Einzelhandel: Umsatzminus trotz Mehrwertsteuersenkung

Im Juli konnten die Verbraucher das erste Mal von der reduzierten Mehrwertsteuer profitieren, die von der Bundesregierung zur Belebung der Konjunktur während der Coronakrise herabgesetzt wurde. Das erhoffte Plus beim Umsatz blieb trotzdem aus. Allerdings hat die Senkung Einfluss auf die landesweite Inflation.

Senkung von 19 auf 16 Prozent

Die Mehrwertsteuer wurde seit Anfang Juli bis zum Jahresende vorübergehend von 19 auf 16 Prozent reduziert, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Der ermäßigte Steuersatz wurde von sieben auf fünf Prozent herabgesetzt.

Wie das Statistische Bundesamt nun mitteilte, hat die Senkung im ersten Monat dem Deutschen Einzelhandel kein Umsatzplus beschert – im Gegenteil: Die Ladengeschäfte nahmen in diesem Zeitraum preisbereinigt 0,9 Prozent weniger ein als im Vormonat.

Diese Entwicklung überrascht, denn Wirtschaftsexperten hatten ein Wachstum von 0,5 Prozent prognostiziert. Außerdem hatten viele Einzelhändler versprochen, die Mehrwertsteuersenkung an die Konsumenten 1:1 weiterzugeben. Der Staat wird durch die Mehrwertsteuersenkung im laufenden Jahr schätzungsweise 20 Milliarden Steuern weniger einnehmen.

Große Unterschiede beim Umsatz

Seit Januar 2020 hat der Einzelhandel seinen Umsatz trotz der Auswirkungen der Corona-Pandemie um 3,8 Prozent steigern können. Dennoch: Die Auswirkungen des Covid-19-Virus zeigen sich bei den einzelnen Branchen, das Gefälle ist zum Teil äußerst signifikant. So hatten Anbieter von Bekleidung, Lederwaren und Schuhen einen Umsatzrückgang von über 27 Prozent zu verschmerzen, während der Online- und Versandhandel sich als Gewinner der Krise über ein Umsatzplus von mehr als 20 Prozent freuen konnte.

Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht aufgrund dieser Entwicklung pessimistisch in die Zukunft. Er befürchtet eine Pleitewelle im Einzelhandel, wenn es durch erneut steigende Infektionszahlen zu einem weiteren Lockdown kommt. Bereits bei den coronabedingten Schließungen im März und April hatte der Einzelhandel mit dramatischen Umsatzeinbrüchen zu kämpfen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Verband eine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung übers Jahresende hinaus, um die Binnenkonjunktur weiter zu stützen.

Sondereffekt bei der Preisentwicklung

Wie das Statistische Bundesamt ebenfalls vor wenigen Tagen mitteilte, bremst die Mehrwertsteuersenkung die deutsche Inflation. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stagnierten im August die Preise für Waren und Dienstleistungen, im Monat Juli lag der Inflationswert bei minus 0,1 Prozent. Damit befand er sich seit 2016 erstmals wieder im negativen Bereich.

Alles in allem waren im Vergleich zum August des Vorjahres Haushaltsenergie und Kraftstoffe um 6,3 Prozent günstiger. Lebensmittel waren im selben Zeitraum 0,7 Prozent teurer als im Vorjahr. Dahinter verbirgt sich ein Abwärtstrend: Im Juni kosteten sie noch 4,4 Prozent mehr als vor einem Jahr, im Juli waren es noch 1,2 Prozent.

Wirtschaftsexperten werten diese Zahlen als ein Zeichen für eine zukünftig weiterhin schwache Preisentwicklung. Als Ursache für die anhaltend niedrige Inflation sehen sie unter anderem die nur schwach rückläufige Arbeitslosigkeit und die anhaltende Verunsicherung, die durch die Coronakrise hervorgerufen wird. Sie sorgt nach wie vor für einen gedämpften Konsum und eine zurückhaltende Investitionstätigkeit.

Bildnachweis: Pixabay, 2615482, Alexas_Fotos

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