Make it simple

Seit 1979 gibt es das Ars Electronica Festival. Immer wieder konnte ich es besuchen und mich inspirieren lassen. Früher, als ich noch beim ORF war, drehte ich dort Beiträge über spannende Medienkünstler wie z.B. Stelarc. Und ich liebte die begleitenden Symposien, die wichtige Themen auf die Tagesordnung setzten – meist lange bevor ihre Wichtigkeit allgemein erkannt wurde. Nanotechnologie, Endophysik, Cyborgization – viele Wörter hörte ich hier zum ersten Mal, vor rund 15 Jahren schätze ich.

family: Arial“ class=“Apple-style-span“>family: Verdana“ class=“Apple-style-span“>Diesmal also hieß das Symposium, das diese Leistungsschau der Computerkultur begleitete: Simplicity – The art of complexity. John Maeda kuratierte und moderierte die Veranstaltung – kompetent, anregend, amüsant. Eben veröffentlichte er auch sein Buch über die Laws of Simplicity. Der Sohn japanischer Einwanderer gefiel mir in der lebensnahen Art, das komplexe Thema aufzugreifen. Und Bögen zu schlagen – von Design zu Technologie und Business bis zum Leben. Da waren schon mal Fotos des Himmels über Cape Cod, geschossen beim letzten Familienurlaub, oder von der kleinen Tofu-Fabrik der Eltern, der er allzu gerne entfloh, um die Schule zu besuchen.

Maeda geht es um das einfache Leben, nach dem wir uns alle sehnen. Spätestens wenn wir bei den hundert Funktionalitäten des neuen Handys den Überblick verlieren. Aber unser Leben ist nun mal kompliziert geworden – wie Computer es eben auch sind. Er stellt 10 Gesetze auf, die mehr Einfachheit ins Leben bringen. Er fängt an mit

REDUZIEREN. Das heißt, entscheiden lernen und Unnötiges weglassen. Unwichtiges verstecken, Dinge schrumpfen – „klein ist besser“, behauptet Maeda.

ORGANISIEREN. Das beginnt mit sortieren und mit Prioritäten setzen. Maeda ist ein großer Fan von Labeln, die Ordnung und Übersicht schaffen.

TIMEN. Niemand wartet gerne, schon gar nicht in der Schlange. Wenn Zeit effizient genützt wird, ist das eine der besten Erfahrungen von Simplicity. Und wenn Warten unvermeidbar ist, wie bei einem größeren Download, dann ist es zumindest hilfreich, wenn der Balken jeden Moment anzeigt, wie lange es noch dauert.

LERNEN. Wer ständig lernt, dem erscheinen komplizierte Dinge einfach. Müssten wir beim Handy-Kauf einen Hand-Führerschein  machen, so wie beim Auto, dann würden wir ganz selbstverständlich mit diesem Ding umgehen, sagt Maeda.

Die weiteren Gesetze der Einfachheit lassen sich auf Maedas Simplicity-Seite finden. http://lawsofsimplicity.com Denn ich will´s mir für heute einfach machen und komme zum  Schluß: Das schönste für mich war, dass die Ars Electronica die komplizierte Materie, wie Simplicity & Complexity zusammengehen, am zweiten Tag der Veranstaltung in ein Ambiente verlegte, das pure Einfachheit symbolisiert: Raus aus der Industriestadt Linz, hinaus aufs Land, ins Kloster St. Florian. Wo Mönche seit hunderten Jahren das einfache Leben praktizieren. Ein schönes Bespiel, wie das Erlernen von Simplicity durch einen passenden und inspirierenden Rahmen aus der puren Theorie hinein ins wirkliche Leben transferiert wird.

Ich mag Maeda. Nicht nur weil er als einer der Großen des (Graphic) Designs Wegweisendes geleistet hat, sondern weil er mit diesem Buch die Hoffnung gibt, dass heute Leben und Welt nicht hoffnungslos komplex sein müssen. Kompliziert sein kann fast jeder. Das Genie liegt in der Einfachheit. Und Maeda ist für mich   einfach   genial.

Photos: Christoph Santner




3 Meinungen

  1. In der Tat ist John Maeda einer der Großen. Vor allem in einer Welt die in der Technik von Komplexität geplagt ist. Ich bin froh dieses Blog gefunden zu haben, denn die Themen und die Referenzen (Hier Maeda) verfolge ich auch schon eine WEile. Und ein solches Blog verschafft mir dann auch die Bestätigung, dass ich nicht der Einzige bin der dem Leitbild „Zukunft“ folgt.Es ist unübersehbar, dass die „Zukuft“ bereits begonnen hat. Ich persönlich finde aber, dass Deutschland in dieser Hinsicht ein wenig hinten liegt. Und dabei meine ich nicht die Technologie.Ich rede über Kultur. In London kann man in fast jedem Pub seine Zeche mit karte bezahlen. Die Züge fahren die Haltestellen automatisch an – und das bei einer geringeren Unfallquote. Man sieht die „Vision“ in London bereits auf der Straße.In Deutschland geschieht Zukunft immer hinter verschlossenen Türen. Würde man die Errungenschaften aller deutschen Universitäten in den öffentlichen Raum bringen, so würde man das Kapital, das Potential dieses Landes fühlen können.Es gibt einen alten Weisen Spruch über Freundschaft: „Schau dir seine Freunde an, dann weisst du wie er selbst ist.“Dasselbe gilt auch für ein Land. Die Umgebung prägt und beeinflußt Menschen. Wenn ich morgend zur Arbeit gehe und die Menschen wie tote Leiber zur Arbeit marschieren sehe, ohne Emotionen, ohne einen erkennbaren funken des Glücks auf ihren Gesichtern. Eingebettet in eine graue Umgebung: Graue Strassen, die grauen Bodsteine, die Ampeln mit den Grünen Gehäusen. Immer wenn ich morgens dieses Bild sehe, möchte ich am liebsten beginnen zu weinen um meiner Trauer über diesen Zustand Ausdruck zu verleihen.Wie schön wäre doch ein wenig mehr Volksarchitektur. Ein kleiner Glaspallast in dem viele Planzen stehen. Eine hübsche Innenarchitektur, die von netten Menschen belegt ist, die heiuter und ausgelassen miteinander reden. Neben an das Labor in dem gerade ein neuer Roboterprototyp entwickelt wird und einen Raum weiter der Kindergarten. Wieso sind wir Deutschen nur so stur, so neidisch? Wieso kombinieren wir nicht das Gute in uns? Wieso müssen wir Arbeit, Freizeit und Kultur voneinander Trennen?Wieso Lernen, lernen, lernen, lernen, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, arbeiten, Rente – Tod.Wieso nicht mal: Lernen, Arbeiten, feiern, arbeiten, arbeiten, lernen, feiern, Kultur, freuen, Natur, verreicsen, arbeiten, arbeiten, lernen, lernen, lernen, arbeiten, freuen, arbeiten, lernen, sich freuen – todAlleine die Rente als Konzept ist idiotisch. Eine Studie die sich mit dem Glücklichsein beschäftigte belegt, dass Menschen am glücklichsten sind, wenn sie etwas tun, wenn sie arbeiten. Aber nur wenn sie eine Tätigkeit ausüben, die Spaß macht. Hierzulande nennen wir das Hobby.Die Japaner sind da kulturell bereits etwas weiter. SIe lieben ihre Errungenschaften, träumen von automatischen WOhnungen und eine hübschen Umgebung. Die Japaner glauben fest daran, das viele Arbeiten bald nicht mehr von Menschen erledigt werden müssen, da Maschinen und Roboter bald dazu in der Lage sein werden. Dann kann sich der Mensch aussuchen was er tut – und kann wenn er es richtig anstellt dabei glücklich werden.Die Zukunft ist eine Frage der Kultur und der neuen Arbeit.

  2. Übrigens Maede ist berater von Phillips. Und schaut euch mal an, was Phillips in letzter Zeit rausgebracht hat 🙂

  3. Ich bin auch ganz angetan von Maeda und seinen Ideen. Sein Buch Simplicity hat mir für einige Dinge die Augen geöffnet.

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