Die flexiblen Ladenöffnungszeiten passten dem Verantwortlichen bei Ver.di, Ulrich Dalibor, schon zur WM nicht. Allein, genutzt hat es nichts. Die Läden waren bis 22.00 Uhr geöffnet und meinethalben hätte diese Regelung gleich unbefristet verlängert werden können. Doch hieraus lernen? Nein, sagt sich Ver.di tapfer trotzig. Längere Öffnungszeiten, niemals!
Deswegen soll jetzt das Bundesverfassungsgericht bemüht werden. Geht's nicht noch ein wenig größer, möchte man fragen. Vielleicht beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte? Oder dem Weltsicherheitsrat? Vielleicht in einem nächsten Schritt, zunächst jedoch wird vor das höchste deutsche Gericht gezogen.
Die etwas an den haaren herbeigezogen wirkende Begründung: die freigegebenen Ladenöffnungszeiten gefährden durch drohende Nachtarbeit die körperliche Unversehrtheit der Mitarbeiter. Auch sei der Sonn- und Feiertagsschutz ungenügend beachtet worden.
So so, Nachtarbeit gefährdet plötzlich die körperliche Unversehrtheit. In welcher Nachtsitzung haben sich die Ver.di denn diesen Zusammenhang ausgedacht? Haben sie vielleicht mal an Bäcker, Hotelangestellte, Taxifahrer, Call-Center Mitarbeiter, Kellner, Zeitungsredakteure, Krankenschwestern, Busfahrer, Piloten und alle Schichtarbeiter gedacht. All jene arbeiten zum Teil seit Jahrzehnten auch nachts – ohne das bisher festgestellt wurde, dass die Nachtarbeit ihre körperliche Unversehrtheit gefährdet.
Genauso, wie Ver.di die längeren WM Öffnungszeiten nicht verhindern konnte, wird auch dieses Projekt scheitern.
Die Verbraucher wird es freuen.
Manchmal glaube ich, dass es typisch deutsche Probleme und Befindlichkeiten gibt. Das Hin und Her mit den Öffnungszeiten ist so ein Fall. Die Gewerkschaften müssen nun mal ihre Klientel bedienen, sonst rennen ihnen noch mehr Mitglieder davon. Doch wären längere Öffnungszeiten wirklich das Ende unserer Welt? Sicher nicht, in anderen Ländern geht´s doch auch. Weder fallen die Menschen reihenweise tot um noch schnellt die Scheidungsrate hoch. Und von verwahrlosten Kindern abends arbeitender Verkäufer/innen hab ich bislang auch noch nichts gehört. Außerdem gibt es in Deutschland sicher auch Menschen, die (wie ich) gerne abends arbeiten und dafür morgens lieber später anfangen. Gleiches gilt für die Konsumenten. Ein Teil würde sicher gerne später oder auch am Sonntag einkaufen gehen. Ist das ein Fall für deutsche Gerichte? Nein, eher eine peinliche Provinzposse!
Gelockerte oder abgeschaffte Regelungen bedeuten ja nicht automatisch, dass jedes Geschäft 24 Stunden am Tag geöffnet haben muß. Der Gewerkschaftler wird darauf entgegnen, dass der Konkurrenzdruck jedoch dazu führen wird. Wir Deutschen sind, so glaube ich, in der Lage, ohne diese Reglementierung sinnvolle Entscheidungen treffen zu können und zu erkennen, dass ein Friseur oder ein Schuhgeschäft nicht nachts um drei geöffnet haben muss.Es werden einzelne „24h-Shops“ entstehen, die die 24 Stunden Öffnungszeit gezielt als Dienstleistung anbieten. Wahrscheinlich in der direkten Konkurrenz zu Tankstellen, die mir auch jetzt schon nachts überteuerte Dosensuppen verkaufen…Die übrige Geschäftswelt wird den Abend als lukrativen Zeitraum entdecken und ein paar Stunden länger geöffnet haben, um auch gegen die online-Konkurrenz wieder ein wenig Boden gutzumachen. Ab 23 Uhr sind die meisten Berufstätigen dann wohl wieder zu Hause, nachdem Sie nun länger die Möglichkeit hatten Ihr Geld im Einzelhandel auszugeben.Tagsüber arbeiten und abends das verdiente Geld ausgeben. Vielleicht ist beides von den Gewerkschaftlern nicht unebdingt gewollt 😉
Doch, ich sehe das so, daß der Druck in unserer Gesellschaft dadurch steigt. Die Menschen kommen immer weniger zu Ruhe, was eigentlich sogar gegen den Tierschutz verstößt! Denn bei Wildtieren betont man ja gerne, daß man sie nicht stören soll, weil sie ihre Ruhe brauchen. Menschen darf man rund um die Uhr scheuchen.Diese Amerikanisierung wird uns zumindest amerikanische Verhältnisse bescheren. Vielleicht wird sie uns aber gar Schlimmeres einbrocken, weil wir hier in Deutschland eben keine selbstvergessen tüchtigen Puritanisten sind. Wenigstens leiden unsere Kinder darunter, weil Eltern immer weniger Muße haben, sich um sie zu kümmern.Bitte mal im Kopf diese Problematik mit der hiesiger Demokratieverdrossenheit verklinken. Der Neoliberalismus stellt sich den Menschen wie eine Maschine vor und vergißt, daß viele von uns linke Hände und linke Füße haben. Manche leiden an Konzentrationsproblemen. Letztere können bei der ganzen Hektik nur schlimmer werden. Wir werden künfig mehr und mehr seelische Krüppel haben, die ihre Kinder vernachlässigen, weil sie das alles nicht packen!Und vergessen wir nicht, daß wir keine Uhus sind. Der Mensch ist ein Tagtier und der ständige Nachtbetrieb bekommt ihm nicht gut!
Ja, und früher haben wir in Höhlen gewohnt, Wildtiere gejagt und Felle getragen. Vermisst das einer heute? Ich nicht. Die sog. „Amerikanisierung“ ist nichts anderes als die Modernisierung – kann man gut finden oder nicht – sie aufzuhalten wird nicht möglich sein. Und was längere Ladenöffnungszeiten mit Demokratieverdruss zu tun haben sollen, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Im Übrigen täte ein wenig mehr Puritanismus und ein bisschen weniger Anspruchsdenken unserem Land (und seinen Bewohnern!) ganz gut – könnte man als doch was lernen. Im übrigen: ich fand die alngen Öffungszeiten in den Staaten super! Muss ja nicht die ganze Nacht sein, aber bis 22.00 in den Supermarkt ist beileibe keine schlechte Sache! [Sonntag nachmittag waren die Supermärkte übrigens gerammelt voll und die Regale waren leer. Aber um Sonntagsäffnung gings hier ja nicht…]
Wir sind aber trotzdem keine Uhus!Auch wenn wir nicht mehr in Höhlen leben, sind wir noch natürliche Wesen und keine Roboter.Die Leute, die mehrere Minijobs machen müssen, sind ganz schön verdrossen. Und den Puritanismus haben wir zum Glück nicht. Ich möchte gerne, daß die Leute kritischer werden und nicht alles mitmachen. Wäre schön, wenn diese Leute hier mal reinschauen würden, aber das tun sie leider kaum. Hier verkehren mehr Bänker und Linksinterlektuelle, die eh schon bescheid wissen. Die anderen ertragen alles still und schieben es anschließend auf die Politik. Und das schadet absolut der Demokratie.
„Ich möchte gerne, daß die Leute kritischer werden und nicht alles mitmachen. Wäre schön, wenn diese Leute hier mal reinschauen würden, aber das tun sie leider kaum. Hier verkehren mehr Bänker und Linksinterlektuelle, die eh schon bescheid wissen. Die anderen ertragen alles still und schieben es anschließend auf die Politik. Und das schadet absolut der Demokratie.“- Etwas mehr kritische Distanz wäre sicher wünschenswert, überall. Und Demokratie lebt nun mal vom mitmachen, d.h. aber auch, dass sich die Leute engagieren müssen – viele bleiben da lieber fern. Leider. Und ob Banker und Linksintellektuelle „bescheid wissen“ möchte ich auch mal dahingestellt lassen. Vielleicht sagen sie nur ihre Meinung. Und wenn dann eine Meinung gegen keine Meinung steht, naja, dann steht es halt 1:0 für diejenigen, die ihre Meinung gesagt haben. Ist wie mit den Wahlen: wer nicht hingeht braucht sich hinterher auch nicht zu beschweren, dass es nicht so läuft wie von ihm erdacht, aber nicht gesagt. -Was meinst du Bora, wie könnte man denn breitere Kreise der Bevölkerung für solche, an sich spannenden und aus dem Leben kommenden, Themen begeistern?