Ein Hamburger einer bestimmten Marke, schmeckt in Düsseldorf ebenso gut (oder schlecht), wie ein Hamburger in Warschau, Miami oder Stockholm. Überall schmecken sie ziemlich gleich. Warum? Weil die Agrarindustrie der jeweiligen Länder standardisierte Lebensmittel herstellt, die überall bestimmten Ansprüchen hinsichtlich Qualität, Größe, Anbau und verwendete Sorte etc. gerecht werden muss, damit das Endprodukt (fast) allerorten auf der Welt in etwa den gleichen Geschmack aufweist.
Aber nicht nur beim Fast Food ist es so. Die Marken-Pizza eines Supermarktes in Würzburg ist die gleiche, wie die in Bremen oder Aachen. Wir alle wissen es und nehmen es gelassen hin.
Was vielleicht für viele auch nicht weiter besorgniserregend ist. Jedoch werden hierdurch regionale Spezialitäten und Besonderheiten verdrängt. Der industriell hergestellte Käse aus Frankreich, ist mit Bestimmtheit nicht schlecht, allerdings auch nicht besser (wenn überhaupt), als der langsam gereifte Käse aus der jeweiligen Region. Und hierin liegt das Geheimnis der „Arche des Geschmacks“.
Die Arche des Geschmacks – Ein internationales Projekt
Etliche regionale Nutztier-, Gemüse- und Pflanzenarten, die teilweise eine höhere Qualität aufweisen und geschmacklich besser sind, als in Massenproduktionen erzeugte Lebensmittel, werden verdrängt, weil die Erzeugung zu teuer ist und/oder mit den herkömmlichen genormten Maschinen nicht geerntet werden kann oder nicht dem gegenwärtigen „Trend“ entsprechen. So ist beispielsweise das „Bamberger Hörnla“ nicht kompatibel, weil zu klein, mit den großen Kartoffelerntemaschinen. Oder das „Bunte Bentheimer Schwein“ ist zu fett und wächst zu langsam, als das es als industrielles Nutztier brauchbar wäre, wenngleich es stressstabil, robust und genügsam in der Haltung ist. Zudem liegt es wegen seines hohen Fettanteils nicht im Trend der heutigen Zeit, obwohl es deutlich besser schmeckt, als unsere normalen Zuchtschweine und überdurchschnittliche Fleischqualität besitzt. Es stellt eine eigenständige Rasse dar, die nicht gekreuzt werden kann und deshalb extrem gefährdet ist auszusterben. family: MetaNormal-Roman,sans-serif“>
Die regionale Kultur des Essens droht auszusterben
Die anfänglich aus Italien stammende Bewegung „Slow Food“, ist eine weltweite Vereinigung von Menschen, die den Wert der regionalen Besonderheiten, seien es nun Pflanzen, Tiere, Gemüsesorten und ebenso regionale Spezialitäten (z. B. Würchwitzer Milbenkäse) und Endprodukte (z. B. Burger Brezel – dieses Gebäck wird nur noch von wenigen Bäckern hergestellt) zu schätzen wissen und erhalten wollen. Es geht um die Erhaltung der regionalen Küche mit heimischen pflanzlichen und tierischen Produkten und deren lokale Produktion.
Der Verein bringt Produzenten, Händler und Endverbraucher zusammen; denn nur wenn die Zucht, der Anbau oder die Verarbeitung bzw. Herstellung der Produkte wirtschaftlich profitabel ist einerseits, anderseits aber auch bezahlbar bleibt, können diese Produkte vor dem Aussterben und Vergessen bewahrt werden, nach dem Motto: Essen was man retten möchte.
Hierzu werden Convivien gegründet, örtliche Vereinsgruppen, die sich zum Ziel gesetzt haben, die Produkte ihrer Region zu fördern, zu verbreiten und zu einer möglichst großen Bekanntheit zu verhelfen. Nähere Informationen gibt es hier.
Man kann nur das schützen, was man kenn
Der Harvard Professor Edward Oswald Wilson, Biologe und Ameisenforscher, geht davon aus, dass weltweit jährlich bis zu 30.000 Arten aussterben werden. Der Knackpunkt: Nur ein sehr, sehr geringer Anteil davon ist den Forschern überhaupt bekannt. Slow Food stapelt da um einiges tiefer.
In der symbolischen „Arche des Geschmacks“ werden Nutztierrassen und -pflanzenarten, aber auch handwerklich hergestellte Lebensmittel aufgenommen, die vom Aussterben bedroht sind, wie das „Stuttgarter Geißhirtle“ (einer Birnenfrucht, von der es noch ca. 100 Bäume gibt), die „Höri Bülle“ (eine rote Speisezwiebel, die nur noch von Wenigen angebaut wird) oder die „Diepholzer Moorschnucke“, eine vom Aussterben bedrohte Haustierrasse.
Vielerorts wird die Idee des Slow Food-Gründers Carlo Petrini bereits umgesetzt, wenn auch nicht immer der ursprüngliche Gedanke dahinter steckt. Was er auch nicht muss; denn zum Leidwesen einiger, haben sich manche Convivien zu elitären Grüppchen entwickelt, die sich beim verkosten von Champagner und Weinbergschnecken ähnlich fühlen, als wenn Christen zur Heiligen Kommunion gehen. Petrini selbst spricht schon von einer „Pornografie des Essen“, denn diese „Edelküche“ produziere nur „Tand und Spielerei“ (TAZ, 19.03.2011).
Zudem löst der Verein, so Ehrenhaft die Idee die dahinter steckt auch sein mag, nicht die Ernährungsprobleme dieser Welt, da Millionen von Menschen auf preiswerte/billige, industriell hergestellte Lebensmittel angewiesen sind.
Wie auch immer: Die Idee, Produkte heimischer Erzeuger zu bevorzugen liegt im Trend und ist bestimmt nicht der schlechteste Weg, um die regionalen Spezialitäten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
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