Wenn der Mensch beim Sprechen (wie auch beim inneren Sprechen) mehrmals die gleiche Lippenstellung wiederholen darf, dann gefällt ihm das unwillkürlich. Es ist schlicht ein angenehmes Gefühl, das den Eindruck der Mühelosigkeit beim Lesen erzeugt. Aus diesem Grund gibt es in der Sprache zahllose «Sinnverdoppler», die außer dem gleichen Anlaut (= „Alliteration"), der eine gewisse Verstärkung und Betonung bewirken kann, inhaltlich nichts weiter zur Aussage beitragen. Hier wahllos einige Beispiele: «gang und gäbe», «über Stock und Stein», «bei Wind und Wetter», «samt und sonders», «mit Mann und Maus». Gleiche Konsonanten und Vokale zu Beginn der Worte sprechen sich gut – und wir betonen damit immer einen ganz bestimmten Aspekt unserer Rede.
Natürlich ist das unverwüstliche Prinzip auch in die Literatur und in den Journalismus eingezogen – insbesondere in die Überschriften. Hans Fallada mit seinen «Bauern, Bonzen und Bomben» ist das früheste Beispiel, das mir aus dem Stand einfällt, später folgte noch sein Roman «Wolf unter Wölfen». Seither gibt es wohl kein Feuilleton und kein Reisemagazin, das nicht von «Sonne, Sand und Senoritas» oder von «Liebe, Lust und Leidenschaft» schwärmt. Das Verfahren wirkt ja auch umwerfend gut: Denn die Überschrift ist das, was der flüchtige Leser auf jeden Fall zur Kenntnis nimmt; verspricht ihm die Alliteration mit ihren «key words» eine leichte Lektüre, dann ist das Publikum, dies scheue Wild, schon halb im Fließtext gelandet. Dies gilt natürlich auch für unsere Blogs und für die Headlines dort.
Aber Vorsicht: Tolle Titel haben Tücken! So ist allemal die schlichte Verdoppelung – «Miezen und Möpse», «Intelligenz im Internet» – einer Verdreifachung vorzuziehen. Denn die Überschrift soll ja noch Sinn machen, sie soll «auf dem Text sitzen». Bei der üblichen Feuilleton-Dutzendware – «Geier, Gunfights und Ganoven», «Macher, Medien und Millionen» – stehen Sinn und Wohlklang oft in einem sehr strapazierten Verhältnis: Den Schreibern sind schlicht die Pferde durchgegangen.
Weiterhin ist der Anlaut nicht mit dem Anfangsbuchstaben gleichzusetzen. Schon C.W. Cerams klassischer Gleichklang «Götter, Gräber und Gelehrte» litt unter diesem Mangel, denn im Grunde wird hier ja ein fremder Laut von zwei gleichlautenden eingerahmt. Ein „G" – achtet mal auf eure Lippenstellung – spricht sich anders als ein «Gr». Deshalb war auch der Übername «Bumm-Bumm-Becker» in der BILD-Zeitung als Anlaut korrekt, weil er sich reibungslos einprägte, falsch dagegen waren «Prinz Podolski» des gleichen Mediums ebenso wie «Krach-Knall-Klose», die beide gar nicht erst in Gefahr gerieten, eine Bekanntheitsstufe zu erreichen, von der aus wir sie hätten vergessen können. Weil die unterschwellig wirkenden Gesetze des gleichen «Anklangs» massiv verletzt wurden.
Last not least gelten für Alliterationen auch rhythmische Regeln. Trotz aller Abgedroschenheit – dies «Liebe, Lust und Leidenschaft» dort oben könnte gerade eben noch das Nadelöhr der Kritik passieren. «Liebe, Lust, Leidenschaft» dagegen ohne das erforderliche «und» besäße durch zwei betonte Silben in Folge eine Härte, die jeden Leser aus dem Text schmisse.
Fazit: Auch wenn die Alliteration zu den besonders häufig verwendeten rhetorischen Stilfiguren zählt, bleibt ihr maßvoller Gebrauch eine gute Möglichkeit, um mehr Aufmerksamkeit für die eigene werte «Haushaltsrolle» im Netz zu finden. Übrigens nicht nur in der Überschrift, sondern auch im Fließtext, der Copy – als blinkend Blendwerk Blitzgescheiter …
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Solche Sachen sind krass im Kommen. Allerdings beobachte ich eine Verschiebung von der Alliterationslust zum Alliterationszwang: Thesen, Titel, Themenfremd. Oder wie ging das noch gleich?Davon abgesehen, ist die unauffällige, weil im Fliesstext eingebaute «einfache doppelte» Alliteration einer meiner Favoriten für subtile Sprachqualität.
Da du das sagst, werden wir wohl nicht widersprechen.