält auch
herrliche Bars für den trinkfesten Reisenden bereit. Jedoch sind die Preise –
auch fürs Hotel – sehr saftig.
Übrigens, wer am nächsten Tag bei der Rückfahrt das
merkwürdige weiße Objekt am Himmel über den Lower Keys in verkatertem Zustand
für ein Ufo hält, unterliegt keiner Halluzination. Hierbei handelt es sich um
eine Kuriosität der jüngsten Geschichte: eine Sendestation, mit der die USA
ihre TV-Sendungen ins 90 Meilen entfernt Richtung Kuba schickte…