"Mal eben noch ein paar Äpfel kaufen", das können Sie im Bio-Supermarkt ganz einfach vergessen. Die Äpfel sind kein Problem, aber das "mal eben". Alle stehen selbstvergessen zwischen Gläsern biologisch angebauter Kalamata-Oliven, duftenden Äpfeln aus dem "Alten Land", Hirsebratlingbackmischungen und ayurvedischen Duftölen. An der Käsetheke geht es zäh – nun ja, nicht richtig – voran. "Nee, das find ich jetzt auch nicht so gut für mich, wenn das ohne vegane Lab ist" – vegan? Lab? Wie soll das gehen? Und was ist das überhaupt für ein Satz, "das find ich jetzt nicht gut für mich"?
Ich staune Bauklötze. Einerseits finde ich es ja sehr schön, daß man nicht alle paar Meter mit Schmackes einen Einkaufswagen in die Hacken bekommt. Auch die klassische "Quengelzone" (wo im "normalen" Supermarkt immer die Schokoladenerzeugnisse in Kinderaugenhöhe feilgeboten und mit großem Gebrüll eingefordert werden) fehlt. Sehr schön. Alle Kunden sind total vertieft. Nicht etwa von Inhaltsstoffen oder dergleichen. Nein, das ist es nicht. Der Laden "macht etwas" mit ihnen. Er gibt ihnen das Gefühl, ganz nah bei sich und auf der Erde zu sein. Etwas zu kaufen, was für einen selber und gleichzeitig für Mutter Erde gut ist. "Das ist auch irgendwie so´n Gefühl, daß da was ganz Rundes ist". Ach so.
Ganz egal, ob Möhren, Amaranth-Brot, Gesichtswasser oder Würstchen – die Ware ist gut, also bin ich es auch. Diese Erkenntnis muss man erstmal sacken lassen. Da kann man nicht einfach mal eben mit dem Einkaufswagen durch die Gänge knattern und mal eben Äpfel und einen Joghurt hineinpfeffern, weil man eh schon knapp dran ist. Das ginge auch gar nicht, denn hinter jeder Kurve steht jemand und meditiert über einem Etikett. Die Verletzungsgefahr im Bio-Supermarkt ist daher ungleich höer als im "normalen" Discounter, bei dem man ja weiß, daß man seine Fersen schützen muss.
Die ersten Male, nachdem ich im Bio-Supermarkt war, hatte ich das Gefühl, ich sei aus einer Art Narkose erwacht. Es war so ruhig, so friedlich, jede Minute hätte Bob Dylan um die Ecke kommen und für und mit allen was tolles gesungen. Im Zeitlupentempo packte ich zu Hause die Ware aus. Ich war eins mit mir und der Welt. Wenn ich nach vier Nachtdiensten nicht schlafen kann, dann gehe ich kurz vor Ladenschluss in den Bio-Tempel. Und dann muss ich zusehen, daß ich nach Hause komme, denn sonst schlafe ich wohl im Laden ein.
Vielen Dank für das Extra-Grinsen des heutigen Tages.
Ist doch schön, dass es so etwas gibt. Ich habe dafür leider keine Zeit. Und Aldi liebe ich, weil ich da alles sofort finde und schnell wieder raus bin.