Die Einleitung mag schwer wiegen, aber nichts Geringeres als eine neue Ära verkünden Michiel Schwarz und Joost Elffers in ihrem Buch „Sustainism ist the New Modernism„, ober das man auch schon in der New York Times lesen konnte. Und weil Neues erforscht werden muss, widmete sich der Konsumsoziologe und Trendforscher Dr. Ragnar Willer beim zweiten Trendwalk des EcoShowroom dem Wandel und führte die Teilnehmer kreuz und quer durch Berlin Mitte an Orte, die neue Trends erkennen lassen und darüber hinaus nachhaltig wirtschaften.
Foto: ©Frederik Ferschke
Stilrad
Die erste Station führte die Teilnehmer in den „Fahrrad-Laden“ Stilrad. Ich setze den Begriff absichtlich in Gänsefüßchen, denn mit einem Fahrrad-Laden, wie man ihn kennt, hat diese Boutique nichts mehr zu tun. Die Designerräder werden wie in einer Kunstgalerie präsentiert und das hat seinen Grund: Wer den hellen und stylischen Showroom in der Rosa-Luxemburg-Str. 19 betritt, sieht sich wahrer Handwerkskunst gegenüber.
Sonderanfertigen sind die Regel und ein Kunde wartet schon einmal mehrere Monate auf sein Rad. Das Sortiment umfasst neben den Rädern auch Zubehör, darunter ganz schicke Fahrradhelme, mit denen man nicht aussieht wie ein Tour de France Fahrer und solche, die nicht einmal mehr als Helm zu erkennen sind: Die Firma ribcap hat zum Beispiel eine Helmalternative auf den Markt gebracht, die nicht nur schick, sondern auch leicht zu verstauen ist. Die Designer bei Yakkay gehen einen ähnlichen Weg. Hier kann man die Cover seines Helms, die wie Hüte aussehen, je nach Lust und Laune auswechseln.
Die Give Box
Die Give Box hat in den letzten Monaten in den sozialen Netzwerken für Furore gesorgt. Es handelt sich um eine kleine Box, nicht viel größer als eine Umkleidekabine, in die jeder sein altes Zeug ablegen und mit dem vorhandenen tauschen kann. Nach dem Motto „Sharing is Caring“ entwickelt sich hier ein globaler Trend.
Ganz neu ist die Idee nicht in Berlin, gab es doch auch schon die „Gift Box“, die jedoch einem Neubau weichen musste. Die neue Give Box findet ihr in der Steinstraße 37b in Berlin Mitte. Eine Liste aller weiteren Give Boxen findet man hier. Wenn ihr Fan der Facebook-Seite (siehe Link oben) werdet, findet ihr auch eine Anleitung zum selber Bauen einer Give Box.
Gleich um die Ecke, ebenfalls im Einzugsgebiet der Steinstraße, findet man viele kleine Boutiquen, die ebenfalls einem Trend folgen. Diesmal eher ein innenarchitektonischer, der sich der Geschichte dieses Kiezes widmet: Die Inhaber der Geschichte renovieren ihre Läden, indem sie die alten Böden und ursprünglichen Gemäuer freilegen.
NO74 – Aus der Szene, in die Szene
Adidas ist für seine Streetwear, aber nicht gerade für seinen Mitte-Chic bekannt. Diese Ansicht ändert sich schlagartig, wenn man den Store „NO74“ in der Torstraße 74 betritt. Ein derartiges Konzept gibt es sonst nur in London. Hinter dem Geschäft steht eine PR-Agentur, die die Mitarbeiter des Ladens direkt aus der Szene heraus gecastet hat. Aber das ist noch nicht alles, denn dieser Shop agiert autark und bestellt nur die Stücke, die nach Meinung der Mitarbeiter besonders gut im Einzugsgebiet ankommen.
Flash Sales, die nur lokal, rund um den Laden eben, publik gemacht werden, setzen ebenfalls auf einen Aspekt des Sustainism: Die Hinwendung zum Lokalen und dem „Weniger ist besser“-Gedanken.
Jan Kath: Teppiche als Kunst
Wenn man den Flagship Store des Labels Jan Kath in der Brunnenstraße betritt, fühlt man sich wie ein Besucher einer Galerie. Die Stücke vereinen Handwerkskunst mit Design und wie bei jedem Modelabel auch, gibt es besondere Kollektionen. Die Einzelstücke können direkt auf die Wünsche des betuchten Kunden und auf seine Wohnverhältnisse zugeschnitten werden und kosten dann schnell einmal fünfstellige Summen.
Daneben gibt es Upcycling-Kollektionen: Da werden Teppiche aus alten Saris gefertigt oder alte Perserteppiche aus der Türkei gebleicht und neu eingefärbt. Der Trend geht ja seit Jahren weg von industriell-karger Inneneinrichtung, hin zum ultimativen Kuschelfaktor im eigenen Heim. Teppiche sind das neue Laminat, wenn man das nötige Kleingeld hat, auch das neue Gemälde.
Foto: ©Frederik Ferschke
Flagstone
Dass man seine Böden geschmackvoll und edel ausstatten kann, zeigt auch Flagstone in der Oranienburger Straße. Hier kann man Fliesen kaufen, die bereits hunderte von Jahren in Kirchen und öffentlichen Gebäuden gelegen haben. Die Patina dieser Stücke ist einzigartig und macht sie zu Kostbarkeiten.
Neue Raum-, Design- und Umweltkonzepte kann man übrigens auch bei Aedes erleben. Hier werden regelmäßig Ausstellungen zu den unterschiedlichsten Themen angeboten. Insgesamt bleibt zu sagen, dass sich ein Trendwalk, auch im kalten November, absolut lohnt.
Foto: ©Frederik Ferschke
Danke an das Team des ecoShowrooms und an Dr. Ragnar K. Willer, für diese geistreiche, interessante und fesselnde Tour durch die Berliner Trends. Damit ihr den nächsten Termin (denn der kommt bestimmt) nicht verpasst, werdet doch einfach Fans des ecoShowrooms auf Facebook. Weitere Infos zum Trendwalk findet ihr zudem hier.
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