Die meisten Dinge sind nicht so, wie sie uns erscheinen. Wir nehmen etwas wahr und durch die persönliche Bewertung konstruieren wir unsere eigene Wahrheit.
Banales Beispiel 1: Im Seminar – eine Teilnehmerin setzt sich um. Die vorherige Stuhlnachbarin ist irritiert und denkt sich ihren Teil: „Mag Sie mich nicht? Habe ich ihr was getan? Habe ich zuviel Parfüm drauf? Das falsche? Rieche ich nach Schweiß? Mag Sie nicht neben mir sitzen, weil ich leicht erkältet bin und sie Angst hat, sich anzustecken. Mein Gott, man wird doch noch mit einem kleinen Schnupfen in die Öffentlichkeit dürfen …" Kopfkino rattert.
Glücklicherweise geht es im Seminar gerade um das Thema Kommunikation – Wahrnehmung und Interpretation.
Die Teilnehmerin fasst sich ein Herz und fragt nach:
„Sie haben sich umgesetzt …?"
„Ja", erwidert die alte Stuhlnachbarin.
„Der Kollegin hat es da drüben am Fenster gezogen. Ich bin da recht unempfindlich und da haben wir einfach getauscht!"
Banales Beispiel 2: Stellen Sie sich folgende Situation vor. Sie sind um die 40 Jahre alt und steigen in einen vollbesetzten Bus. Sie schauen sich um: Kein Sitzplatz mehr frei. Ein junges Mädchen bietet Ihnen ihren Platz an. Was denken Sie?
1) „Oh, mein Gott. Jetzt ist es soweit! Ich bin alt! Ich sollte dringend was für meine Wirkung tun!"
3) „Spinnt die? Glaubt sie, ich hätte es nötig?"
4) „Wahrscheinlich verdecke ich ihr, wenn ich hier stehe, die Sicht auf den gutaussehenden Knaben von gegenüber."
5) „Die ist aber nett und gut erzogen!"
Die allermeisten in dieser Situation reagieren übrigens betroffen und lehnen das Sitzangebot ab, auch wenn sie sehr gern gesessen hätten.
Wir haben immer die Wahl, wie wir die Dinge sehen können: Es gibt in jedem Fall mindestens vier Möglichkeiten. Und kein Mensch zwingt uns, Horrorvarianten zu entwickeln.
Im Zweifelsfall entscheiden Sie sich doch für die Sichtweise, die Ihnen am meisten gefällt.
Viel Freude beim Alternativensammeln wünscht Ihnen
Monika Scheddin
P.S. Zur Lektüre sei an dieser Stelle noch mal der Klassiker „Anleitung zum Unglücklichsein" von Paul Watzlawik empfohlen. Vermutlich kennen Sie die Geschichte vom Mann, der sich beim Nachbarn einen Hammer ausleihen will?
Und für Geübte „Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du gern Knoblauch essen. Über das Glück und die Konstruktion der Wirklichkeit" Auch von Watzlawik.
Two men sat behind prison bars, one saw mud, the other stars! Spruch, der mir hierzu einfällt – hat mir ein Waliser mal erzählt.Gruß, Annette
Danke! Sehr schöner Spruch. Beste Grüße Monika
Ich denke: „Die einfachste Erklärung ist meistens die Richtige“.
Der Ansatz des Konstruktivismus geht zurück bis ins Mittelalter, nämlich zum Theologen Comenius. Wahrscheinlich kann man auch bei den alten Griechen schon etwas finden, wenn man genau sucht. Überraschend ist für mich immer wieder, daß es rational für alle verständlich ist, daß jeder in seinem eigenen Konstrukt der Welt lebt, es jedoch unglaublich schwer fällt im Alltag zu akzeptieren, das es andere Modelle der Welt gibt, als das eigene.
Eine sehr interessante Betrachtungsweise und oft braucht man nicht immer links und rechts zu schauen. Nach vorne ist einfacher und zukunftsorientiert.P.S. Noch ein Lob, das ist ein sehr schöner Blog.
Mangelndes Selbstbewusstsein führt oft zu einer Projektion von ganz normalen Verhaltensweisen oder Aussagen auf die eigene Person. Das Selbstbewusstsein wird durch Vermutungen und Projektionen weiter untergraben, anstelle sich ein Herz zu fassen und einfach zu fragen: sag mal, was ist eigentlich passiert, hat dir der Platz neben mir nicht gefallen?
Neben Watzlawik finde ich auch Katie Byron in diesem Zusammenhang toll: man könnte sich auch fragen, ob das, was man da gerade denkt, wirklich stimmt, welche Beweise man hat und dann spielerisch versuchen, auch Beweise für das Gegenteil zu finden…
Kennt Ihr das Gefühl, wenn man einen Text liesst, und ganz geschockt feststellt, dass man sich in fast jedem Wort wiederfindet? Genauso gehts mir nämlich gerade, neulich saß ich im Bus und ein Mädchen setzte sich neben mich und wechselte nach ca 2 Minuten den Platz. Mein erster Gedanke natürlich sofort : “ rieche ich unangenehm?“
Dabei war es viel wahrscheinlicher dass sie sich umgesetzt hat, weil sie nicht gerne rückwärts fährt.
Ich glaube ich sollte anfangen mich zu zwingen positiv zu denken.
Alles im Leben liegt immer in der individuellen Betrachtung und ist extrem abhängig davon, ob sich Menschen schon kennen, oder zum ersten mal begegnen. Zudem, welche inneren Werte, Ziele und Lebensmotive sie haben. Nach den Erkenntnissen von Steven Reiss, dem „Vater“ des Reiss Profile hat jeder aus seiner Sicht Recht. Was jeden Menschen auf seine individuelle Art und Weise antreibt und warum manche Menschen in solch einer Situation sich durch das oben beschierebene Beispiel irritiert, beleidigt, oder gar nicht angesporchen fühlen, liegt ganz allein an der Persönlichkeit des einzelnen.
Hallo,
es wird nur ein Problem, wenn man zB. bei Geschäftsessen ins Restaurant muss. Und gerade bei solchen Anlässen will man ja nicht als „Extrawurst“ dastehen und auch nicht über seine anschließenden Beschwerden sprechen. Ich hab im Internet die Foodcards von http://www.delicardo.de bestellt. Die sind einfach super. Die kleine Karte gibt man ganz dezent dem Koch weiter und der kocht ein garantiert allergenfreies Gericht. Klappt super und kann ich nur empfehlen.
„Da es heute aber sehr viele laktosefreie Produkte bzw. alternative Getränke wie Soja-, Kokosnuss-, Mandel- und Hafermilch gibt, sollte dies kein Problem darstellen.“
Sorry, aber das klingt für mich wie blanker Hohn. Ich leide seit Jahren an einer Caseinallergie und es weiß Gott sehr schwer sich komplett milcheiweißfrei zu ernähren. Oft besteht hierbei eine Kreuzallergie zu Sojaprodukten, die damit auch wegfallen. Unvollständige Zutatenlisten oder Listen bei denen Hersteller aus reiner Vorsicht „kann Spuren von Milch enthalten“ angeben, machen einem zusätzlich das Leben schwer. Man verbringt Stunden mit dem Lesen von Inhaltsangaben, auswärts essen ist (wie der Gang zum Bäcker oder Metzger) so gut wie gar nicht möglich. Davon mal abgesehen, dass diese Art der Allergie oft jahrelang unentdeckt bleibt, weil viele Ärzte sich nicht genug damit auskennen.
Hallo Jana,
sicher ist es nicht einfach sich komplett milcheiweißfrei zu ernähren, gerade mit einer Sojaallergie. Da ich mich aber seit fast einem Jahr vegan ernähre kann ich beweisen, dass es durchaus geht. Bei einer Kreuzallergie mit Soja empfehle ich Hafermilch. Zu den Herstellerangaben ist zu sagen, dass die Bezeichnung „kann Spuren von xy enthalten“ auf Packungen enthalten ist, weil die Hersteller so einer Klage entgehen. Oft werden nämlich in der selben Fabrik auch andere Produkte hergestellt, die nicht milcheiweißfrei sind. Beispiel: Vollmilch- und Zartbitter ohne Milch werden in der selben Anlage hergestellt.
Übrigens: Das Lesen der Inhaltsangaben sollten Sie als Zugewinn sehen, denn so wissen Sie immer, was sie zu sich nehmen. Viele Menschen lesen nie, was in ihrem Essen enthalten ist und ernähren sich so nicht nur unausgewogen sondern fast nur von Chemikalien.
Grüße
Hallo zusamme..
ich muss Jana schon zum Teil Recht geben. Es ist manchmal wirklich lästig mit den ganzen Inhaltsangaben. Leider befindet sich auch Milcheiweiß in Produkten, von denen man das im Leben nie erwartet hätte!! Und da ich so einiges nicht vertrage (Milcheiweiß-Casein, Ei, Gluten, Haselnüsse, Muskatnuss und Hafer) wird das echt zur Qual. Habe ich was gefunden, in dem kein Gluten ist, enthält es Milch. Ist keine Milch drin, dann auf jeden Fall Ei. Also so ganz einfach ist das ganze wirklich nicht. Und da ich nach „Fehltritten“ mit MIlch nicht nur Verdauungsbeschwerden und Übelkeit bekomme, sondern auch ca 48 Std. anhaltende übelste Muskelschmerzen, bin ich beim Einkaufen natürlich extrem vorsichtig.
Sicherlich ist es alles machbar. Bin noch recht optimistisch. (…aber wie viele Unverträglichkeiten kann man dem Koch im Restaurant zumuten?? ;o)
Spannender Blog Frau Scheddin 🙂
Das Kopfkino anderer zu erleben ist oft fast so spannend wie das eigene.
Wir oft erlebe ich es in Trainings, was dort auf nonverbaler Ebene passiert und wie die unterschiedlichen Personen und Charaktere dann reagieren.
Mit etwas Empathie erfährt man unglaublich viel über sein Gegenüber.
Na ja und oft ist es ja dann auch mein Job, darauf einzugehen…wie heißt es doch so schön: „Störungen haben Vorrang“.
Und mit einem neuen Drehbuch lebt es sich dann auch entspannter.