Eine Meinung ist ein hohes Gut

Jeder, der mit der Meinungsäußerung verantwortlich umgeht, wird daher ungefragt ein großes Maß an Fairness gegenüber dem Gegner walten lassen, denn letztlich wird es zu einer sorgfältig gebildeten Meinung meistens eine ebenso sorgfältig gebildete Gegenmeinung geben können. Eventuelle Entscheidungen über etwaige Handlungsoptionen werden aus der unterschiedlichen Schwerpunktsetzung der jeweiligen Meinung heraus getroffen werden müssen. So kann es zu sachgerechten Kompromissen kommen, so funktioniert unsere Gesellschaft.

Im Web hingegen bildet sich nach meinem Empfinden all das nicht ab. Hier wird gepöbelt, beleidigt, verleumdet und zensiert, was das Zeug hält. Meinungen werden on the fly gebildet, häufig bloß, weil irgendein Leitochse diese vorgibt oder man keinen Bock oder die intellektuellen Kapazitäten hat, sich einmal gründlich mit dem zu beurteilenden Thema auseinander zu setzen. Der vernunftbegabte Mensch wähnt sich in korrupten Staatengebilden der dritten Welt. Echten Demokraten dreht sich der Magen auf links.

Lassen Sie mich als Beispiel einmal die Aktivitäten der Herren Google im Zusammenhang mit der Abstrafung der Blogger, die bezahlte Beiträge schreiben, nehmen. Reflexhaft beißen Teile der Blogosphäre noch nach und finden die AktionganzgroßeKlasse. Schließlich wolle Google seine Qualität verbessern und da müsse man den PR-Müll der Bezahlblogger möglichst aus dem Index raushalten.

Das ist in mindestens zweierlei Hinsicht falsch.

  1. Google und Qualität? Google, dass sind doch diese Werbeplatzverkäufer, die jüngst Werbung des Inhalts "Süße chinesische Singlefrauen suchen europäische Männer" und "Gehorsame Russinnen suchen den Mann für’s Leben" und ähnlichen qualitativ, wie moralisch einwandfreien Kram auf diversen Websites haben einblenden lassen. Vielleicht sollte sich Google erst einmal Gedanken über die Qualitätssicherung bei den eigenen Werbekunden machen, bevor sie sich anmaßen, gut und böse bei anderen zu beurteilen.

    Google googlet natürlich selbst auch. Sogar nach Plugins in WordPress-Verzeichnissen. Findet es dort Linklift oder TextLinksAds geht es ans Abwerten. TextLinkAds empfiehlt inzwischen, das Plugin "unverdächtig zu benennen". Das ist also der qualtätsorientierte, rein objektive Suchmaschinist namens Google? Derjenige, der einem "Sexy Nachbarin?" einblendet, aber die anderweitige Werbung für das Wirtschaftsforum unredlich findet? Toll!

  2. Bei den Angeboten für bezahltes Bloggen muss man deutlich differenzieren, wenn man sich eine sachgerechte Meinung erlauben will. Natürlich gibt es Angebote, wie PayperPost oder BlogPay, die fragwürdig sind. Beide Plattformen bilden lediglich einen Marktplatz für Unternehmen und Blogger. Der Auftrag wird direkt zwischen diesen beiden Parteien ausgehandelt und abgewickelt. Die Bezahlung erfolgt nach Fertigstellung der vereinbarten Leistung. Es gibt keine Kennzeichnungspflicht, es gibt keinen Treuhänder.

    Im Klartext: Schreibe ich im Auftrag eines Blogpay-Kunden, der übrigens lediglich fünf Euro an Blogpay zahlt, um sein Gesuch einzustellen, kann ich nur dann einigermaßen sicher sein, mein Honorar zu erhalten, wenn ich erstens positiv, zweitens mit vielen Links und drittens ohne Kennzeichnung schreibe. In gleicher Weise funktioniert PayperPost. Zum niedrigen Qualitätsanspruch dieser Plattformen passen auch die angebotenen Honorare. Anscheinend denken sich die Unternehmen, dass sie, wenn sie schon nur fünf Euro für das Listing bezahlen, auch nicht wesentlich mehr an die Blogger zu zahlen brauchen.

    Das Paradoxe an dieser Sache: Google kann solche Blogger schon deshalb nicht abstrafen, weil die Beiträge nicht als bezahlt gekennzeichnet sind. Derlei Angebote könnten also mit Recht kritisiert werden. Sämtliche selbsternannten Blogpäpste könnten sich weidlich an diesen Projekten auslassen.

    Tun sie aber nicht!

    Stattdessen beißen sie sich an Trigami fest, am denkbar schlechtesten Beispiel dafür, aber am einfachsten Opfer. Wo ist der Unterschied? Es gibt mehrere. Zunächst muss der Kunde die Kosten der Kampagne vorab einzahlen, Trigami fungiert als Treuhänder. Das Honorar des einzelnen Bloggers wird durch Trigami kalkuliert und liegt im Vorfeld fest. Es orientiert sich an verschiedenen Faktoren und ist nach meiner Erfahrung angemessen. Hungerlöhne gibt es nur für Blogger, deren Blogs auch hungerleidend sind. In der Bearbeitung des Auftrags ist der Blogger frei. Er kann seine Meinung frei äußern, ich selbst habe sicherlich genügend Beispiele dafür geliefert. Natürlich gibt es, wie überall, auch schlechte Beispiele. Blogger, die nicht recherchieren oder irgendwelche Belanglosigkeiten hinrotzen, bloß um ihre drei Euro fuffzich abzugreifen. Insgesamt werden diese Beiträge über die Gesamtheit der Kampagne korrigiert. Man darf durchaus davon ausgehen, dass der interessierte Googler mehr als einen Beitrag zum Thema liest.

    In verschiedenen Kommentaren habe ich Beschwerden darüber gelesen, dass man bei der Google-Suche nach verschiedenen Unternehmen auch viele Trigami-Posts angeboten bekommt. Bitte? Da soll man doch froh sein, dass es so ist. Denn erstens bestünde die Alternative ansonsten durchaus darin, dass man nichts über das Unternehmen fände was über das eigene Webimpressum hinausgeht. Und zweitens kann man sich sicher sein, dass man in den Trigami-Posts echte, wertvolle Informationen zum Unternehmen und Angebot findet. Vielleicht nicht in jedem Post, aber in hinreichend vielen und außerdem sollte ja jeder in der Lage sein, Geschriebenes für sich zu evaluieren. Besser etwas evaluieren, was geschrieben steht, als etwas gar nicht evaluieren zu können, weil es eben nicht geschrieben steht.

Wenn Sie also nun beabsichtigen sollten, sich eine differenzierte Meinung zum Thema zu bilden, hätte sich meine Absicht bereits umgesetzt. Ich hätte Sie zwar streng genommen manipuliert, aber wenigstens auf einem Niveau, dass sich nicht in den Tiefen einer bayrischen Lederhose verstecken muss.

Schreiben Sie Ihre Meinung

Ihre Email-Adresse wird Mehrere Felder wurden markiert *

*