Herzlichen Glückwunsch, Monsieur Platini! Jetzt hat sich Ihr Einsatz also gelohnt. Die Kopie der "Tour de Franz" mit Besuchen bei auch den kleinsten der UEFA-Mitgliedsländern, die visionären Interviews, vor allem aber die Verbrüderung mit Joseph Blatter, dem mächtigsten Mann des Weltfußballs. Insgesamt 27 von 50 gültigen Stimmen konnte der 84er Europameister aus Frankreich auf sich vereinigen, vier mehr als der 77-jährige Johansson.
Nun gut – wenigstens der unrühmliche Machtkampf zwischen Johansson und Blatter hat auf diese Weise ein Ende gefunden. Blatter hat jetzt mit Platini (gemeinsam) noch mehr Strippen in der Hand, während Johansson sich nun aus der Sportpolitik verabschieden wird, zumal er schon in der Vergangenheit lieber im heimatlichen Schweden als am UEFA-Hauptsitz im schweizerischen Nyon weilte.
Für den deutschen Fußball ist Johanssons Abwahl jedoch keine gute Nachricht, zeigt sie doch die neuen Kräfteverhältnisse im zunehmend internationalisierten Fußball-Business auf. Wie Beckenbauer im Vorfeld der WM hatte sich auch Platini darauf konzentriert, kleineren Mitgliedsverbänden die eigene Wahl schmackhaft zu machen. Sein Lockmittel muss für die europäischen Fußball-Zwerge ein wahres Aphrodisiakum gewesen sein: Künftig sollen sich Teams kleinerer Nationen viel leichter für die Champions League qualifizieren – und damit vor allem die finanziellen Vorteile der Königsklasse genießen können. Dies geschieht freilich zum Nachteil der etablierten Fußball-Nationen, welche in diesem Fall auf Teilnahmeplätze verzichten müssten. Und so droht der Bundesliga, in internationaler Hinsicht ohnehin auf dem absteigenden Ast, ein weiterer schwerer Schlag.
Um ehrlich zu sein: Ich habe große Zweifel daran, dass die Absichten der Verbandsprotagonisten positive Auswirkungen auf die Entwicklung des Fußballs haben sollen. Der FIFA-Boss hat mit den WM-Turnieren 1998, 2002 und 2006 zwar Maßstäbe gesetzt. Aber diese spiegeln sich doch eher in Business-News und Marketing-Vorlesungen wider als in der kollektiven Erinnerung an sportliche Höchstleistung. Sport als Event eben, als Alternative zu Kegelabend und Theater.
Mit Platinis UEFA hat Blatter jedenfalls den größten Kontinentalverband an seiner Seite – was für den Schweizer im Kampf gegen fremde Interessen natürlich sehr angenehm ist: "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Michel Platini. Es wird ein frischer Wind wehen. Wir haben die gleichen Ideen, dass Fußball in erster Linie ein Sport ist und kein Geschäft." Was er wohl eher meint: Fußball ist ein Geschäft, von dem als Gralshüter der guten Sitten nur die Verbände profitieren sollen. Auch Platini sieht Fußball als "Schatz, den es zu bewahren" gelte.
So oder so: Blatter und Platini sprechen große Worte, denen nun Taten folgen sollten. Schon die erste gute Tat Platinis erinnerte mich aber eher an den Pfadfinder, der der alten Dame gegen ihren Willen über die Straße hilft: Ausgerechnet auf Vorschlag Platinis wird Lennart Johansson zum Ehrenpräsidenten der UEFA ernannt…
Bildquelle: http://www.worlcupblog.org
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