Flying Lotus: Until The Quiet Comes im Album-Stream

Bis die große Stille kommt: Ähm? Was ist denn da bei Flying Lotus los? Eine kleine Entspannungspause? Kürzer treten, Meditation, die große Herbstkontemplation? Oder professionell bedingter Ruhestand, Altersmilde gar? Mit seinem neuen Album, das am 2. Oktober 2012 via WARP erscheint und für Neugierige schon jetzt über Stream verfügbar ist, schlägt DJ & Produzent Steven Ellison ganz neue Töne an und wieder mal eine neue Richtung ein. Schon verrückt: Derselbe Rhythmusnerd, der uns jahrelang mit diebischer Freude genialst verschwurbeltes Zeug um die Ohren haute, scheint mit „Until The Quiet Comes“ plötzlich aus einer ganz neuen Gelassenheit zu schöpfen. Hat er all die durchgeknallten Spielarten nun nicht mehr nötig?

Flying Lotus: Kurzfilm von Khalil Joseph spannte Fans auf die Folter

Okay, verspielt genug bleibt es ja – und trotzdem ist das neue Album von Flying Lotus anders. Es verharrt auf eine ganz eigentümliche Weise in der Schwebe und wirkt doch zugleich geerdet. Einen aufregenden Vorgeschmack und Ausblick auf die neue musikalische Entwicklung von FlyLo vermittelte schon im September der visuell und dramaturgisch absolut umwerfend gemachte Kurzfilm von Khalil Joseph, der sich als Album-Teaser wie eine kleine Seuche im Netz verbreitete und vorab für Gänsehautstimmung sorgte. Seither wartete man, irgendwie merkwürdig irritiert und doch äußerst vorfreudig, auf diesen nächsten Coup des virtuosen Steven Ellison.

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Until The Quiet Comes: Die Ruhe vor dem Sturm?

Es wird ruhig im neuen FlyLo-Album, überraschend ruhig sogar. Aber! Und das ist fast absurd: Sogar wenn FlyLo überfliegermäßig entspannt und geschmeidig von Track zu Track gleitet, schafft er es, dass man immer wieder die Luft anhält. Denn diese Ruhe ist zu seltsam. Irgendwie verwirrt sie, verheißt Aufruhr und spannt enorm auf die Folter. Insofern ist der Titel klug gewählt und Programm. „Until The Quiet Comes“ ist ein zutiefst vielschichtiges, spannendes und ambivalentes Album geworden. Über einen Zeitraum von intensiven 47 Minuten hinweg klingt es ständig zur gleichen Zeit gefasst und getrieben, introvertiert und laut, gelassen und eben doch: auf der Lauer. Dabei wirkt es mit seiner düsteren Sogkraft am Ende beinahe apokalyptisch. Wäre da nicht diese unbändig vertonte Freude und (ja! positive!) Energie.

Neues Flying-Lotus-Album: Kritik ist begeistert

Begeisterung! Etwa über den Track „See Thru to You“, für den sich FlyLo mit äußerst geschicktem Händchen überaus stimmige (sic!) Unterstützung von Erikah Badu geholt hat: Hach, was für ein Dreamteam! Dieselbe Energie zeigt sich aber auch in kraftvollen Stücken wie dem nervösen „Putty Boy Strut“, dem dubbigen „Sultan’s Request“ oder dem seichten „Nightcaller“, welche, wenn wohl auch auf unterschiedliche Weise, so doch allesamt von einer tollen Ungeduld gezogen werden.
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Ähnlich seicht, doch nicht minder Sahnehäubchen ist der Track „Getting There“, für den es Support von Niki Randa gab und der spätestens seit Khalil Joseph’s Shortfilm unvergesslich bleiben wird. Für die neue FlyLo-Platte spannte Ellison aber noch mehr stimmgewaltige Prominenz ein.

Wieder mit prominentem Support von Thom Yorke & Co.

Wie schon beim Vorgänger Cosmogramma gibt sich auch hier wieder Radiohead-Sänger Thom Yorke die Ehre: diesmal als „Electric Candyman“. Ab und zu wird’s dann aber auch richtig rührig, etwa in der Streicherballade „Phantasm“. Diese wird geadelt von dieser zauberhaft spröden Frauenstimme, welche bisher noch auf keinem FlyLo-Album fehlte: Der Stimme von Laura Darlington, Ehefrau von Producer-Kollege Daedelus. Nochmal Begeisterung gibt’s für jazzy jams wie „Only If You Wanna“ und den „DMT Song“ (mit Thundercat) – welche, jeder für sich, FlyLo’s Jazzfaible auf eine neue, gediegenere Stufe heben dürften. Doch Steven Ellison wäre nicht er selbst, wenn er musikalisch nur zurück schauen würde. So demonstriert er in „Tiny Tortures“, wie man selbst einem sehr heutigen James-Blake-Flavour (Scheue Tasten, Beatspielereien) noch etwas Neues abtrotzen kann. Wenn man’s nur kreativ macht. Definitiv also eine Platte, die man wieder und wieder hören kann. Auf dass die Stille um dieses Genie bitte niemals einkehren möge.

 

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