Eine Analyse der Abgeordnetenhauswahl in Berlin

Am Ende kam es so wie alle erwartet hatten, erstaunt war man trotzdem. Nach der Berlin Wahl 2011 wurde wenig über den tatsächlichen Gewinner der Wahl, Klaus Wowereits SPD, sondern vor allem über die Shootingstars und die am Boden zerstörten Verlierer geredet: Die Piratenpartei und die FDP.

Berlin Wahl 2011: Die Piratenpartei erstürmt das Abgeordnetenhaus

Viele Beobachter rechneten damit, dass die Piraten in das Abgeordnetenhaus einziehen würden, doch einen Stimmanteil von 8,9 Prozent hatten ihnen die wenigsten zugetraut. In der Stadt, die als Hochburg der jungen und internetaffinen Kreativen gilt, kamen die Forderungen der Piraten-Partei gut an. Schlagworte wie „Mehr Transparenz“ oder „kostenlose Benutzung des ÖPNV“ rangierten teilsweise von vage bis unrealistisch. Von vielen wurde die Piraten auch als „Protestpartei“ bezeichnet.

Doch waren bei vielen Wählern wohl auch nicht die konkreten Inhalte ausschlaggebend das Kreuz neben der Liste 26 zu machen. Unter den jüngeren Bürgern gibt es viele, die für sie wichtige Themen wie Netzpolitik nicht bei den etablierten Parteien wiederfinden. Im Erfolg der Piratenpartei bei der Berlin Wahl 2011 spiegelt sich auch eine gewisse Frustration mit dem Zustand der politischen Führungsschicht. Von all den grauhaarigen Herren fühlen sich viele junge Wähler nicht repräsentiert.

Der viel zitierte Vergleich zu den Grünen der 1980er Jahre ist durchaus treffend. Auch damals gelang es einer Partei ein unterrepräsentiertes Thema, nämlich die Umweltpolitik, zu monopolisieren. Andere Inhalte wurden von der Partei weniger beachtet und auch nicht mit realpolitischen Gegebenheiten abgeglichen. Es wird spannend zu beobachten sein, ob sich die Piraten nach diesem Erfolg weiterentwickeln können und sich als dauerhafte politische Kraft etablieren kann.

Berliner FDP mit katastrophalem Ergebnis

Dass die FDP momentan in einer Krise steckt, wurde auch bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus deutlich. Der europafeindliche Kurs der Berliner FDP, gepaart mit der Unzufriedenheit vieler Wähler mit der Arbeit der Partei auf Bundesebene, ließen nur 1,8 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei den Liberalen machen. Dass dieses Ergebnis genau ein Zehntel von dem einst ausgelobten Wahlziel von 18 Prozent sind, ist Ironie des Schicksals.

Berlin war noch nie gelbes Stammland, aber nach dieser Wahl droht der FDP der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit. Sogar die rechtsextreme NPD erreichte mehr Stimmen. Auch deutschlandweit lässt sich keine Verbesserung der Situation der Liberalen feststellen. Nur drei Prozent wollen die Partei laut einer aktuellen Umfrage noch wählen.

Ende von Rot-Rot. Wer wird jetzt mit Klaus Wowereit regieren?

Verlierer der Wahl ist außerdem die Linke. Ihr schwaches Abschneiden ermöglicht keine Fortführung der rot-roten Koalition, die seit 2001 in Berlin regierte. Interne Kämpfe um die Ausrichtung der Partei sagten den Wählern nicht zu. Das Abschneiden der Partei verblüfft trotzdem ein wenig, da der Partei von den Medien und in Umfragen häufig gute Arbeit bescheinigt wurde.

Daher muss sich Klaus Wowereit, der Regierender Bürgermeister bleiben wird, nach einem neuen Koalitionspartner umsehen müssen. Wunschpartner sind die Grünen, allerdings ist mit ihnen wohl nur eine knappe Mehrheit drin. Großer Knackpunkt der Koalitionsverhandlungen wird die seit Jahren schwelende Debatte um die Verlängerung der Autobahn A100. Die Grünen lehnen den Ausbau strikt ab, während die SPD das 3,2 Kilometer lange Teilstück fertigstellen will. Eine der beiden Parteien muss bei diesem Thema Zugeständnisse machen.

Eine wesentlich komfortable Mehrheit könnte die SPD in einer Koalition mit der CDU eingehen, die nach Jahren der Talfahrt wieder leichte Gewinne verbuchen konnte. Die Berliner Geschichte sah schon viele Große Koalitionen, aber unter Wowereit ist dies eher unwahrscheinlich.

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