The Decemberists – We all raise our voices to the air
Ein Live Album der Decemberists ist genau für diejenigen ein Gottesgeschenk, die ähnlich an den äußerst seltenen Deutschlandkonzerten zu knabbern haben wie ich.
Besonders erfreulich ist es – nicht zuletzt, weil unerlässlich für „The Mariner's revenge song“ – dass Jenny Conlee nach längerer Krankheitspause wieder dabei ist und daher das dahin gewisperte „find him, bind him, tie him to a pole“ singen kann, wie es sich gehört.
Die Mischung ist gut ausgewogen, alle Hits sind hier versammelt, dementsprechend gibt es leider auch kaum Material aus dem großartigen „Hazards of Love“ (abgesehen von „The Rake's Song“), was wahrscheinlich auch der Tatsache geschuldet ist, dass die dafür engagierten Gastsängerinnen Shara Worden (auch als My Brightest Diamond bekannt) und Becky Stark nicht dabei waren und so ein integraler Teil der Rockoper Songs gefehlt hätte.
Gerade weil sehr viele Songs vom aktuellsten Album „The King is dead“ gefeatured werden und die auch schon auf dem Album eher rustikal gehalten wurden, dürfte sich der ein oder andere, der bereits alle Studioalben sein Eigen nennt, fragen, ob „We all raise our voices to the air“ wirklich notwendig ist.
Die Antwort: Nicht wirklich, selbst wenn die Live Version von „The Crane Wife“ (insgesamt 16 Minuten lang) für eine Viertelstunde Perfektion sorgt und sowieso die epischeren Songs brillieren (ebenso wie Meloys Interaktion mit dem Publikum), der Rest verliert sich nicht selten in einer Konzertatmosphäre, die daheim nicht ganz so intim herüber kommt, wie gewünscht und den vielen musikalischen Details nicht gerecht wird, die sich auf den Studioalben finden.
Eins schafft das Album allerdings: Einmal gehört, will man sie unbedingt live sehen und als nette Decemberists Sammlung, vor allem für Neueinsteiger, dürfte sich das Live Album auch sehr gut ausmachen.
Fenster – Bones
Berlin und New York in einer Band? Nachdem man kurz erschrocken an Knicklichter und ironisch-hässliche Sweatshirts gedacht hat, darf man sich entspannt zurück lehnen, denn das Duo Fenster, das auf der Bühne immer mal wieder wächst, macht nichts auch nur annähernd Affektiertes, sondern probiert sich lieber an Eigenheim-Lo-Fi Produktionen, die man etwa bei Talking to Turtles zu lieben gelernt hat, die jedoch hier auch mal die leicht unheimlichen Züge eines Waits Albums annehmen, allerdings ohne die Reibeisen.
So unheimlich sie sein mögen, im Ganzen geben JJ Weihl und Jonathan Jarzyna hauchzarte Indiesongs zum Besten, bei denen man – wenn überhaupt – nur leise spricht, um ihre warmen Klänge nicht zu stören, die auch gerne mal in Dream Pop Gegenden abwandern, wie etwa im großartig verschlafenen „Spring Break“ zu hören.
Der Bandname kommt übrigens der Geschichten nach von einem Unfall mit einem lockeren Fensterrahmen. Wenn daraus nur immer so etwas schönes heraus entstehen würde.
The Ting Tings – Sounds from Nowheresville
„Ganz nett“ ist ja eigentlich das Schlimmste, was man als Musikfan über ein Album sagen kann, dabei ist das Zweitalbum der Indiepopper nicht schlecht und auch nicht wirklich langweilig, aber die teilweise doch sehr offensichtlichen Parallelen zu M.I.A. (nur etwas handzahmer) und The Go! Team lassen sich schlecht abschütteln und so wirklich an Fahrt nimmt das Album letzten Endes auch nicht auf, selbst wenn einzelne Teile sicher interessanter als ihre Summe sind.
Für die Tanzfläche und gelegentliche Single-Ausflüge kann man sich das also gerne anhören, nur das große Ganze lässt sich alleine durch die etwas konfusen Stilrichtungen kaum bis gar nicht erkennen, da hier leider etwas offensichtlich eine Handvoll sehr guter Singles, die sich allem bedienen, was gerade so hip bei der Jugend ist, mit Füllmaterial aufgefädelt wurden. Erfolgreicher als die anderen vorgestellten Alben wird es wahrscheinlich dennoch, aber darum geht es hier im Text ja auch nicht.