Bundespräsident Gauck zeigt Russland die eiskalte Schulter

Der oberste Repräsentant der Bundesrepublik wird nicht zu den Olympischen Winterspielen im russischen Sotschi reisen. Die Entscheidung von Bundespräsident Joachim Gauck ruft geteilte Reaktionen hervor. Russland Präsident Wladimir Putin selbst hat bislang nicht auf die diplomatische Ohrfeige reagiert.

Vom 7. bis 23. Februar 2014 ist das das russische Sotschi Schauplatz der XXII. Olympischen Winterspiele. Zigtausende Sportler und Sportfans aus der ganzen Welt werden in die 330.000-Einwohner-Stadt am Schwarzen Meer pilgern – der deutsche Bundespräsident wird nicht zu ihnen gehören. Die Entscheidung rief ein gewaltiges Medienecho hervor, auch wenn das Bundespräsidialamt zu beschwichtigen versucht: „Es gibt keine Regel, dass Bundespräsidenten immer zu Olympischen Winterspielen fahren“, so eine Sprecherin. Den Olympischen Sommerspielen in London 2012 hatte Gauck jedoch einen Besuch abgestattet. Seine Absage ist eine klare diplomatische Ohrfeige für Russland.

Absage wird als Kritik an Putin gewertet

Bei den politischen Beobachtern herrscht seltene Einigkeit: Auch wenn es keine Begründung für die Entscheidung Gaucks gibt, ist seine Olympia-Absage als deutliche Kritik an Menschenrechtsverletzungen und der Unterdrückung der Opposition in Russland zu werten. Vor allem das im Juni 2013 verabschiedete Gesetz, das „Propaganda“ für Homosexualität unter Strafe stellt, hat für zahlreiche Proteste auch von Sportlern gesorgt.

Die russischen Medien reagierten bislang kaum auf den diplomatischen Affront, und auch aus dem Kreml war kein Statement zu vernehmen. Russlands Präsident Wladimir Putin ist ganz sicher not amused, öffentlich geäußert hat er sich nicht. Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für Deutschlandforschung bei der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau, kritisiert Gauck dagegen öffentlich: „Es ist wohl die Entscheidung des Bürgers Gauck, aber nicht die des Bundespräsidenten. Als Staatsoberhaupt muss er über den Dingen stehen.“

Merkel mag Gaucks Absage nicht kommentieren

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Entscheidung Gaucks nicht kommentiert. Ob sie vorab informiert war, dazu wollte sich Regierungssprecher Steffen Seibert nicht äußern. Im August hatte sich Merkel gegen einen Boykott der Winterspiele in Sotschi ausgesprochen, da die Leidtragenden in erster Linie die Sportler wären. Ob jetzt ein Mitglied der künftigen Bundesregierung anstelle von Gauck im Februar nach Sotschi reist, ist laut Kanzleramt noch offen.

Artikelfoto: By J. Patrick Fischer (derivative work: Hic et nunc (talk)) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

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