Ich habe mich schon oft gefragt, wieso Science-Fiction-Filme weder von der thematischen Bandbreite, noch von der Durchdachtheit im Entferntesten an die bunte Vielfalt der Romane herankommen. Da ich die Auseinandersetzung mit Science Fiction neben den Wildcards immer wieder als „Königsweg zur Zukunft" propagiere, finde ich das doppelt frustrierend. Mit der Standard-Erklärung, dass Verfilmungen nie an das Niveau der Bücher herankommen, wollte ich mich nicht zufrieden geben. Schließlich gibt es gute Buchverfilmungen und die Produzenten könnten sich ja direkt interessante Stories einfallen lassen, ohne Umweg über das Buch.
Trotzdem blieb der Eindruck: von den psychologisch ausgefeilten Szenarien des zukünftigen Innenlebens über Virtual-Reality-Welten bis hin zur Organisation ganzer Gesellschaften reicht das Angebot der Literatur. Filme haben fast ausschließlich mit Raumschiffen, Gefechten oder XXL-Katastrophen zu tun.
Jetzt stieß ich auf eine paradoxe aber schlüssige Erklärung: Science-Fiction-Filme sind so schlecht, weil die Tricktechnik so gut ist! Da gerade SF-Filme dazu einladen, den neusten Stand der Effektzunft vorzuführen (ein tiefenpsychologisch valides Einwandererdrama gibt da nicht so viel her), sind die Themen vorgegeben. Viel Technik, viel Action (Äähkschen!), Krachen, Blitze, Monster und Monsterwellen. Drehbücher die dem keinen Raum geben, sind wenig attraktiv. Und so wird die ganze Bombastgewalt der Film-Innovation in einem Genre abgeladen. Das scheint mir einleuchtend, außerdem ist ein weiteres Indiz, dass viele Filme aus dem SF-Bereich mit politischem oder psychologischem Profil in den 70er Jahren gedreht wurden, als das Kino noch „schlechte Graphik" hatte.
Daher bleibt mir nichts übrig, als den Menschen, die über SF ein wenig gedanklich mit ihrer Zukunft spielen wollen, diesen Tipp zu geben: Lesen!
Wohl wahr. Alles mit Schmuddelheftchen usw.Ich bitte nur zu bedenken: Ich schreibe als SF-Fan, Buch wie Film, und zwar weniger um etwas zu kritisieren, nur aus dem Wunsch heraus mindestens so viele tolle Filme zu sehen, wie ich tolle Bücher lesen durfte. Die Verengung im Buchbereich bemerke ich übrigens auch, wobei das nicht nur ein SF-Effekt ist. Meine Einschätzung bezieht sich auf eine Betrachtung der letzten Jahrzehnte. Es gab z.B. zahlreiche „Inner Space“-Sachen in der Literatur aber wenige im Film. Filme wie Collosus oder Soylent Green sind für mich eben eher die Ausnahme. Und Star Wars und Star Trek decken einiges zu, was früher an Vielfalt bestand (obwohl ich die Filme natürlich auch gesehen habe). Aber um auch eine Antwort auf die Frage zu geben: der SF-Film der letzten Jahre, der mir am besten gefiel war Gattaca. Was habe ich bei den Büchern so gelesen? Kim Stanley Robinson, Greg Egan, Richard Morgan. Obwohl es schon stimmt: die Sachen von Ben Bova die überall in den Regalen liegen, lesen sich wie Romane von Arthur C. Clarke aus den 60ern. Zeit für was Neues?
Das Lesen vermittelt viel mehr – ja!Aber für Menschen, die Bilder sehen wollen, ist das oft zu abgefahren. Die Qualität bleibt immer in den Büchern erhalten. Aber der Film machte es möglich, die in der literatur enthaltenen Sichtweisen zu offenbaren.Erst beides zusammen wird zur Vision: Sehen und Verstehen.Und das ist noch nicht alles. Was ist denn mit Fühlen, Leben und Phantasieren? Und jetzt keine Ausreden; Phantasie hatte dr Autor bereits. Der leser knn es aber für sich erweitern.Zusammen: Ein „Medialab“
Ich glaube nicht, dass die SF – weder im Film noch im Buch – schlechter geworden ist, sie ist nur anders. Einerseits haben sich die (Text- und Bild-)Sprache dem Mainstream genähert, andererseits haben sich Bild-Sprache und Plots des „Abenteuer-Mainstream“ der SF angenähert. SF „klingt“ nicht mehr so deutlich anders, das ist alles. Na gut, nicht ganz alles. Inzwischen steht auch auf Sachen SF drauf, die früher niemand so genannt oder auch nur gemacht hätte, das heißt, es gibt mehr SF. Bis zu den 70ern haben (zumindest in meiner Wahrnehmung) (Buch- und Film-)Autoren, die erklärtermaßen „Gesellschaftskritik üben“ oder anderswie „menschheits-visionär“ sein wollten bewusst zu SF gegriffen und eine entsprechende, typisch intellektuelle Sprache benutzt. Heute greifen auch viele zu diesem Genre, die einfach „nur mal die Fantasie fliegen lassen“ wollen und eine nicht zu unterschätzende Zahl, die „Thriller machen“ wollen (, ein simple Verschwörung, ein fieser Mord reißen heute kaum noch einen Thrillerfan vom Hocker – es muss was ganz Abgefahrenes sein. Und das gibt es eben am leichtesten im Genre SF). Und diese Leute benutzen die Sprache, die die (zahlenden) Massen erreicht. Auf diese Weise kriegt man einfach mehr unter dem Namen SF geboten, wobei das „Mehr“ eben das ist, was eingefleischten Hard-Core-SFlern schnell als zu oberflächlich und hollywood-nah vorkommt. Man ärgert sich leicht. Und was bleibt für gewöhnlich in Erinnerung: Brillantes (wann gibt es das schonmal? Und: Da wachsen die Ansprüche mit wachsender SF-Erfahrung auch!) und Ärgerliches (und davon gibt es – wie eben ausgeführt – zunehmend mehr, auch weil die Ansprüche mit wachsender SF-Erfahrung zunehmen). Man muss inzwischen einfach genauer hinsehen, welche Art SF man erwischt. Bei Büchern kann man sich an Autoren und beim „Reinblättern“ orientieren, beim Film merkt man es erst beim Gucken …
Bücher können deswegen – imho – mehr transportieren, weil sie einfach viel mehr „Platz“ haben. Ein futuristischer Film dauert zwei Stunden und kann es sich kaum erlauben in futuristischen Welten zu bummeln und die Möglichkeiten des Lebens im Jahre 2500 zu zeigen, wenn es nicht der Handlung dient – die meist straff angelegt wurde. In einem Buch hingegen kann der Autor durch Flashbacks, Nebenplots und guten Detaillbeschreibungen viel mehr Science Fiction rüberbringen, bei letzterem ist er sogar dazu gezwungen. Wo in einem SF-Film eine kurze Filmszene schnell etwas erklären muss, kann sich ein Autor beim selben Sachverhalt es sich leisten, ggf. auf die Ursprünge, Auswirkungen und Nebeneffekte seiner neuen Technologie/Gesellschaftsform/whatever einzugehen.Ein schönes Mittelding finde ich sind aber SF-Serien wie Star Trek, Babylon 5 etc., weil diese Formate eine ähnliche Dichte erreichen können (!) wie Bücher.