Ägyptens Demokratie: Erste Wahlen
Anfang dieses Jahres feierte man in Ägypten die Demokratie. Es wurde ertsmal frei gewählt, ein echter wahlkampf machte sich breit, die Menschen freuten sich erstmals ihre gültige Stimme abzugeben. Das erste richtige Parlament nach Mubarak wurde gewählt. Die Ägypter wählten mehrheitlich konservativ. Die konservativ-religiöse Muslimbruderschaft erreichte satte 45% aller stimmen. Noch streng religiösere Parteien wie bspw. die Salafisten kamen zusätzlich auf ca. 25% der Stimmen. Die freiheitlich orientierten, jungen und eher westlich eingestellten Parteien fanden nicht den erhofften Zuspruch in der Bevölkerung. Das ist umso bedauerlicher wenn mann sich vergegenwärtigt, dass es eben jene junge Generation „Facebook“ war, welche die Revolution zu großen Teilen mittrug. Die Wahlsieger der Muslimbruderschaft konnten jedoch auf ein umfangreiches Netz aus Strukturen und einflussreichen Personen zurückgreifen, welches sie bereits zu Zeiten Mubaraks in der Opposition geknüpft hatten. Die strukturellen Defizite der liberalen Parteien waren dagegen offenkundig.
Was wird aus dem Staat?
Nun hat Ägypten das erste Mal frei gewählt, doch nur sehr weniges was die Demonstranten im letzten Jahr auf dem mittlerweile legendären Tahir-Platz forderten wurde bisher umgesetz. Dazu gehört zum einen das starke Abschneiden der Muslimbrüder, welche ein an der Sharia ausgerichtetes Gesetzt fordern und generell eher einen Gottesstaat anzustreben zu scheinen als eine liberale Demokratie. Die Furcht zu einem zweiten Iran zu werden ist groß. Zum anderen ist da die weiterhin quasi uneingeschränkte Macht des Militärrates. Gegen diesen wird in diesen Tagen bereits wieder heftig demonstriert. Ägypten ist zur Zeit eine Art Militärregime, mit dem Militärrat als quasi politisch unabhängige Exekutive. Von einer demokratisch funktionierenden Gewaltenteilung ist das Land noch meilenweit entfernt.
Dass sich die Revolution gelohnt hat ist jedoch unumstritten. Zu groß waren Ungerechtigkeit, Korruption und Unterdrückung unter Diktator Mubarak, welcher in den Medien zwar meist als Machthaber beschrieben wird, jedoch zweifelsohne ein Diktator war, gestützt durch Militär und Korruption, alles andere als durch das Volk legitimiert. Die Ägypter wissen, dass es noch ein langer ungewisser Weg ist bis zur angestrebten Demokratie, man ist jedoch bereit Probleme und Misstände angezugehen. Dazu gehört auch der faire und offene Prozess, welcher dem ehemaligen „Machthaber“ Mubarak gemacht wird. Den Diktator mit demokratische Mitteln zu bestrafen ist hierbei das ehrliche Ziel.
Die unfertige Revolution
Das erste freie ägyptische Parlament seit 1952 ist mit Sicherheit nicht das was sich all die Blogger, Internetaktivisten und jungen Menschen vorgestellt haben, zumindest nicht die Konstellation der Mehrheiten. Doch das Wichtigste hört man aus vielen Quellen sei, dass man in Ägypten ein ziviles Parlament habe, eines frei von Korruption und dem alten Regime. Das in dem Parlament nur sehr wenige Frauen und Anhänger der sogenannten Revolutionsjugend sitzen, ist für eben jene gar nicht so schlimm. Man ist noch nicht soweit sich mit diesen Problemen zu beschäftigen, andere sind dringlicher und ein ziviles Parlament ist ohne Frage ein wichtiger Schritt in die richtige Richtug. Dass die Revolution im Land noch lange nicht abgeschlossen ist, haben auch wieder die grauenhaften Krawalle in Port-Said gezeigt. Man merkt dass das Land im Umbruch ist und dieser Umbruch noch viel Einsatz und Courage braucht um eines Tages fertiggestellt zu werden.
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