24% Mehrwertsteuer!

Beim ersten Hinhören kommt es einem schon ziemlich schlimm
vor: Die gesetzlichen Krankenkassen (und damit die gesetzliche
Krankenversicherung) sollen in Zukunft, nach dem Willen der SPD,
stärker steuerfinanziert werden. Ergo Steuern rauf.
 
Klar, ein Sturm der Entrüstung ist die Folge, kennt man ja.
 
Auf den zweiten Blick ist es aber wohl der einzige Weg, den
Standort Deutschland fit für die Zukunft zu machen.
 
Im Einzelnen:
 
–        
die Steuern werden erhöht, an sich ist das negativ zu
bewerten, aber dann kommt das große ABER:
–        
weil die Steuern erhöht werden, können im Gegenzug die
Lohnnebenkosten gesenkt werden, dies würde dann den Faktor Arbeit entlasten und
sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern mehr Spielraum und Flexibilität
erlauben.
 
Also: Steuern rauf, Lohnnebenkosten runter. Ganz einfache
Rechnung.
 
Allerdings geht es um 35 – 40 Milliarden Euro
(35.000.000.000 – 40.000.000.000). Das ist mehr als im Jahr 2005 für Bildung (rund 8 Mrd.) und Verteidigung (rund 24 Mrd.) zusammen ausgegeben wurde.
 
Wie also finanzieren?
 
Die Mehrwertsteuer bringt pro Prozentpunkt ca. 7-8
Milliarden Euro. Also demnächst 24% Mehrwertsteuer? Zusätzlich soll auch die
Einkommenssteuer in den nächsten drei Jahren um 7% steigen.
 
Ein Problem bleibt allerdings nach wie vor bestehen: Wie das
marode, intransparente Gesundheitssystem reformieren? Wie mehr Wettbewerb im
Gesundheitssektor schaffen?

Immerhin, ein erster Schritt in die richtige Richtung
scheint (endlich) getan.

16 Meinungen

  1. Das ist doch ne Milchmädchenrechnung. Eine MwSt-Erhöhung in dem Ausmaße hätte doch auch Einfluss auf den Konsum. Ich glaube kaum, dass dann noch 7 Mio. pro Prozentpunkt mehr eingenommen werden können. Siehe Tabaksteuer.

  2. Die Einführung der Tabaksteuer hat ja noch insofern etwas Gutes, als dass sich mehr Raucher das Rauchen abgewöhnt haben, ergo: weniger Lungenkrebskranke, weniger Passivraucher, geringeres gesundheitliches Risiko = sinkende Kosten für das deutsche Gesundheitssystem. Also, so tausend Mal um die Ecke könnte es doch etwas gebracht haben. Aber eine Mwst.erhöhung auf 24 Prozent? Welche postiven Nebeneffekte, mit denen keiner rechnet, könnte sie haben?

  3. Du hast ja recht Petra. Nur ging es dem Eichel seinerzeit ja vordergründig um die Erhöhung der Einnahmen und dieses Ziel schlug fehl. Martin hat ja geschrieben, dass er sich von einer höheren MwSt eine Entlastung der Lohnnebenkosten verspricht. Damit rechnet ja keiner, weil wohl zuerst am Schuldenabbau gearbeitet wird.

  4. Solange die explodierenden Kosten im Gesundheitssystem nicht unter Kontrolle gebracht werden, können wir die Steuerquote auch auf 100 Prozent erhöhen, es wird nicht reichen……Allerdings ist eine teilweise Entkopplung der Gesundheitsausgaben vom Faktor Arbeit der richtige Weg auf der Einnahmeseite. Aber 24 Prozent Mwst.? Die „Konjunkturdelle“ mag ich nicht erleben!

  5. Tja, an das Thema Milchmädchenrechnung hatte ich auch schon gedacht. Aber der Weg, alle an den Kosten des Gesundheitssystems zu beteiligen, statt nur diejenigen die arbeiten, scheint mir doch der richtige zu sein.Und damit die MWSt nicht gleich auf 24% steigen muss, wird das ganze ja auch schön auf drei Jahre verteilt und zusätzlich die Einkommenssteuer angehoben. Der Binnenkonjunktur dürfte das wohl trotzdem den Boden unter den Füßen wegziehen.

  6. Man sollte den Politikern, den Verwaltern des Schuldenelends nicht auf den Leim gehen und sich an Gedanken über die Finanzierung eines von Grund auf maroden Systems beteiligen.Denn nicht die Art der Einnahmen sind das vordergründige Problem des Versicherungssystems. Sondern das System an sich. Zwangskassen ohne echten Wettbewerb können nichts anderes produzieren als Schulden und wirtschaftliches Desaster.Deshalb: Systemwechsel. Und nur im Rahmen eines solchen überlegen, welche Grundleistungen oder -garantien über Steuern finanziert werden müssen.

  7. Ich denke schon, dass man sich beteiligen sollte. Das das System marode ist, steht außer Zweifel – sonst wären wir heute ja nicht da wo wir stehen. Mehr Wettbewerb würde dem ganzen System gut tun – nicht nur auf Ebene der Krankenkssen, sondern auch bei den Pharmaunternehmen, Ärzten usw.Die nächste Frage die sich dann anchließt ist folgende: Erst das System wechseln und das dann radikal oder erst die Einnahmen anders gestalten und das System dann langsam transformieren. Wie es aussieht, und wie die Erfahrungen in der Bundesrepublik lehren, sind die Bürger nicht für abrupte Wechsel zu haben, deswegen wird es wohl auf die langsame Transformation hinauslaufen. Das man dabei aufpassen muss, dass die neuen Einnahmen nicht im alten System versickern, sondern zum Aufbau des neuen genutzt werden, versteht sich. Aber auch das wäre eine Beteiligung, eine kritische Beobachtung des Wandlungsprozesses. Und dagegen kann man ja nun beim besten Willen nichts haben. Deswegen: Mehr Beteiligung, denn nur wer dabei ist, kann sich (und seine Ideen ) auch einbringen!

  8. Martin, das klingt vernünftig, ist es aber nicht. Denn die Einnahmensspritze, die von den Damen und Herren Großkoalitionären geplant wird, soll das alte marode (ggf. mit zentralistisch-sozialistischem Fondsmodell verschlimmbesserte) System am Leben erhalten. Da mit zu tun, ist nun wahrlich kein Lösungsbeitrag.

  9. Aber der Weg ist doch der richtige!Die Idee, Gesundheit zukünftig von allen (sprich durch Steuern) finanzieren zu lassen, ist an sich ja richtig. Die Umsetzung wird das Entschiedende werden – und das wird nicht von heute auf Morgen gehen, sondern ein Prozeß mehrerer Jahre sein. Diesen Prozeß kritisch zu begleiten und ggf. darauf Einfluß zu nehmen wird die Herausforderung sein.

  10. „Die Idee, Gesundheit zukünftig von allen (sprich durch Steuern) finanzieren zu lassen, ist an sich ja richtig.“Warum soll das richtig sein? Weil der Staat in anderen Bereichen gezeigt hat, dass Leistungen dann am besten und effektivsten erbracht werden, wenn sie durch Steuern finanzierte Staatsleistungen sind? Wenn das so wäre, könnte man ja auch für die Rückverstaatlichung von Bahn, Post und Telekom streiten.Nein, die Lösung kann m.E. nur in staatlich garantierter (nicht „staatlich organisierter“!) Grundleistung + privat versicherte Zusatzleistung bestehen. Zwangssysteme und -kassen, staatlich abgesegnete Lobby-Vereine und Bürokratenfonds haben da nichts verloren.Keines der ernsthaften Probleme wird nachhaltig dadurch angegangen, dass man die Mittelzuflüsse ins schwarze Loch der sozialistischen, wettbewerbsfeindlichen Geldvernichtung aus anderen Quellen nimmt.

  11. Aber auch die Grundversorgung muss ja irgendwie finanziert werden. Und da würde ich auch eher für Steuern als für Lohnabgaben plädieren. Im Zahnbereich haben wir doch faktisch die öffentliche Grundversorgung, die durch private Vorsorge ergänzt wird. Doch diese öffentliche Grundversorgung wird immer noch über die Lohnnebenkosten getragen. Dass es nicht reicht, die Kosten fürs Gesundheitssystem anders zu finanzieren, darin sind wir uns doch einig, aber doch auch darüber, dass der Faktor Arbeit entlastet werden muss.

  12. „Nein, die Lösung kann m.E. nur in staatlich garantierter (nicht „staatlich organisierter“!) Grundleistung + privat versicherte Zusatzleistung bestehen.“Diese staatliche Grundleistung müßte dann ja auch irgendwie finanziert werden und da sind Steuermittel alle mal besser als Arbeit zu belasten. Also doch wieder Steuern um Gesundheit zu finanzieren/abzusichern.Das vor allem die Lobbyisten am derzeitigen System prächtig verdienen seh ich auch so und daher ist die Idee mit den „privaten Zusatzleistungen“ gut. Was aber macht man, wenn bei der Privatisierung am Ende ein Oligopol (siehe Strommarkt) herauskommt? Dann wird wohl alles noch teurer…Fraglich ist aber, ob sich das alles umsetzen lässt bzw. ob es dafür eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt. Ich denke eher nicht und deswegen muss das System wohl in homöopatischen Dosen reformiert werden, damit der Souverän keinen Schreck bekommt.

  13. Der Umstand, dass der Staat die privaten Anbieter zwingt, bestimmte Garantieleistungen anzubieten, muss ja nicht zu 100% vom Staat bezahlt werden. Das betrifft ja nur die sozialen Härtefälle. Und da gebe ich euch Recht: Da bietet sich die Finanzierung über Steuergelder an. Aber das ist ja eine der letzten Fragen in einer ganz grundlegenden Reform. „Was aber macht man, wenn bei der Privatisierung am Ende ein Oligopol (siehe Strommarkt) herauskommt? Dann wird wohl alles noch teurer…“ Versicherungsleistungen lassen sich, anders als Strom, nicht so einfach monopolisieren. Und selbst beim Strom wäre das ja anders. Wenn man den Wettbewerb konsequenter verwirklichte. „…deswegen muss das System wohl in homöopatischen Dosen reformiert werden, damit der Souverän keinen Schreck bekommt.“ Genauso, wie Homöopathie Unfug ist, ist diese „Reform“ Unfug. Denn hier wird eben nicht reformiert sondern zementiert.

  14. Wohl aber liessen sich die Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen (sprich Kliniken usw.) monopolisieren welche dann mit den Versicherungen wiederum für sie schöne, einträgliche Verträge aushandeln können und die Kosten wiederum von den Versicherungen an der Verbraucher weitergegeben werden. Gibts denn da keine Beispiele wie es woanders auf der Welt läuft?Aus GB hört man auch immer nur schlechte Nachrichten (lange Wartelisten und miese Versorgung) und in den USA gilt das Gesundheitssystem ja auch nicht gerade als Vorzeigeprojekt, besonders wenn man kein Geld sein Eigen nennt.Wg. Homöopathie: nach einem kurzen Blick zu Wikipedia habe ich beschlossen, das Wort aus meinem aktiven Wortschatz zu streichen (oder es nur noch negativ zu verwenden). Wenn denn nun aber die ach so Große Koalition nicht reformiert, wer dann?

  15. Lesenswert (auch zum Thema der Gesundheitsversorgung in GB und den USA) ist dieser hervorragende Artikel in brandeins.Und warum die Monoplisierungsgefahr bei Krankenhäusern besonders groß sein soll, ist mir nicht klar geworden.PS: Die FAZ gibt mir leider kein Geld für meine ungeheure Weisheit.

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