…lerne keine neuen Clubs kennen und kann Sonntag kaum mehr auf den schönen großen
Flohmarkt, auf dem ich früher immer so viele Schnäppchen ergattern konnte. Denn ich
komm einfach nicht aus dem Bett. Jeden Morgen ertappe ich mich dabei, wie ich mich im
Spiegel betrachte, in meinem Gesicht forschend, ob mich Berlin schon hat älter werden
lassen. Denn es plagt mich die Angst, dass ich irgendwann aussehe wie mein Chef, der
sein Leben lang in Bars und Clubs gearbeitet hat.
Zugegeben, er ist bereits jenseits der 60.
Und hat wohl schon alles erlebt und mitgemacht.
Und manchmal, in einer ruhigen Minute, kriege ich ihn dazu, mir ein wenig von seinem
Leben und seinem Club zu erzählen.
Sein Club, der MuddClub, der sich heute in der Großen Hamburgerstraße in Berlin
befindet, gab es schon einmal. In den Achziger Jahren. In New York.
„Wie war das damals?“, höre ich mich fragen und: „Waren die B52´s wirklich eure
Hausband?“
Er macht dann immer eine kurze Pause, bevor er zu erzählen beginnt, so als ob er seine
Vergangenheit im Kopf kurz zusammenfügen muss. Schon klar, dass man David Bowie
oder The Velvet Underground vergessen kann!
Nun beginnt er, breites englisch nuschelnd, von Frank Zappa zu erzählen, der ein Lied
über den Muddclub NYC geschrieben hat. Dass Andy Warhol damals Türsteher gewesen
war. Und dass es keinen Spaß gemacht hätte, mit Iggy Pop tanzen zu gehen: „Well, you
know, too many groupies and freaks“.
Jetzt legt er das Eröffnungslied der B52 ´s auf, das sie immer im Muddclub gespielt haben,
den speziell für den Club geschriebenen Song. Und ich sehe die Band, diese Band in
Gedanken vor mir spielen….
Leider kommen gerade dann die ersten Gäste zur Tür rein und mein Chef verlässt die
Welt seiner Erinnerung mit den Worten: „Well, we must start the club for the big party
tonight.“
Während ich, immer noch erstarrt vor all den großen Namen, Gläser spüle, bemerke ich
zuerst gar nicht, dass die Gäste Meter für Meter den Club ablaufen, ihn aus allen
Blickwinkeln fotografieren. Ein Mädchen, Amerikanerin, kommt zur Bar und fragt
ungläubig, ob dies hier wirklich „The Muddclub“ sei.
Ich kann meine stolzgeschwellte Brust wohl nicht verbergen. Denn noch bevor ich nicken
kann, lächelt sie mir wissend zu und lässt mich stehen.
Beim nächsten Mal muss ich meinen Chef unbedingt fragen: Warum eigentlich Berlin?
Muddclub
Große Hamburger Straße 17
10115 Berlin